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Ein Präsident für alle Finanzen?

Klaus Jansen31. Mai 2013

Die Eurozone soll einen hauptberuflichen Finanzpräsidenten bekommen: Angela Merkel und François Hollande haben einen Vollzeit-Eurogruppenchef vorgeschlagen. Ist das sinnvoll für die Wirtschaft?

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François Hollande und Angela Merkel (Foto: Reuters)
François Hollande und Angela MerkelBild: Reuters

Die Finanzkrise hat die Eurogruppe zu einem der weltweit wichtigsten Entscheidungs-Gremien gemacht. Hier treffen sich jeden Monat die 17 Finanzminister der Staaten, die den Euro als offizielles Zahlungsmittel haben. Mit dabei sind auch der EU-Währungskommissar und der Präsident der Europäischen Zentralbank. Hier wird über milliardenschwere Hilfsprogramme für krisengeschüttelte Euroländer beraten, und an dieses Gremium richten EU-Länder in Finanznot ihre Hilfsanfragen.

Gesucht: ein Vollzeit-Präsident

Die Eurogruppe hat auch einen Vorsitzenden, der seine Arbeit allerdings im Nebenberuf ausübt. Jeroen Dijsselbloem - für zweieinhalb Jahre gewählt - ist eigentlich Finanzminister der Niederlande. Sein Vorgänger Jean-Claude Juncker hatte sogar zwei Hauptjobs - Finanzminister und Premierminister von Luxemburg.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande hatten dies bei ihrem Treffen am Donnerstag (30.05.2013) in Paris bemängelt. Der Vorsitzende solle ein "Vollzeitpräsident" sein, mit mehr Befugnissen, meinte Hollande. Merkel sprach von "mehr wirtschaftspolitischer Koordinierung" in der Eurogruppe. Details nannten sie aber nicht, der Vorschlag soll beim EU-Gipfel Ende Juni beraten werden.

Jeroen Dijsselbloem (Foto: dpa)
Jeroen Dijsselbloem ist nur nebenbei Eurogruppen-ChefBild: picture-alliance/dpa

"Posten haben wir genug"

"Wenn es eine sinnvolle und kraftvolle Einrichtung werden soll, müsste man nationale Kompetenzen abgeben", ist Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel überzeugt. Im DW-Gespräch sagt er, dass wohl weder Merkel noch Hollande dazu bereit seien. Boysen-Hogrefe glaubt nicht, dass von der Vollzeitstelle größere Impulse ausgehen werden. "Vielleicht kann es eine etwas bessere Koordinationsarbeit geben, aber auch dieser Mehrwert wäre gering."

Auch aus der deutschen Politik gibt es Ablehnung. Rainer Brüderle, FDP-Fraktionschef und vor Parteikollege Phillip Rösler der Wirtschaftsminister Deutschlands, zeigte sich im Interview mit dem Deutschlandfunk skeptisch: "Ich bin nicht sicher, ob ein weiterer hoch bezahlter Job in Brüssel diese Eurokrise leichter lösen lässt." Es gebe schon einen Kommissionspräsidenten, eine Ratspräsidentin, eine Hohe Vertreterin, einen Parlamentspräsidenten und 28 EU-Kommissare. "Posten haben wir genug, es fehlen Problemlöser", so Brüderle.

Nein zum EU-Finanzminister

Die "Süddeutsche Zeitung" dagegen sprach sich an diesem Freitag dafür aus, einen hauptamtlichen Euro-Chef zu installieren und zieht Parallelen zu den USA: "Niemand käme auf die Idee, dass der amerikanische Finanzminister sich im Hauptberuf um den Haushalt von Kansas oder New Hampshire kümmern soll - und nur hin und wieder um die Finanzpolitik in Washington." Die Euro-Staaten leisteten sich aber bislang genau so eine Konstruktion.

Jacob Lew, US-Finanzminister (Foto: AP)
Jacob Lew ist hauptberuflich US-FinanzministerBild: AP

Jens Boysen-Hogrefe vom IfW kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. "Es gibt keine fiskalische Hoheit und auch kein eigenes Budget für die Eurogruppe. Deshalb ist ein Finanzminister hier auch unnötig." Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert stellte am Tag nach dem Merkel-Hollande-Treffen auch noch einmal klar, einen "europäischen Finanzminister" solle es auch nicht geben. Es gehe lediglich um eine stärkere Steuerung der Zusammenarbeit innerhalb der Eurozone. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle warnte in diesem Zusammenhang vor "allgemein unscharfen Begriffen". Auch von einer Euro-Wirtschaftsregierung werde gesprochen, aber es sei nicht klar, was das sein sollte: "Das bleibt alles im Unklaren."

Nicht im nationalen Interesse

Wie ernst es Frankreichs Präsident Hollande mit dem Vorschlag für einen hauptberuflichen Eurogruppenchef meint, ist zumindest unklar. Fast zeitgleich hatte er sich am Donnerstag darüber beschwert, dass die EU-Kommission versuche, die französische Wirtschaftspolitik aus europäischer Perspektive zu verändern. Er sagte, die Kommission habe seiner Regierung nichts zu diktieren. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein ernsthaftes Interesse besteht, hier weitere europäische Kompetenzen zu schaffen", meint Boysen-Hogrefe zum jüngsten deutsch-französischen Vorschlag. "Ein solcher Posten wäre dann relativ hilflos."