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Der deutsche Pass: Begehrt, aber schwer zu bekommen

Jeanette Seiffert2. September 2013

Immer mehr Zuwanderer wollen die deutsche Staatsangehörigkeit. Dafür müssen sie mehrere Jahre im Land leben und gut deutsch sprechen. Seit fünf Jahren ist auch ein Einbürgerungstest Pflicht. Bis heute ist er umstritten.

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Reisepass am Flufhafen Foto: Alex Grimm/Getty Images
Schwieriger Weg zum deutschen PassBild: Getty Images

Was ist das Wappentier von Deutschland? Was bedeutet "Volkssouveränität“? Das waren zwei der 33 Fragen, die Ketevan Jandieri bei ihrem Einbürgerungstest in der Bonner Volkshochschule beantworten musste. Die 51-Jährige aus Georgien lebt seit 2005 im Land, ihr Mann ist Deutscher, ebenso wie ihre beiden Kinder. Auf den Test hat sie sich gut vorbereitet: "Es gibt verschiedene Trainingsangebote im Internet und man kann online auf alle Fragen zugreifen."

Der Test ist umstritten

Vor fünf Jahren wurde der Einbürgerungstest bundesweit eingeführt. Damals wurde heftig über Sinn und Unsinn debattiert. Zu schwierig formuliert, zu viele Detailfragen, lautete die Kritik. Mittlerweile ist er an einigen Stellen vereinfacht worden. Der Migrationsforscher Dieter Thränhardt hält ihn aber noch immer für zu kompliziert: "Bildungsferne Einwanderer tun sich da schwer, auch Menschen, die mit der deutschen Sprache noch nicht so gut klarkommen." Er befürchtet, dass bestimmte Gruppen von Migranten abgeschreckt werden, die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen.

In Ludwigshafen füllt eine Person am Mittwoch einen Einbürgerungstest aus. In Rheinland-Pfalz wird dabei der erste Einbürgerungstest abgehalten. Foto: Uli Deck dpa
33 Fragen zu Deutschland enthält der TestBild: picture-alliance/dpa

Und tatsächlich ist die Zahl der Einbürgerungen nach der Einführung erst einmal nach unten gegangen. Allerdings nur kurz: Seit vier Jahren steigt sie wieder. 112.000 waren es im vorigen Jahr, fünf Prozent mehr als 2011.

Kenan Araz vom "Aktionsbüro Einbürgerung" in Bochum berät seit vielen Jahren Migranten, die Deutsche werden wollen. Seit sich die erste Aufregung gelegt hat, ist der Test bei den Gesprächen kein großes Thema mehr: "Man nimmt das so, als ob es ein Führerscheintest wäre. Die Menschen betrachten das nach all den Jahren als eine Normalität."

Ketevan Jandieri hat es sogar als positiv erlebt, sich so intensiv mit ihrer neuen Heimat zu beschäftigen: "Man muss schon wichtige Sachen wissen über das Land, in dem man für den Rest des Lebens wohnen will." Sie hat alle 33 Fragen richtig beantwortet. 17 hätten gereicht, um den Test zu bestehen. Mehr als 98 Prozent der Teilnehmer schaffen das.

Deutschland fördert die Zuwanderung

Wenn alles gut läuft, gehört Ketevan Jandieri schon bald zu den vielen Menschen, die jedes Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Die meisten Neubürger haben türkische Wurzeln, das ist auch die größte Gruppe der Einwanderer, die in Deutschland lebt.

In einem Raum der Volkshochschule Frankfurt wartet der Inder Kulminder Singh mit zehn weiteren Ausländern auf den Beginn des Einbürgerungstestes. Foto: Patrick Pleul dpa
Schulbank drücken für den deutschen PassBild: picture-alliance/dpa

Immer häufiger wollen zudem Südeuropäer Deutsche werden. Besonders stark vertreten sind neuerdings die Euro-Krisenstaaten: Die Zahl der Griechen, die den deutschen Pass erworben haben, ist im vergangenen Jahr um mehr als 80 Prozent gestiegen, bei den Italienern waren es knapp 30 Prozent mehr. Darunter sind viele junge, gut ausgebildete Menschen, die in ihren Heimatländern keine Arbeit bekommen und im wirtschaftlich stärkeren Deutschland bessere Chancen sehen.

Der Staat bemüht sich verstärkt um solche gut qualifizierten Zuwanderer. Denn in Deutschland werden Fachkräfte in vielen Bereichen dringend gebraucht. Einige Bundesländer werben ganz gezielt darum, dass Migranten den deutschen Pass beantragen: Der Slogan "Ja, ich will" prangt zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen auf Plakaten und Flyern. "Das ist Augenwischerei", kritisiert Kenan Araz. "Da werden Zehntausende Euro sinnlos ausgegeben. Diese Kampagnen helfen vielleicht dem einen oder anderen Politiker, aber nicht den Menschen." Viel wichtiger sei es, Zuwanderer ganz gezielt anzusprechen, am besten in ihrer Muttersprache. Denn bisher besitzt nur jeder zweite erwachsene Einwanderer einen deutschen Pass.

Eine koreanische Studentin lässt sich im Kasseler Ausländeramt beraten.
Es ist ein langer Behördenweg zum deutschen PassBild: picture-alliance/dpa

Einbürgerung ist nicht einfach

Obwohl die Bundesländer gerne mehr Menschen einbürgern würden, ist es nicht leicht, den deutschen Pass zu bekommen. Denn der Einbürgerungstest ist nicht die einzige Hürde. Man muss auch seit mindestens acht Jahren im Land leben, darf nicht straffällig geworden sein und muss nachweisen, dass man genug verdient, um nicht von Sozialleistungen abhängig zu sein. Außerdem sind gute Deutschkenntnisse Pflicht.

Laut Bundesinnenministerium soll der Einbürgerungstest zur Integration von Einwanderern beitragen. "Ich glaube nicht, dass man die Verfassungstreue oder das demokratische Zugehörigkeitsgefühl mit diesem Test irgendwie verbessern kann", sagt dagegen der Migrationsforscher Dietrich Thränhardt. "Es ist ein gewisses Misstrauen, das dadurch zum Ausdruck kommt." Vor allem Zuwanderer, die schon lange in Deutschland leben, bekämen dadurch den Eindruck, dass man daran zweifele, dass sie gute Staatsbürger sein können. Er würde den Test deshalb einfach abschaffen.

Aus seiner Sicht müsste die Zuwanderung in Deutschland dringend erleichtert werden: "Deutschland hinkt da im europäischen Vergleich sehr hinterher. Das einzige Land, wo es noch schwieriger ist, ist Österreich." Das größte Hindernis ist für ihn, dass sich Zuwanderer aus vielen Ländern für einen Pass entscheiden müssen: Wenn jemand zum Beispiel aus der Türkei, Serbien oder Montenegro stammt, muss er seine Staatsbürgerschaft aufgeben, um Deutscher zu werden. Viele aber wollen ihre ausländischen Wurzeln nicht völlig abschneiden: "Die Einbürgerungszahlen würden mit Sicherheit sehr steigen, wenn man das nicht mehr müsste."