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"Eine neue Verfassung, aber kein Frieden"

Zusammengestellt von Mareike Aden26. Oktober 2005

Die meisten europäischen Tageszeitungen sehen im Erfolg des irakischen Verfassungsreferendums einen wichtigen Schritt - bis zum Frieden sei der Weg jedoch nohc weit. Eine Presseschau.

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Die Wahlurnen sind ausgezähltBild: AP

"Le Figaro" (Paris): Keim für Ausweg aus der Krise

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"Der Erfolg des Referendums und die Tatsache, dass viele Sunniten wählen gegangen sind, stellen eine Niederlage für die Terroristen im Irak dar. Um sich Gehör zu verschaffen, müssen sie immer stärker zuschlagen, wie zuletzt bei den Anschlägen auf die Hotels in Bagdad, in denen Ausländer absteigen. Ihre Gewalt ist zwar längst noch nicht am Ende. Das Votum der Sunniten, auch wenn es gegen die Verfassung ausfiel, zeigt aber doch, dass ein Teil bereit ist, am politischen Geschehen teilzunehmen und sich nicht in einen Bürgerkrieg ziehen lassen will. Immer mehr Iraker sagen sich auch, dass ein übereilter Rückzug der Koalition die allgemeine heftige Auseinandersetzung nur beschleunigen würde. In alledem liegt der Keim für einen Ausweg aus der Krise, der für die ganze Region gelten muss."

"La Repubblica" (Rom): Keine Alternative für Iraker

"Jedes Mal, wenn der Terrorismus nach einer Zeit der Stille ins Tagesgeschehen einbricht, scheint er dazu fähig zu sein, den Lauf der Geschichte umzukehren. Aber in diesem schrecklichen Wettlauf zwischen terroristischer Aktion und Unabwendbarkeit der Geschichte hat dieses Mal letztere gewonnen; im Fall des Irak bedeutet das, dass die Iraker keine Alternative zu den Verhandlungen zwischen den einzelnen Komponenten und verschiedenen Volksgruppen haben, denn Saddam Hussein wird nie mehr zurückkehren und das Kapitel des arabischen Nationalismus geht zu Ende."

"El Mundo" (Madrid): Kein Frieden für den Irak

"Die neue Verfassung bringt dem Irak keinen Frieden. Einer der wichtigsten Streitpunkte ist das Staatsmodell. Kurden und Schiiten verlangen Autonomie für ihre Regionen, die Sunniten wollen einen zentralistischen Staat. Das föderale Modell in der Verfassung stellt niemanden zufrieden. Auch die Bestimmung, wonach die Justiz sich vom Islam inspirieren lässt, trägt nicht zur Versöhnung bei. Die Sunniten befürchten, dass der schiitische Fundamentalismus sich des Landes bemächtigt. Kurzum: Der Irak wird nicht so schnell zur Normalität zurückkehren, und die US-Truppen werden vorerst kein befriedetes Land hinterlassen können."

"The Guardian" (London): Viele Fragen ungelöst

"Wenn es weniger eilig gewesen wäre, wären die Resultate (des Verfassungsprozesses) noch etwas besser gewesen. So, wie die Verfassung jetzt aussieht, gibt sie den Kurden und den Schiiten viel von dem, was diese verlangt hatten, und den Sunniten wenig von dem, was sie verlangt hatten. Gleichzeitig bürdet sie allen drei Gruppen die Aufgabe auf, die vielen offenen Fragen zu klären, die die Verfasser des Entwurfs in ihrer Eile umgangen haben."

"Tagesanzeiger" (Genf): Nur ein erster Schritt

"Die Iraker haben den Entwurf einer ihnen in einem Referendum vorgelegten Verfassung angenommen. Kann Bush, kann der Irak aufatmen? Einen unbestreitbaren Erfolg darf man nicht gering schätzen. Die Annahme der Verfassung ist ein solcher Erfolg. Das neue demokratisch-föderalistische Grundgesetz ist dazu noch mit einer 78-Prozent-Mehrheit angenommen worden. Das ist nach demokratischen Maßstäben sehr solide. (...) Es gehört zu den Binsenwahrheiten über den Irak-Krieg: Die Rebellion wird von den Sunniten getragen. Seien es die Anhänger des gestürzten Diktators Saddam Hussein oder die aus dem islamischen Ausland nach Irak strömenden Jihadisten - sie alle sind Sunniten. Als Guerilla brauchen sie die Unterstützung der sunnitischen Bevölkerung, um kämpfen zu können. Das Referendum dürfte kaum beigetragen haben, die Sunniten in die Politik zu integrieren. Im Gegenteil: Das monatelange Gezerre um den Inhalt der Verfassung und die fragwürdig oft wiederholte Auszählung des Referendumsergebnisses wird sie noch skeptischer gestimmt haben."