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Ein Update vom Job entfernt

Ramona Schlee13. November 2012

Sie sind hochqualifiziert und trotzdem arbeitslos. Denn nach mehrjähriger Pause vom Beruf haben Frauen häufig den Anschluss verloren. Das Programm "FIT in MINT" hilft ihnen beim Wiedereinstieg ins Berufsleben.

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FIT in MINT Broschüre (Foto: Ramona Schlee)
Bild: Ramona Schlee

Katharina Hilgenfeld ist wieder im Job - nach über zehn Jahren Pause. Zwei Kinder hat sie in dieser Zeit bekommen und großgezogen. Immer wieder kam ihr in diesen Jahren der Gedanke: Ich will wieder arbeiten. "Doch je länger du draußen bist, desto schwieriger ist es, zurückzukommen", sagt die 43-Jährige. "Ich hatte keine Anknüpfungspunkte mehr."

Dann wurde sie auf das Weiterbildungsprogramm "FIT in MINT" aufmerksam. "MINT" steht für die Fächer Mathematik, Informationstechnologie, Technik und Naturwissenschaften. Und genau in diesen Bereichen wird der Fachkräftebedarf in den nächsten Jahren steigen, belegen Studien.

Daher hat das Institut für Wissenstransfer an der Universität Bremen ein Programm entwickelt, um Frauen im Bereich Umwelt, Energie und Nachhaltigkeit fit für den Berufsalltag zu machen. "Vielen fehlt nur ein Update zum Wiedereinstieg, denn gut ausgebildet sind sie ja", sagt Projektleiterin Berit Godbersen. So eine Weiterbildung wie in Bremen sei einmalig in Deutschland, müsse es aber viel häufiger geben, findet sie.

Erfolgreiche Absolventinnen (Foto: FIT in MINT)
Erfolgreiche Absolventinnen freuen sich über ihr AbschlusszertifikatBild: Fit in Mint

Volles Programm

In nur einem Jahr bewältigen die Teilnehmerinnen neun Module: Naturwissenschaftliche Grundlagen, umwelttechnische Verfahren und Managementkompetenzen sind nur drei Beispiele. Im Anschluss daran absolvieren die Frauen ein dreimonatiges Praktikum. Hier kann bereits die Tür zu einem Job aufgehen.

"Bei mir hat das geklappt", freut sich Katharina Hilgenfeld. Jetzt arbeitet sie 30 Stunden in der Woche in einem Windpark-Unternehmen, plant den Austausch von alten Windkraftanlagen gegen neue und stellt Kostenberechnungen an. "Mit meiner ersten Ausbildung zur Geophysikerin hat das nicht viel zu tun", sagt sie, "aber das naturwissenschaftliche, lösungsorientierte Denken kannte ich natürlich". Und die Weiterbildung bei "FIT in MINT" habe sie perfekt auf die neue Aufgabe vorbereitet, ergänzt sie.

Maßgeschneidert für das Unternehmen

"'FIT in MINT' kann weitere solche Erfolge vorweisen", schwärmt Projektleiterin Godbersen. 21 Frauen haben das Programm im Juni 2012 erfolgreich abgeschlossen; 13 von ihnen haben bereits einen Arbeitsplatz gefunden.

Dr. Esther Schröder von der Arbeitnehmerkammer Bremen (Foto: Ramona Schlee)
Dr. Esther Schröder begrüßt das Projekt "FIT in MINT"Bild: Ramona Schlee

Dr. Esther Schröder von der Arbeitnehmerkammer Bremen findet, dass Universitäten sich verstärkt für die Weiterbildung von Frauen engagieren sollten: "Insbesondere für Hochqualifizierte ist das wichtig", betont sie. "Die Hochschulen sollten sich allerdings unbedingt mit den Unternehmen absprechen, damit die Frauen zielgerichtet auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Ein Ansatz, der im Projekt 'FIT in MINT' vorbildlich realisiert wird." Dieses Programm sei ein gutes Beispiel, wie man Wiedereinsteigerinnen erfolgreich vermitteln könne, so Schröder.

Stille Reserve

Nicht nur die Teilnehmerinnen profitieren von der Weiterbildung, sondern auch der Arbeitsmarkt. "Stille Reserve" lautet das Zauberwort in der Branche. Das sind Frauen, aber auch einige Männer, die zwar arbeiten wollen, aber aus verschiedenen Gründen nicht können. Hinderungsgrund Nummer Eins, sagt Dr. Esther Schröder, seien familiäre oder persönliche Verpflichtungen. "Weitere Gründe sind dann Enttäuschungen, die die Betreffende auf dem Arbeitsmarkt erlebt hat oder fehlende oder veraltete Bildungsabschlüsse." Genau hier will "FIT in MINT" ansetzen und die Frauen wieder in Lohn und Brot bringen.

Das Statistische Bundesamt rechnet vor, dass gut 600.000 Frauen aktuell in der stillen Reserve stecken. "Selbst wenn man sie alle aktiviert, kann man einen Arbeitskräfterückgang in der Zukunft nicht mehr abwenden", sagt Johann Fuchs vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg. Dafür sei der demographische Wandel zu weit fortgeschritten. Mit Programmen wie "FIT in MINT" könne der Trend zum Arbeitskräfteschwund lediglich etwas gebremst werden.

Johann Fuchs vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (Foto: privat)
Johann Fuchs sagt einen Arbeitskräfterückgang vorausBild: privat

Katharina Hilgenfeld ist es ziemlich egal, ob sie den Fachkräftemangel abmildert. Für sie ist entscheidend, dass sie den Weg zurück ins Berufsleben geschafft hat. "FIT in MINT" war für sie das Sprungbrett.