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Einheitlicher Standard für Krebsregister

Gudrun Heise23. August 2012

Die Früherkennung von Krebs soll verbessert werden, außerdem sollen Patientendaten künftig einheitlich erfasst werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Bahr ist nun - trotz Kritik - auf dem Weg.

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Brustkrebs-Früherkennung (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Fast eine halbe Million Menschen in Deutschland erhalten jedes Jahr die Diagnose Krebs, mehr als 200.000 sterben an einer Krebserkrankung. Wichtige Daten zu Diagnose und Therapieformen zu sammeln, sie auszuwerten und Ärzten und Kliniken zur Verfügung zu stellen - das sollen Krebsregister leisten. In vielen Bundesländern gibt es sie zwar schon, aber die meisten sind nach unterschiedlichen Kriterien erstellt.

Nun sollen bundesweit einheitliche Standards mit detaillierten Patienten-Informationen aufgestellt werden. "Wurde eine Operation durchgeführt? Welche? Wurde der Patient bestrahlt? Gab es eine Chemotherapie und wenn ja, welcher Art? Wie verlief die Nachsorge?". Solche Daten seien wichtig, versichert Nikolaus Becker vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg im Gespräch mit der Deutschen Welle. Auch Angaben zu Rückfällen oder Metastasen würden erfasst und wie erfolgreich die Therapie gewesen sei.

Optimierung der Therapie

Nikolaus Becker begrüßt das Vorhaben, denn es verbessert die schon existierenden Datensammlungen. In einigen Registern würden zwar Neuerkrankungen und Sterbefälle erfasst, außerdem Wohnort und Alter der Patienten, nicht aber klinische Daten - beispielsweise über den Krankheitsverlauf. Ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Daniel Bahr sieht nun vor, dass klinische Krebsregister deutschlandweit alle Krebsfälle erfassen müssen. "Wenn der Weg zwischen Krebsregister, Kliniken und Ärzten möglichst kurz ist, erleichtert das die Kommunikation und den Erfahrungsaustausch. So können Therapien entwickelt und die Forschung unterstützt werden", sagt Becker.

Professor Dr. Nikolaus Becker (Foto: Deutsches Krebsforschungszentrum - DKFZ) Bildbeschreibung: Prof. Dr. Nikolaus Becker, Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg liest in einem Buch Foto: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg *** eingestellt im August 2012
Prof. Nikolaus BeckerBild: Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg

Beispiel Brustkrebs. Früher wurden den Patientinnen oft alle Lymphknoten unter den Achseln entfernt. Eine Operation mit schlimmen Folgen, denn meist schwollen die Arme der betroffenen Frauen an, weil der Abfluss der Lymphe nicht mehr gewährleistet war. Heute weiß man, dass eine derart radikale Operation gar nicht nötig ist.

Kritik von den Krankenkassen

Kritik am neuen Gesetz kommt vor allem von den Krankenkassen. Das Modell sei viel zu kleinteilig, so der Pressesprecher des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Udo Barske. "Das Problem ist, dass diese stark zerstückelte Landschaft von Krebsregistern durch den Gesetzesentwurf nicht renoviert und überarbeitet wird. Nach wie vor bleiben auf Länderebene sehr unterschiedliche Strukturen bestehen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung neu finanziert werden müssen."

Barske ist überzeugt, dass es auf Länderebene zu wenige Fallbeispiele gibt und nennt als positives Beispiel für nationale Krebsregister die Kinderonkologie. Schon vor Jahren hätten Onkologen ein nationales Register erstellt und pflegen es auch. Die Behandlung von an Krebs erkrankten Kindern sei so bundesweit stark verbessert worden und stehe qualitativ international ganz weit vorne.

Exakte Auswertung der Daten

Die gesammelten Daten müssen aber nicht nur registriert, sondern auch kompetent und genau ausgewertet werden. Nur so könne man verhindern, dass etwa ein falsches Bild von einzelnen Kliniken entsteht. Denn gerade Tumorzentren hätten meist ein eher ungünstiges Patientenklientel, sagt Becker vom Krebsforschungszentrum Heidelberg,

Drei krebskranke Kinder in einer Tagesklinik für Krebspatienten (Foto: Tobias Hase dpa/lby)
Krebskranke Kinder im KrankenhausBild: picture-alliance/dpa

Routinebehandlungen könnten in kleineren Krankenhäusern durchgeführt werden. "Wenn aber komplexe Metastasierungen auftreten, werden die Patienten an Spitzenzentren weiter verwiesen. Dort werden dann Spitzenbehandlungen durchgeführt", erläutert Becker. "Die Ergebnisse für die Klinik können trotzdem schlecht aussehen". Denn viele der schwerstkranken Patienten überlebten die Behandlung nicht und erzeugten so ein falsches Bild. Das, so Becker, sei einer der Gründe, warum er den Patienten die Daten nur dann zur Verfügung stellen würde, wenn sie eindeutig und fachlich kompetent analysiert und ausgewertet worden seien. Dass Krebskranke keinen Zugang zu den Daten haben sollen, ist eine der Hauptkritikpunkte an den Krebsregistern.

Bis 2018 sollen die Register aufgebaut sein - zur besseren Transparenz für Ärzte und Kliniken und zur Verbesserung der Therapie von Krebspatienten.