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China Pressezensur

Cui Mu11. Januar 2013

Zensur ist für Chinas Journalisten Alltag. Doch jetzt ist der Propagandachef der südchinesischen Provinz Guangdong offenbar einen Schritt zu weit gegangen. Nach Protesten mussten die Behörden einlenken.

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Protest vor der Redaktion der Nanfang Zhoumo in Guangzhou (Foto: dapd)
Bild: dapd

Der Umgang mit der Zensur gehört zum Arbeitsalltag chinesischer Redakteure. Was der Propagandachef der südchinesischen Provinz Guangdong aber Ende Dezember veranlasste, ging selbst den chinesischen Journalisten zu weit: Ohne Rücksprache mit den Autoren und Redakteuren waren wesentliche Teile der Neujahrsausgabe des renommierten Wochenblatts "Nanfang Zhoumo" ("Südliches Wochenende") umgeschrieben worden. Zum Teil sinnentstellend, zum Teil mit Fehlern behaftet.

Die Redakteure erkannten ihre Zeitung nicht mehr wieder. Diesmal schluckten sie ihren Ärger nicht herunter, sondern machten die Manipulation ihrer Artikel über soziale Netzwerke öffentlich. Es folgten mehrere offene Briefe von Journalisten und Intellektuellen. Darin wird Meinungsfreiheit gefordert und die Absetzung des erst seit Frühjahr 2012 amtierenden Propagandachefs von Guangdong, Tuo Zhen.

Anruf von oben

Am Montag (07.01.2013) versammelten sich rund tausend Demonstranten vor dem Redaktionsgebäude, um die Redakteure der Wochenzeitung zu unterstützen. Nach Medienberichten sind sie mittlerweile wieder an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt, nachdem am Dienstagabend (Ortszeit) eine Einigung erzielt wurde.

Menschenauflauf für Pressefreiheit im südchinesischen Guangzhou (Foto: Reuters)
Menschenauflauf für Pressefreiheit im südchinesischen GuangzhouBild: REUTERS

Der Kompromiss zwischen Redaktion und Behörden sieht nach Informationen der DW vor, dass sich Propagandabeamte künftig nicht mehr vor der Veröffentlichung der Wochenzeitung direkt in die redaktionelle Arbeit einmischen dürfen. Außerdem wird der Provinzpropagandachef Tuo Zhen in naher Zukunft seinen Posten räumen. Als Gegenleistung garantiert die Redaktion das pünktliche Erscheinen der nächsten Ausgabe am Donnerstag (10.01.2012).

Das "Südliche Wochenende" ist in China Vorreiter in Sachen investigativer Journalismus und hat einen Ruf als relativ unabhängige Zeitung. Alle Artikel für die Ausgabe vom 3. Januar 2013 waren bereits offiziell abgesegnet, doch Chefredakteur Huang Can erhielt kurz vor dem Druck der Zeitung von der Propagandabehörde der Provinz Guangdong einen Anruf. So heißt es jedenfalls in einem der offenen Briefe. Tenor des Anrufs: Die kritischen Stimmen in der kommenden Ausgabe sollten abgeschwächt werden. Besonders an dem Leitartikel wurde Anstoß genommen. Er enthielt den Aufruf, die in der chinesischen Verfassung festgeschriebenen Bürgerrechte in die Praxis umzusetzen. Tatsächlich aber erschien eine Lobeshymne auf das bereits in China Erreichte.

Der Journalist Cheng Yizhong war früher Chefredakteur der "Südlichen Stadtzeitung", des Schwesterblattes des "Südlichen Wochenendes." Cheng sagte der Deutschen Welle, das Propagandaamt lasse routinemäßig die Inhalte des "Südlichen Wochenendes" ändern. Die Journalisten seien das gewohnt. Aber diesmal sei ihre Geduld offenbar am Ende. Die groben inhaltlichen Fehler würden ihnen die Gelegenheit bieten, gegen den arroganten neuen Propagandachef Tuo Zhen vorzugehen.

Welche Richtung gilt?

Zusätzliche Brisanz erhalten die Proteste, weil der neue chinesische Parteichef Xi Jinping in seinen ersten Wochen im Amt Signale hinsichtlich weiterer Reformen aussandte. Eine Forderung: Mehr Offenheit und Transparenz. Ein Kommentar in der Parteizeitung "Renmin Ribao" (Volkszeitung) hatte unlängst die Beamten der Propagagandabehörden auf Provinzebene aufgefordert, mit den Entwicklungen der Zentrale Schritt zu halten. Die "Renmin Ribao" gelobte auch selbst mehr Offenheit. In chinesischen Mikroblogs wird nun kritisch diskutiert, wie glaubhaft die Ankündigungen der neuen Parteiführung seien - angesichts des Vorgehens der Zensoren in Guangdong.

Maske und Blumen als Symnole der Trauer um die Pressefreiheit (Foto: Reuters)
Symbole der "Trauer" um die Pressefreiheit in GuangzhouBild: Reuters

Im Internet wird das Thema heiß diskutiert. Zwar werden entsprechende Inhalte auf sozialen Netzwerken wie Weibo immer wieder gelöscht. Dennoch erscheinen ständig neue Informationen. Für den ehemaligen Redakteur der nun zensierten Wochenzeitung "Nanfang Zhoumo", Chang Ping, spielen die sozialen Netzwerke eine entscheidende Rolle. Informationen über das Tauziehen zwischen Redaktion und Propagandabehörden ließen sich jetzt nicht mehr geheim halten.