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Einsatz gegen Einsamkeit

Regina Mennig24. Dezember 2012

Wer Weihnachten nicht mit Familie oder Freunden feiert, den trifft die Einsamkeit besonders hart. Doch es gibt Feiern, die für alle offen sind.

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Ein mit Müll und gefunden Utensilien geschmückter Weihnachtsbaum steht am Sonntag (19.12.2010) neben dem Quartier von Obdachlosen unter einer Brücke in Hamburg. Obwohl es im Rahmen der Winter-Programme von Tagestreffs und der Bahnhofsmission Übernachtungsmöglichkeiten und Schlafplätze im Warmen gibt, verbringen einige Obdachlose die Winter-Monate im Freien. Foto: Malte Christians dpa/lno
Weihnachten ObdachloseBild: picture-alliance/dpa

Für Peter Kühweidler beginnt Heiligabend um 4 Uhr morgens in der Küche: bei den Vorbereitungen für Rindfleischsuppe, für Sauerbraten mit Kartoffelklößen und Schweinesteaks in Champignon-Soße - für 120 Gäste. Es ist nicht etwa eine riesige Verwandtschaft, die Kühweidler schon seit 16 Jahren zu Weihnachten bekocht. Es sind alte und alleinstehende Menschen, Arme und Obdachlose aus dem Städtchen Wesseling bei Köln. Hier im Rheinland betreibt Peter Kühweidler mit seiner Frau Angelika ein Restaurant. Wenn der Koch am späten Nachmittag des 24. Dezember die Schürze abstreift und in den Saal zu seinen Gästen tritt, dann ist für ihn Weihnachten.

Festmahl mit prominenten Kellnern

"Da leuchtet das Lametta, da leuchten die Weihnachtskugeln und da leuchten die Augen", sagt Kühweidler und fügt lachend hinzu: "Meine Frau kann diesen Satz schon fast nicht mehr hören. Aber diese Erfahrung zu machen, ist einfach immer wieder schön." Und sie ist auch immer wieder anders. Denn der Koch Kühweidler hat nicht nur Stammgäste, die jedes Jahr wieder kommen - sondern etwa auch Flüchtlinge, die neu dazu stoßen. Selbst Muslime kämen manchmal zu der Feier, deswegen gebe es nicht nur Schweinefleisch, sondern auch Rind.

Peter Kühweidler, ein Koch aus Wesseling, der jedes Jahr an Heilig Abend für 120 Menschen, die alleine sind, kocht. (Foto: privat)
Verbringt den 24. Dezember in der Küche: Peter KühweidlerBild: privat

Mit dem jährlichen Weihnachtsessen möchte Peter Kühweidler ein Stück Hilfe und Zuwendung zurückgeben, die er selbst als Halbwaise in seiner Heimat Österreich erfahren hat. Mit seinem Einsatz für Menschen, die das Weihnachtsfest ansonsten alleine verbringen würden, ist er in prominenter Gesellschaft. Legendär ist beispielsweise das riesige Festessen, das der deutsche Schlagersänger Frank Zander vor Weihnachten in einem noblen Berliner Hotel veranstaltet. Serviert haben das Festmahl in diesem Jahr bekannte Persönlichkeiten wie der Grünen-Parteichef Cem Özdemir oder der Boxer Graciano Rocchigiani - geladen waren rund 2.800 arme Menschen und Obdachlose.

Klaus (l) und Peter sitzen am 19.12.2012 in Berlin-Neukölln im Hotel Estrel beim traditionellen Weihnachtsessen für Obdachlose an einem Tisch. Seit 18 Jahren wird diese Feier von Frank Zander, dem Diakonischen Werk und dem Estrel Hotel ausgerichtet. (Foto: Britta Pedersen/dpa)
Zwei Gäste beim großen Weihnachtsfest des Schlagersängers Frank ZanderBild: picture-alliance/dpa

Auf der Suche nach Familienersatz

Wenn sich nach Ladenschluss am 24. Dezember die Hektik in den Städten legt und kaum noch Menschen unterwegs sind, mag besonders Obdachlosen ihre Einsamkeit bewusst werden. Doch das Gefühl des Alleinseins trifft an Weihnachten bei weitem nicht nur jene Menschen besonders hart, die auf der Straße leben, weiß Marita Hoff. Sie organisiert in diesem Jahr zum vierten Mal eine offene Weihnachtsfeier in der Gemeinde Horn bei Bremen. "Ich habe einmal erlebt, dass eine junge Studentin da war. Da kam raus, dass sie sich mit ihren Eltern nicht versteht, aber auch nicht alleine im Studentenwohnheim bleiben wollte."

Marita Hoff, die in der Gemeinde Horn bei Bremen Weihnachtsfeiern für Menschen, die einsam sind, mit organisiert.
Marita Hoff hat Weihnachten neu für sich entdecktBild: privat

Marita Hoff erzählt auch von einer alleinerziehenden Mutter mit ihrer Tochter, die sich etwas abseits setzte und die Feier nur beobachtete. Für die es offenbar nur darauf ankam, in einem Kreis von anderen Menschen zu sein. Deswegen will die 69-jährige Rentnerin Weihnachten jedes Jahr mit fremden Menschen verbringen - "weil einfach dieses Menschliche im Vordergrund steht und nicht der Konsum." Marita Hoffs Kinder sind längst aus dem Haus, ihr Mann engagiert sich an Weihnachten ebenso wie sie. Ihren Einsatz kommentiert sie deswegen so: "Ich habe für mich ein neues Weihnachten entdeckt!"