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Die Großkatzen-Station in Maßweiler

Kate Brady/ cb8. August 2015

Tiger, die aus schlimmen Verhältnissen gerettet wurden, genießen jetzt mehr Freiraum in einer deutschen Rettungsstation. Tierschützer fordern strengere Gesetze und Kontrollen für Menschen, die Wildtiere privat halten.

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Zwei Tiger im Grünen. (Foto: Oliver Dietze/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Dietze

Die Tierschutzorganisation "Tierart" eröffnete die Großkatzen-Station diese Woche in Maßweiler im Südwesten Deutschlands. Auf einer ehemaligen Basis der US-Armee haben dort sechs bis acht Tiger Platz, die aus beengten Verhältnissen gerettet wurden.

Das Projekt kostete etwa 1,1 Millionen Euro und wurde von der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten" finanziert. "Überall auf der Welt leben und leiden Großkatzen in Zirkussen, schlecht geführten Zoos oder bei Privatpersonen", sagte Heli Dungler, Gründer von "Vier Pfoten". "Viele der Tiere leben auf engstem Raum, werden falsch ernährt und sind krank und verstört."

Ein neues Leben

Unter den ersten drei Tigern, die bereits ins neue Heim eingezogen sind, ist die zwei Jahre alte Cara. Im Dezember wurde die Tiger-Dame von italienischen Behörden aus einem Verschlag auf einem Bauernhof bei Neapel befreit. Zuletzt lebte sie in einem Tierheim in Rüsselsheim.

In ihrem neuen Zuhause in Maßweiler hat Cara ein 1000 Quadratmeter großes Gehege für sich und wird zum ersten Mal in ihrem Leben auch Kontakt mit Artgenossen haben. Das Geschwisterpaar Bela und Shahrukh ist bereits vergangene Woche aus dem 300 Kilometer entfernten Ochsenhausen in der Großkatzen-Station eingetroffen.

Vier Menschen zerschneiden das rote Band der Großkatzen-Station. (Foto: Oliver Dietze/dpa)
Gute Laune bei der offiziellen Eröffnung der Großkatzen-StationBild: picture-alliance/dpa/O. Dietze

Die beiden haben bisher bei einem privaten Züchter gelebt. Die deutschen Behörden hatten ihm bis Ende des Jahres Zeit gegeben, das Gehege der Katzen-Geschwister zu vergrößern. Dazu war er wegen der Kosten von 30.000 bis 35.000 Euro jedoch nicht in der Lage.

Anika Hübner von "Vier Pfoten" sagt, dass die Tiger gut angekommen seien und sich bereits gut eingewöhnt haben - sie baden beispielsweise ausgiebig in der deutschen Sommersonne. "Die Gehege wurden katzengerecht gestaltet, damit die Tiger sich zuhause fühlen", so Hübner zur DW. "Es gibt einen Pool, riesige Sandsteine und natürlich genügend Platz und Spielzeug für die Tiere."

Jetzt soll Cara die beiden anderen Tiger erst einmal kennenlernen, bevor alle drei in ein größeres gemeinsames Gehege ziehen.

Nur wenige Rettungsmöglichkeiten

In ganz Europa gibt es nur eine Handvoll Einrichtungen, die ähnlich aufgebaut sind wie die Station in Maßweiler. James Brückner, Leiter der Abteilung für Wildtier- und Naturschutz beim Deutschen Tierschutzbund e.V. sagte der DW, dass die Station eine dringend benötigte Einrichtung für die Tiere sei. Der Tierschutzbund schätzt, dass zur Zeit etwa 300 Zirkusse durch Europa reisen, die etwa 150 Löwen und Tiger halten.

Eine Dompteurin im Glitzerkostüm lässt drei Tiger Männchen machen. (Foto: Tobias Hase dpa/lno/lby)
Rund 150 Großkatzen soll es in Zirkussen in ganz Europa gebenBild: picture-alliance/dpa

"Bisher gab es fast keine Rettungsstationen oder Möglichkeiten, die Tiere aus einem schlechtem Umfeld zu retten", so Brückner. "Normale Zoos nehmen solche Tiere nicht, weil ihr genetischer Hintergrund unklar ist oder weil sie diese Art in ihrem Zoo nicht schützen können." Daher müssten die Tiere häufig bei ihren Besitzern oder im Zirkus bleiben.

Forderungen nach Europa-weitem Gesetz

Brückner meint, dass die Bundesregierung rechtlich und finanziell noch mehr tun könnte, um weitere Tiere zu retten. Die deutschen Behörden könnten den rechtmäßigen Besitz der Tiere nachprüfen und kontrollieren, ob sie ausreichend Platz haben. Ansonsten haben sie wenig Einflussmöglichkeiten, da es keine rechtlichen Einschränkungen gibt.

Einige deutsche Bundesländer, zum Beispiel Hessen und Berlin, haben zumindest Vorschriften eingeführt, nach denen der Besitz von gefährlichen Tieren verboten ist. In Bayern müssen Besitzer dafür eine spezielle Berechtigung haben.

Im Mai 2014 erhöhte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die erforderliche Gehegegröße von 40 auf 200 Quadratmeter pro Tier. Allerdings hat es keinerlei Folgen, wenn man diese Größe nicht einhält.

"Es ist immer noch nicht genug, unserer Meinung nach, aber wenn jemand privat einen Tiger halten möchten, ist es nicht mehr so einfach", so Brückner. Anika Hübner teilt seine Meinung. Auch bei "Vier Pfoten" sei man der Ansicht, dass ein Europa-weites Gesetz die beste Lösung wäre.

Tigerin Cara blickt genau in die Kamera. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)
Strengere Gesetze sollen verhindern, dass andere Tiere so leiden müssen wie Cara, bevor sie nach Maßweiler kamBild: picture-alliance/dpa/F.v. Erichsen

"Natürlich gibt es schon Vorschriften, aber das sind ja mehr Empfehlungen, die nicht so richtig kontrolliert werden", sagt Hübner. "Deswegen setzen wir uns für ein landesweites, wenn nicht sogar Europa-weites Gesetz ein, dass die Mindeststandards und Strafen bei Nicht-Einhaltung festlegt."

Je früher die Rettung kommt, desto besser

Bis das umgesetzt wird bleibt die Hoffnung, dass mehr Tiger wie Cara, Bela und Shahrukh die Chance bekommen, zumindest ein Stück Freiheit an Orten wie der Großkatzen-Station zu erleben. Wenn sie jung gerettet werden, können Störungen wie das "Herumtigern" vermieden werden - das hin und her laufen zwischen zwei immer gleichen Punkten, das Tiere entwickeln, wenn sie in einem kleinen Gehege eingesperrt sind.

Die drei Tiger in Maßweiler werden allerdings nie ihren natürlichen Lebensraum zu Gesicht bekommen. Für ein Leben in freier Wildbahn sind sie viel zu unerfahren.