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Eine Chance für Frieden im Südsudan?

Adrian Kriesch / Jan-Philipp Scholz, Juba4. Mai 2014

Südsudans Rebellen und Regierung haben sich auf eine Feuerpause geeinigt. Beide behaupten, nach Kämpfen die Öl-Stadt Bentiu zu kontrollieren. Präsident Kiir und Rebellenführer Machar sollen sich bald persönlich treffen.

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Südsudan Zivilisten auf der Flucht in Bentiu
Bild: picture-alliance/AP Photo

Vertreter der Bürgerkriegsparteien im Südsudan haben sich Berichten zufolge am Montag (05.05.2014) auf eine einmonatige Kampfpause geeinigt. Das berichtet die Nachrichtenagentur DPA unter Berufung auf die Delegationen beider Seiten in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba. Am selben Tag hatte es noch heftige Kämpfe in den Provinzen Upper-Nile und Unity gegeben. Beide Seiten behaupteten, die für die Ölindustrie bedeutende Stadt Bentiu in Unity eingenommen zu haben.

Die Einigung nach Monaten erfolgloser Verhandlungen folgte kurz nach einem Besuch von US-Außenminister John Kerry im Südsudan, der Druck auf Präsident Salva Kiir machte. Im Südsudan, so Kerry am vergangenen Donnerstag (01.05.2014), gehe es um nichts Geringeres, als "einen Völkermord zu verhindern".

"Sie sollen unsere Führer zur Vernunft bringen"

Nur wenige Kilometer vom Sitz des Präsidenten entfernt, auf dem Campus der Universität von Juba, gehen die Studenten unterdessen scheinbar ihren Alltagsgeschäften nach. In einem Land, in dem seit 60 Jahren immer wieder bewaffnete Konflikte ausbrechen, haben sich die Menschen daran gewöhnt, mit der täglichen Unsicherheit zu leben. Im Schatten der Bäume gehen die Studenten durch ihre Notizen und warten auf die nächste Vorlesung. Zwar hatten die blutigen Ausschreitungen Mitte Dezember in Juba begonnen, seitdem ist die Hauptstadt jedoch von Massakern in größerem Stil verschont geblieben. Immer wieder kommt es in einzelnen Stadtteilen - meist in der Nähe von Militärstützpunkten oder Flüchtlingslagern - zu Kämpfen. Doch die Massaker an der Zivilbevölkerung finden in den ölreichen Staaten im Norden des Landes statt.

Und trotzdem: Die Studenten in Juba verfolgen die Reise des US-Außenministers ganz genau. Sie wissen, dass ihr junger Staat am Abgrund steht - und auch hier macht das Wort "Völkermord" immer häufiger die Runde. Viele hoffen, dass das Schlimmste noch verhindert werden kann - und sie erwarten die Unterstützung des Westens. "Wir betteln geradezu darum, dass einflussreiche Länder unsere Führer endlich zur Vernunft bringen. Jeden Tag sterben unsere Brüder und Schwestern, das muss ein Ende haben", so die 20-jährige Stephanie.

Das "Projekt Südsudan" ist gescheitert

Simon Minoja, einer ihrer Dozenten und ein angesehener südsudanesischer Konfliktforscher, sieht die Chancen, dass der Westen im aktuellen Konflikt etwas bewegen kann, deutlich kritischer. Simon Minoja erinnert sich gut an die Euphorie, die mit der Gründung des jüngsten Staates der Erde vor knapp drei Jahren einherging. Er selbst zog mit seinem Institut von der sudanesischen Hauptstadt Khartum in die neue Hauptstadt Juba um. Die Vereinten Nationen und unzählige westliche Entwicklungsorganisationen wollten damals das "Projekt Südsudan" mit aller Macht zu einem Erfolg werden lassen. "Leider haben die meisten Südsudanesen seitdem überhaupt keine Verbesserungen erlebt. In der Hauptstadt wurde viel investiert. Aber schon ein paar Kilometer außerhalb hat sich überhaupt nichts verändert. Bei diesen Menschen hat sich eine große Enttäuschung breit gemach", so der Konfliktforscher.

US-Außenminister Kerry mit Südsudans Präsident John Salva Kiir
US-Außenminister John Kerry (l.) mit Südsudans Präsident Salva KiirBild: Saul Loeb/AFP/Getty Images

Spätestens seit dem 15. Dezember 2013, als sich der interne Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und seinem damaligen Vize Riek Machar in einen blutigen Konflikt verwandelte, wurde auch den größten Optimisten in der internationalen Gemeinschaft klar, dass dieses "Projekt" wohl nicht die ersehnte Erfolgsgeschichte werden würde. Seitdem hat sich der Konflikt im Südsudan zunehmend ethnisch aufgeladen - der Präsident gehört der Volkgruppe der Dinka an und sein Rivale ist ein Nuer - und tausende Opfer auf beiden Seiten gefordert. Eine Million Menschen sind auf der Flucht.

Professor Simon Minoja, Konfliktforscher an der Universität Juba
Der südsudanesische Konfliktforscher Minoja sieht die Einflussmöglichkeiten des Westens kritischBild: Scholz/Kriesch

Vereinte Nationen verlieren an Ansehen

Mitarbeiter von UNMISS, der Mission der Vereinten Nationen im Südsudan, erzählen hinter vorgehaltener Hand von zunehmenden Schikanen. Diese machten es ihnen immer schwerer, ihr Mandat - die Unterstützung beim Schutz der Zivilbevölkerung - wahrzunehmen. Die Schikanen reichten von erschwerten Einreisebedingungen am Flughafen bis hin zu willkürlichen Festnahmen und Verhören durch den Geheimdienst. Auch der Sprecher der südsudanesischen Armee, Philip Aguer, macht im Gespräch mit der Deutschen Welle deutlich, dass er die internationalen Truppen im Land kaum ernst nimmt: "Anfangs haben die Menschen vielleicht an die UN-Mission geglaubt. Aber die schaffen es ja nicht einmal, sich selbst zu schützen. Wie sollen sie dann Zivilisten schützen?"

Zwar willigte Präsident Salva Kiir noch während des Treffens mit US-Außenminister Kerry ein, sich mit Rebellenführer Riek Machar endlich an einen Tisch zu setzen. In einem Interview mit der Deutschen Welle zeigt sich der südsudanesische Außenminister Barnaba Marial Benjamin jedoch wenig kompromissbereit. "Bestrafungen oder Bedingungen", die an die südsudanesische Regierung gestellt werden, hält er für inakzeptabel. Das Hauptproblem im Land seien die Menschenrechtsverletzungen, die auf Seiten der Rebellen verübt würden. So ist es kaum verwunderlich, dass die meisten Beobachter die Aussichten auf einen Erfolg der direkten Verhandlungen eher skeptisch sehen.