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EM-Sicherheit: Frankreich gibt alles

Charles Duguid Penfold8. Juni 2016

Wer an die Euro 2016 in Frankreich denkt, hat immer auch das Thema Terrorgefahr im Kopf. Die französischen Behörden tun alles, um Fans und Spieler zu beschützen. Es gibt sogar eine Attentat-Alarm-App.

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Zwei französische Polizisten stehen mit dem Rücken zur Kamera vor dem Eiffelturm. Foto: DPA
Bild: picture-alliance/dpa/G. Horcajuelo

Auch sechs Monate nach den koordinierten Terroranschlägen von Paris, bei denen 130 Menschen ums Leben kamen, bleibt Frankreich in einem Ausnahmezustand. Am 10. Juni beginnt die Europameisterschaft, bei der 24 Mannschaften teilnehmen. Der französiche Innenminister Bernard Cazeneuve hat vor kurzem Zahlen zu den Sicherheitsmaßnahmen bekanntgegeben, aus denen hervorgeht, dass die Regierung beim Thema Sicherheit nichts dem Zufall überlassen will. So werden insgesamt 90.000 Polizisten, Soldaten und private Wachleute bei der EM im Einsatz sein.

Um die Europameisterschaft zu schützen, würden alle Kräfte des Staates, der Organisatoren und der Austragungsorte mobilisiert, sagte Cazeneuve und versicherte, dass die Sicherheitskräfte ihre Hausaufgaben gemacht hätten. Es habe Dutzende von Übungen für jede Art möglicher Angriffen gegeben. Das französische Pokalfinale zeichnete jedoch ein anderen Bild: Nur ein paar Tage vor Cazeneuves Ankündigung lief hier einiges falsch. So konnten Leute mit Kunststoffstäben, zerbrochenen Flaschen und Rauchbomben ins Stadion gelangen.

Kommunikationsprobleme

Elie Tenenbaum, Terrorismus-Rxperte des französischen Instituts für internationale Beziehungen (IFRI), sagte der Deutschen Welle, das Pokalfinale habe als Test für die Sicherheitsmaßnahmen bei der EM gedient. Das größte Problem sei die Kommunikation zwischen den verschiedenen Sicherheitsdiensten gewesen. "Es gibt viele verschiedene Akteure, die für die Sicherheit zuständig sind. Wenn die miteinander kommunizieren und ihre Aktionen koordinieren können, sind sie effizient. Wenn sie es jedoch nicht sind, zum Beispiel aus bürokratischen, politischen oder anderen Gründen, dann wird es schief gehen," warnt Tenenbaum.

Alarm-App

In einem Interview des Sportmagazins "L'Equipe" versuchte Innenminister Cazeneuve, die Probleme herunterzuspielen. Es gebe erhebliche Unterschiede zwischen einem nationalen Pokalfinale und einer Europameisterschaft, sagte Cazeneuve: "Es waren weder die gleichen Zuschauer noch die gleichen Organisatoren und auch nicht die gleichen Sicherheitsleute." Die Regierung bietet seit diesem Mittwoch auch eine App mit dem Namen "Alerte attentat" (Attentat-Alarm) in französischer und englischer Sprache an. Per GPS-Ortung auf dem Handy soll die App über mögliche Gefahren in der direkten Umgebung informieren.

Drohnenverbot über den Stadien

Während des Turniers wird es mehrere Sicherheitszonen rund um die zehn EM-Stadien geben. Die Zuschauer mehr als einmal kontrolliert, bevor sie die Stadien betreten. Darüber hinaus gibt es über den Spiel- und Trainingsstätten eine Flugverbotszone. Der Sicherheitschef des EM-Organisations-Komitees, Ziad Khoury, sagte, herumfliegende Drohnen würden abgefangen. Man plane nicht, sie abzuschießen, werde aber versuchen, sie unter Kontrolle zu bringen, sobald man Drohnen in der Nähe der Spielstätten entdecke.

Tausende französische Fußball-Fans stehen zusammen und schwenken die Nationalflagge. Foto: REUTERS
Das Public-Viewing bereitet den französischen Behörden die größten Sorgen.Bild: Reuters

Die größte Sorge bereiten den Behörden jedoch die Fanzonen im ganzen Land, in denen die Fußballfans im Freien auf großen Bildschirmen die Spiele verfolgen. Etwa acht Millionen Menschen werden voraussichtlich wegen der EM nach Frankreich reisen. Doch nur 2,5 Millionen von ihnen haben Tickets für die Spiele. Dementsprechend groß wird der Andrang beim PublicViewing sein. Aufgrund von Sicherheitsbedenken wurden Stimmen laut, die Fanzonen zu verbieten. Doch Innenminister Cazeneuve steht zu seiner Entscheidung, sie zuzulassen. Er verwies darauf, dass es auch beim Public Viewing strenge Sicherheitskontrollen geben werde.

Terrorismus-Experte Tenenbaum stuft die Public-Viewing-Veranstaltungen als besonders gefährdet ein. Andererseits würdem dort Zehntausende von Soldaten zum Schutz eingesetzt. Angesprochen auf die Art der Angriffe, auf die sich die französischen Behörden vorbereiten, sagte Tenenbaum, das reiche vom "einsamen Wolf", also einem Einzeltäter, bis hin zu gut geplanten und koordinierten Anschlägen wie im vergangenen November in Paris.

Laufende Bedrohung

Die EM sei für Terroristen natürlich ein attraktives Ziel, glaubt Tenenbaum wertet es jedoch als ein gutes Zeichen, dass derzeit kein Sicherheitsdienst eine konkrete Gefahr für einen Anschlag während des Turniers sieht. "Ich würde sagen, der Besucher ist bei der EM nicht mehr durch den Terrorismus bedroht, als bei jeder anderen Reise nach Frankreich." Zum Zeitpunkt dieser Aussage wusste Tenenbaum offenbar noch nichts von der Festnahme eines Franzosen in der Ukraine. Der schwer bewaffnete Mann soll Anschläge auf Muslime und Juden während der Fußball-EM geplant haben. Das britische Außenministerium warnte Reisende vor einer hohen Bedrohung durch terroristische Anschläge, verzichtete jedoch auf eine allgemeine Reisewarnung.