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Olympia ohne Pressefreiheit

3. August 2008

Wegen der Internet-Zensur wächst vor den Olympischen Spielen in Peking der Druck auf die Organisatoren. Medienvertreter, Menschenrechtsorganisationen und Politiker übten scharfe Kritik am "Wortbruch" des IOC.

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Soldaten stehen am Samstag vor einer Kostümprobe für die Eröffnungsfeier der Spiele , Quelle: dpa
Soldaten stehen am Samstag vor einer Kostümprobe für die Eröffnungsfeier der SpieleBild: picture-alliance/ dpa
Im Pressezentrum gibt es nur begrenzten Internet-Zugang, Quelle: AP
Im Pressezentrum gibt es nur begrenzten Internet-ZugangBild: AP

Die Debatte um Meinungsfreiheit und Menschenrechte in China wirft Schatten auf die bevorstehenden Olympischen Spiele in Peking. Herausgeber und Chefredakteure deutscher Medien, Menschenrechts-Organisationen und Politiker protestierten gegen die eingeschränkten Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (03.07.2008) äußerten sich Vertreter führender deutscher Medien empört über die Behinderungen der journalistischen Arbeit. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender bezeichnete China als "System mit diktatorischen Auswüchsen". Die Organisatoren hätten die Zusage nicht eingehalten, den ausländischen Journalisten die Arbeitsmöglichkeiten zu geben, die sie in anderen Ländern mit Pressefreiheit auch haben.

"Schlag gegen die Pressefreiheit"

Der stellvertretende Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung", Wolfgang Krach, sagte, es sei skandalös, dass die Regierung in Peking ihre feste Zusage gebrochen habe, vor und während der Olympischen Spiele uneingeschränkte Pressefreiheit zu gewähren. Der Vorsitzende des Herausgebergremiums der FAZ, Berthold Kohler, kritisierte den mangelnden Zugang zu aktuellen internationalen Zeitungen, da diese erst von den Behörden gesichtet würden. "Diese Zensur ist ein Schlag gegen die Pressefreiheit", sagte Kohler.

IOC-Präsident Jacques Rogge, Quelle: AP
IOC-Präsident Jacques RoggeBild: AP

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte den Rücktritt von Jacques Rogge. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sei vor der Willkür der chinesischen Behörden "eingeknickt", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Rogge hat mit seinem katastrophalen Krisenmanagement und widersprüchlicher Informationspolitik der olympischen Idee und der Achtung der Menschenrechte in China schweren Schaden zugefügt", meinte Delius. Dies sei eine nicht hinnehmbare bedingungslose Anbiederung an Chinas Führung. Die Internetseite der GfbV gehört zu den gesperrten Seiten in China.

"Tibet nicht vergessen"

Die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", in den sieben Jahren seit Vergabe der Spiele an Peking hätte das IOC viel früher nachfragen müssen, ob Peking seine Versprechen einer Verbesserung der Menschenrechtslage einhalte.

Wolfgang Schäuble (l.) und Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (r.), Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble (l.) und Aussenminister Frank-Walter Steinmeier (r.)Bild: AP

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, rief die Olympia-Sportler in der "Bild am Sonntag" auf, gegen Menschenrechtsverletzungen in Tibet zu protestieren. Pöttering forderte die Olympia-Sportler auf, in Peking "genau hin- und nicht wegzusehen. Jeder kann auf seine Weise ein Zeichen setzen." Der CDU-Politiker bezeichnete es in der "BamS" als "Pflicht, jetzt das tibetische Volk, das sein kulturelles Überleben verteidigt, nicht zu vergessen".

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderten die chinesische Regierung auf, ihre im Vorfeld der Spiele gegebenen Versprechen zur Pressefreiheit einzuhalten. Steinmeier sagte der FAS, er habe seinen chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi gebeten sicherzustellen, dass allen Journalisten gute Arbeitsmöglichkeiten gewährt werden. Yang habe ihm das auch zugesagt. Schäuble zeigte sich in der "FAS" überzeugt, dass sich China durch die Olympischen Spiele öffnen werde. Zugleich forderte er Peking auf, Journalisten nicht bei ihrer Arbeit zu behindern.

Düstere Wolken über Peking

Generalprobe für die Eröffnungsfeier im Vogelnest-Stadion am Samstag, Quelle: AP
Generalprobe für die Eröffnungsfeier im Vogelnest-Stadion am SamstagBild: AP

IOC-Präsident Jacques Rogge war am Samstag von seinem Versprechen eines "freien" Internet-Zugangs in Peking abgerückt. Stattdessen bekommen die 25.000 Journalisten nur "größtmöglichen" Zugang - soweit ihn China zulässt. Auf seiner ersten Pressekonferenz in Peking lehnte es Rogge ab, sich für eine Irreführung der Medien zu entschuldigen. "Ich entschuldige mich nicht für etwas, wofür wir nicht verantwortlich sind", sagte Rogge. "Die Chinesen betreiben das Internet." Die Frage, was ein akzeptabler, "größtmöglicher" Internet-Zugang sei, ließ Rogge unbeantwortet. Die chinesischen Behörden hatten die Internetzensur am Freitag leicht gelockert. Unter anderem wurden die Seiten von Reporter ohne Grenzen, der britischen Rundfunkanstalt BBC und der Deutschen Welle wieder freigeschaltet. Andere Seiten wie die von chinesischen Dissidenten und der tibetischen Exilregierung blieben weiter gesperrt.

Den Organisatoren der Spiele machten unterdessen Vorhersagen Sorgen, bei der Eröffnungsfeier am Freitag könne es schlechtes Wetter geben. Das Pekinger Wetteramt prognostizierte für den Tag Regen und Gewitter. (stu)

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