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Empörung über Israels Treueschwur

11. Oktober 2010

Die israelische Regierung hat beschlossen, dass Nicht-Juden vor einer Einbürgerung dem "jüdischen und demokratischen Staat Israel" die Treue schwören müssen. Der Treueschwur hat bei vielen für Empörung gesorgt.

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Porträt von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor einer israelischen Flagge (Foto: dpa)
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wird für den Treueschwur kritisiertBild: picture alliance / dpa

Am Sonntag (10.10.2010) hat die israelische Regierung der Einführung eines umstrittenen Treueschwurs zugestimmt. Demnach müssten Nicht-Juden künftig vor einer Einbürgerung dem "jüdischen und demokratischen Staat Israel" die Treue schwören. 22 von 30 Ministern der Regierung stimmten für den Gesetzentwurf. Fünf der Gegenstimmen kamen von den Ministern der sozialdemokratischen Arbeitspartei, darunter auch Verteidigungsminister Ehud Barak. Zudem stimmten drei Minister der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gegen das Gesetz. Bevor es in Kraft treten kann, muss es noch vom Parlament beschlossen werden.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erläuterte: "All jene, die israelische Staatsbürger werden möchten, müssen erklären, dass sie treue Bürger des Staates Israels als jüdischem und demokratischem Staat sein werden." Die Definition Israels als jüdischer und demokratischer Staat sei die "Quintessenz der zionistischen Vision", so Netanjahu. Die Kombination beider Werte sei "die Basis unserer Existenz, und wer sich uns anschließen will, muss dies anerkennen." Netanjahu verteidigte den Treueschwur gegen Kritik: "Niemand hat das Recht, uns über Demokratie und Aufgeklärtheit zu belehren. Es gibt keine andere Demokratie im Nahen Osten und keinen anderen jüdischen Staat auf der Welt."

Kritik von israelischen Politikern

Israels Außenminister Avigdor Lieberman steht draußen vor einer israelischen Flagge (Foto: ap)
Kuh-Handel mit Außenminister Avigdor Lieberman?Bild: AP

In Israel ist der Treueschwur umstritten. So vernahm Jizchek Herzog, einer der Minister der Arbeiterpartei, "den Geruch des Faschismus" in dem Schwur. Er sieht ihn als Teil einer besorgniserregenden Entwicklung der vergangenen Jahre an. "Das Gesamtbild ist sehr beunruhigend und bedroht den demokratischen Charakter des Staates Israel", zeigte sich Herzog besorgt. Avischai Braverman, der für die Minderheiten zuständige Minister der Arbeiterpartei, sah in der Einführung des Treueschwurs als einzigen Grund, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu damit seinem rechts-konservativen Koalitionspartner um Außenminister Avigdor Lieberman entgegenkommen wolle. "Es ist ein schrecklicher Fehler", so Bravermann. Der Treueschwur sei rassistisch und schade dem internationalen Ansehen Israels. Es gab auch Spekulationen, dass der Treueschwur Teil eines politischen Kuh-Handels sein könnte, in dem Lieberman im Gegenzug einem erneuten Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland zustimmen könnte.

Kritik von arabischer Seite

Aufnahme des Israelischen Parlaments (Foto: ap)
Das Israelische Parlament hat das letzte Wort bei dem GesetzBild: AP

"Israel wird von einem rassistischen zu einem faschistischen Staat", schrieb die libanesische Zeitung "Al-Safir" am Montag (11.10.2010). In einem Kommentar der jordanischen Zeitung "Al-Dustur" wurde der Vorschlag gemacht, den Namen des Landes zu ändern in "Jüdische Republik Israel." Die Zeitung "Khaleej Times" aus Abu Dhabi vermutete, dass Israel durch das Gesetz die Palästinenser zwingen wolle, "alle ihre Rechte auf das Land aufzugeben, das seit Tausenden von Jahren ihre Heimat ist". Die arabische Minderheit in Israel kritisierte den Gesetzentwurf als "rassistisch".

Auswirkungen des Treueschwurs

Rund 20 Prozent der 7,6 Millionen israelischen Staatsbürger gehören der arabischen Minderheit an. Für sie hat der Treueschwur keine direkten Auswirkungen. Er könnte allerdings dazu führen, dass Palästinenser und andere Ausländer nach einer Hochzeit mit israelischen Staatsbürgern es nicht mehr anstreben könnten, die israelische Staatsbürgerschaft anzunehmen.

Der Treueschwur könnte noch ausgeweitet werden. So hatte sich Justizminister Jaakov Neeman während der Kabinettssitzuing dafür ausgesprochen, den Treueschwur künftig auch von jüdischen Neueinwanderern zu fordern. Ein Minsterausschuss soll sich nun mit diesem Vorschlag befassen. Nach israelischem Gesetz können Juden aus aller Welt nach Israel einwandern.

Autor: Marco Müller (dpa, rtr, afp, ap)
Redaktion: Diana Hodali