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Politik

Eklat vor Treffen der Visegrad-Staaten

18. Februar 2019

Nach strittigen Äußerungen von Israels Ministerpräsident Netanjahu über die Rolle Polens im Holocaust reagiert Warschau gereizt. Premier Morawiecki sagte seine Teilnahme am Visegrad-Treffen in Jerusalem kurzfristig ab.

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Polen Mateusz Morawiecki
Polens Regierungschef Mateusz MorawieckiBild: Reuters/J. Porzycki

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki lasse sich bei dem Gipfel-Treffen der Visegrad-Staaten in Jerusalem durch Außenminister Jacek Czaputowicz vertreten, teilte ein Regierungssprecher in Warschau polnischen Medien mit. Hintergrund sind offensichtlich die strittigen Äußerungen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über die mögliche Zusammenarbeit von Polen mit den nationalsozialistischen deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg.

Warschau weiterhin gereizt

Nach einem Bericht der Zeitung "Haaretz" aus Tel Aviv hatte Regierungschef Netanjahu bei seinem Besuch anlässlich des Nahostgipfels vergangene Woche in Warschau gesagt: "Die Polen haben mit den Nazis kollaboriert, und ich kenne niemanden, der für eine solche Feststellung jemals verklagt worden wäre." Die israelische Regierung ruderte zwar schnell zurück und erklärte, die Äußerung sei so nicht gefallen. Netanjahu habe nicht von "den Polen" als Nation, sondern von einzelnen Kollaborateuren gesprochen. Die Verstimmung  zwischen den Regierungen beider Länder konnte durch die nachträgliche Klarstellung aber offenbar nicht ausgeräumt werden.

Polen Morawiecki und Netanjahu
Morawiecki und Netanjahu am 14. Februar bei der Nahostkonferenz in WarschauBild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Seit knapp einem Jahr gilt in Polen ein neues Gesetz, das es unter Geldstrafe stellt, der polnischen Nation eine Verantwortung für vom nationalsozialistischen Deutschland begangene Verbrechen zuzuschreiben. Netanjahus Äußerung könnte daher auch als Kritik an diesem Gesetz verstanden werden. Mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 hatte der Zweite Weltkrieg begonnen.

Premiere vermasselt?

Zu den Visegrad-Staaten gehören neben Polen auch Tschechien, Ungarn und die Slowakei. Erstmals trifft sich an diesem Montag und Dienstag die Gruppe außerhalb Europas in Jerusalem mit Regierungsvertretern Israels. Netanjahu setzt traditionell auf ein enges Verhältnis zu den vier osteuropäischen Staaten. Doch das Treffen dürfte von dem Eklat überschattet werden.

Die Visegrad-Gruppe wurde 1991 gegründet. Ziel des Zusammenschlusses war zunächst der EU-Betritt, der für alle vier Staaten 2004 erreicht war. Zuletzt traten die Visegrad-Staaten vornehmlich als Kritiker der EU-Flüchtlingspolitik in Erscheinung.

qu/fab (dpa, afp, rtr, ape)