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Eine republikanische Monarchie

Gérard Foussier17. Juni 2002

Nach dem Sieg der rechten Parteien im zweiten Wahlgang der französischen Parlamentswahlen kann Staatspräsident Jacques Chirac in den nächsten fünf Jahren mit einer starken Mehrheit regieren. Gérard Foussier kommentiert.

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Es ist schon ein Paradox: Noch vor zwei Monaten galt Jacques Chirac in Frankreich als der schwächste Staatspräsident der Fünften Republik. Am 5. Mai jedoch wurde durch einen Aufstand der Demokraten gegen den Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen seine Wiederwahl mit 82 Prozent der Stimmen möglich.

Und nun kann der gaullistische Staatschef auch noch mit der Unterstützung einer überwältigenden Parlamentsmehrheit für die nächsten fünf Jahre rechnen. Hiermit gehört die lähmende Wirkung der Cohabitation, jener Zwangsehe zwischen bürgerlichem Präsidenten und linksgerichteter Regierung, der Vergangenheit an.

Das Land ist nicht nur an der Spitze des Staates und der Exekutiven konservativ: In den meisten Regional- und Gemeindeparlamenten sowie in der zweiten Kammer herrscht eine bürgerliche Mehrheit, in der nationalen Medienaufsichtsbehörde ebenfalls, im Verfassungsrat genauso. Frankreich erlebt erneut eine republikanische Monarchie.

Der Präsident kann voraussichtlich für ganze fünf Jahre ohne Angst vor einer ohnehin geschwächten Opposition regieren. Allerdings trägt er dann sowohl für einen Erfolg als auch für einen Misserfolg seiner Politik allein die Verantwortung. 2007 werden die Wähler die Kommunalparlamente, die Nationalversammlung und den Staatspräsidenten neu bestimmen – die Karten werden neu gemischt, der Wahlkampf für dieses Superwahljahr hat bereits angefangen.

Jacques Chirac hat mit einem gaullistischen Sammelbecken achtbare Erfolge erzielt. Die eigens für diese Parlamentswahlen gegründete Präsidentenpartei ist noch nicht die große Volkspartei, die sich die Bürgerlichen wünschen. Die neue Sammelbewegung UMP (Union für die Präsidentenmehrheit) ist zur Zeit nur ein Wahlverein, eine nur vorläufige Improvisation unter dem Dach des französischen Konservatismus. Eine richtige politische Identität fehlt ihr noch.

Im Herbst wollen alle bürgerlichen Formationen der UMP die Volkspartei gründen, nachdem sie aus den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen erfolgreich hervor gekommen sind. Namen werden bereits genannt, unter anderem der des ehemaligen Premierministers Alain Juppé. Es geht, heute schon, um die Vorbereitung der Nachfolge Chiracs im Elysée-Palast.