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Warten auf die Zahlen

Katrin Gänsler27. Oktober 2015

Es ist paradox: Obwohl in der Elfenbeinküste fast jeder von einem Wahlsieg des Amtsinhabers ausgeht, ist das Interesse an den Zahlen groß. Sie sagen viel über den Rückhalt aus, den Alassane Ouattara im Volk noch hat.

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Alassane Ouattara (Foto: Katrin Gänsler)
Kann mit Wahlsieg rechnen: Alassane OuattaraBild: DW/K. Gänsler

"Und, gibt es schon Ergebnisse?" Das ist seit Sonntagabend die wohl am häufigsten gestellte Frage in der Elfenbeinküste. Jeder will wissen, wie die Präsidentschaftswahl ausgegangen ist. Dabei ist die Tendenz weiterhin eindeutig: Amtsinhaber Alassane Ouattara dürfte mit großer Mehrheit gewonnen haben, was zwei Gründe hat: Teile der Opposition hatten bereits im August zum Boykott aufgerufen. Die verbliebenen Parteien konnten sich anschließend nicht auf einen Kandidaten einigen. Am Sonntag traten außer ihm gerade einmal noch sechs weitere Bewerber an.

Immerhin ist eine Zahl mittlerweile einigermaßen offiziell. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent, was nun viele Präsidenten-Kritiker auf den Plan ruft. Sie halten die Zahl für geschönt, denn ihrer Ansicht nach blieben viele Wahllokale am Sonntag mehr oder weniger leer. Olusegun Obasanjo, Nigerias ehemaliger Präsident und Chef der Wahlbeobachtermission der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, versucht jedoch den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Was ich gesehen habe, dürfte zwischen 40 bis 45 Prozent Beteiligung gelegen haben. Aber all jene, die in anderen Gegenden unterwegs waren, können ganz andere Beobachtungen gemacht haben."

Wahllokal in Abidjan (Foto: Katrin Gänsler)
Stimmabgabe in geordneten Bahnen: Wahllokal in AbidjanBild: DW/K. Gänsler

Lieber gar nicht erst wählen gehen

Trotzdem dürfte die Zahl der Nichtwähler hoch gewesen sein. In der Elfenbeinküste leben rund 23 Millionen Menschen, von denen sich im Vorfeld nur 6,3 Millionen in die Wählerlisten eingetragen hatten. Doch längst nicht alle holten anschließend auch ihre Wahlkarten ab. Oppositionspolitiker sprachen deshalb schon vor dem Wahltag von einer Farce und warfen Amtsinhaber Ouattara vor, schon lange nicht mehr über genügend Rückhalt in der Bevölkerung zu verfügen.

Zu den Nichtwählern gehört auch Mariame, die 50 Jahre alt ist und vier Kinder hat. Aufgrund der Unruhen nach den Wahlen im Jahr 2010 möchte sie ihren richtigen Namen lieber nicht nennen. Und auf die Frage, ob sie im Wahllokal war, schnaubt sie fast verächtlich: "Ich bin ganz ruhig zu Hause geblieben. Ich habe gegessen und mich hingelegt." Genau das habe sie auch ihren Kindern geraten.

Zu viele Erinnerungen an die Schicksalswahl von 2010

Dabei hat die magere Frau durchaus Interesse an Politik. Doch ihr Kandidat von 2010 ist nicht mehr da. Denn damals hat sie dem einstigen Präsidenten Laurent Gbagbo ihre Stimme gegeben. "Als ich von seinen Vorschlägen gehört habe, fand ich: Das hilft dem Land. Er hat eine Vision für die Jugend hier. Und sogar für ganz Afrika". Dazu steht sie heute noch, obwohlsich Gbagbo ab dem 10. November wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten muss.

Der heute 70-Jährige verlor 2010 die Stichwahl gegen Ouattara. Als er seine Niederlage nicht eingestehen wollte, kam es zu monatelangen Ausschreitungen. Mehr als 3000 Menschen starben. Deshalb herrscht im Moment auch Erleichterung in der Elfenbeinküste. Denn blutig ist die jüngste Wahl nicht verlaufen, worüber auch Ibrahim Koné froh ist. Er ist Imam und Präsident von POECI, einem Zusammenschluss von 14 nichtstaatlichen Organisationen, der 755 Wahlbeobachter ausgebildet hat.

Wahlbeobachter von POECI (Foto: Katrin Gänsler)
Sind erleichtert: Wahlbeobachter von POECIBild: DW/K. Gänsler

Wahlbeobachter ziehen positives Fazit

"Der Wahltag war sehr ruhig. Die Stimmung war nicht aufgeheizt, und es hat keine Krawalle in den Wahllokalen gegeben", lautet Fazit der nichtstaatlichen Wahlbeobachter. Ähnlich bewertet es Chefwahlbeobachter Obasanjo. Besonders positiv für das ehemalige Staatsoberhaupt ist dabei: Keine Region ist negativ aufgefallen - auch der Westen des Landes nicht. In der Gegend, in der einst besonders viele Anhänger des ehemaligen Präsidenten Gbagbo lebten, hieß es vor Sonntag häufig: Besonders viele Menschen wollen den Urnengang boykottieren. Doch das war nicht der Fall: "Wie überall im Land haben auch dort die Wahlen stattgefunden. Sie waren friedlich, frei und akzeptabel."