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Einigung auf Neuwahlen in Haiti

12. Januar 2015

Mit einer Einigung auf Neuwahlen haben Präsident und Opposition die politische Krise in Haiti vorerst entschärft. Die soziale Krise besteht fort: Noch immer sind die Folgen des Erdbebens vor fünf Jahren nicht behoben.

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Protest gegen Präsdient Michel Martelly in Port-au-Prince (Foto: AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/Dieu Nalio Chery

Haitis Präsident Michel Martelly hat sich mit der Opposition auf längst überfällige Neuwahlen geeinigt und damit eine Verschärfung der politischen Krise in letzter Minute abgewendet. Kurz vor der Auflösung des Parlaments wurde in Port-au-Prince ein Abkommen vereinbart, das Neuwahlen bis Ende des Jahres vorsieht. Neben zwei Dritteln der Abgeordneten und Senatoren soll auch der Präsident neu gewählt werden. "Durch diese Einigung können wir die politische Situation im Land mit Sicherheit wieder normalisieren", sagte Martelly nach den Gesprächen mit den Oppositionsführern, unter denen auch der frühere Präsident René Préval war.

Der völlig verarmte Karibikstaat, der noch immer mit den Folgen des schweren Erdbebens von 2010 zu kämpfen hat, steckt seit langem in einer tiefen politischen Krise. Mit drei Jahren Verspätung sollte eigentlich Ende Oktober ein neues Parlament gewählt werden. Die Abstimmung wurde aber am Wahltag abgesagt. Am Montagmorgen wäre das Mandat des Parlaments endgültig ausgelaufen. Demonstranten, die seit Wochen Martellys Rücktritt fordern, warfen dem Präsidenten vor, danach per Dekret regieren zu wollen (Artikelbild). Vor dem Parlamentssitz in der Hauptstadt Port-au-Prince kam es am Sonntagabend zu Straßenschlachten mit der Polizei, wie haitianische Medien berichteten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Haiti Press Network wurde mindestens ein Mensch durch ein Gummigeschoss verletzt.

Haitis Präsident Michel Martelly (Foto: Getty)
Haitis Präsident Michel MartellyBild: J. Raedle/Getty Images

Das Abkommen zwischen Martelly und führenden Parlamentariern der Opposition sieht neben den Neuwahlen die Bildung einer neuen Einheitsregierung vor, die die "Bedingungen" für freie und faire Wahlen schaffen soll. Außerdem soll ein neuer Wahlrat geschaffen werden, in dem Vertreter von Kirchen, Gewerkschaften und von anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen sitzen sollen, aber keine Vertreter der Regierung und politischer Parteien.

Die Einigung erfolgte am Tag vor dem fünften Jahrestag des Erdbebens. Am 12. Januar 2010 hatte ein Erdbeben der Stärke 7 den Karibikstaat erschüttert. Rund 250.000 Menschen starben, 300.000 weitere wurden verletzt. Außerdem verloren 1,2 Millionen Haitianer ihr Dach über dem Kopf.

Leben in Zeltlagern

Die Folgen sind noch allerorten zu spüren. Der Wiederaufbau kommt nur stockend voran, rund 100.000 Menschen leben noch in Zeltlagern. Viel Geld sei in dunklen Kanälen verschwunden, kritisierte beispielsweise der Oppositionspolitiker Dieudonné Saincy. Rund 6,6 Milliarden Euro an Hilfe sagte die internationale Gemeinschaft nach dem Beben zu. Haitis Regierung wirft der Staatengemeinschaft indes vor, ihre Versprechen nicht eingehalten zu haben.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, bei den Hilfen für das verarmte Land nicht nachzulassen. In einer Erklärung betonte Ban die "realisierten Fortschritte" seit der Katastrophe und lobte das haitianische Volk für seine "Ausdauer" beim Wiederaufbau. Gleichwohl müsse die Welt ihre Unterstützung für Haiti fortsetzen. Ban erklärte, es gebe noch "viel Arbeit", um politische und institutionelle Stabilität sowie eine demokratische Regierungsführung in dem Land sicherzustellen.

Papst Franziskus hatte am Samstag den Hilfseinsatz der Kirche für die Opfer gelobt. Bistümer, karitative Organisationen und andere kirchliche Einrichtungen hätten sehr gut zusammengearbeitet. "Viel ist in dieser Zeit erreicht worden, um das Land aufzubauen. Aber verschweigen wir nicht, dass noch viel Arbeit zu tun bleibt", sagte Franziskus im Vatikan.

stu/wl (afp, ap, dpa, kna)