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Ende einer Schonfrist

Bernd Gräßler24. Februar 2006

Wann sind 100 Tage vorüber? Genau: nach einhundert mal vierundzwanzig Stunden. Das kann eine lange, nervende Zeit sein. Nicht nur für Kinder in der Weihnachtszeit. Auch für Politiker und Journalisten.

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Politik und Medien können ihre Vorfreude auf den Ablauf der Schonfrist für eine Regierung kaum zügeln. Das ZDF lockte Kanzlerin Merkel Mitte Februar mit der Ankündigung ins Studio, ihre ersten 100 Amtstage seien bald um. Da waren's allerdings erst 87. Worauf die Interviewte übrigens während der Befragung dezent hinwies. Es nützte nichts. Die Deutsche Presse-Agentur berichtete, Angela Merkel habe bei den Fernsehkollegen eine positive Bilanz ihrer ersten 100 Tage gezogen.

Jetzt gab es in den Redaktionen kein Halten mehr, auf den Tastaturen liefen die Ziffern 1 und die 0 heiß. Schon am nächsten Tag befanden Kommentatoren, Merkels 100-Tage-Schonzeit sei abgelaufen, die CSU-Landesgruppe im Bundestag pries am gleichen Tag die Bilanz von Schwarz-Rot als sehenswert und der Bund für Umwelt und Naturschutz rügte, Verkehrsminister Tiefensee sei immer noch auf Profilsuche - und das nach hundert Tagen Amtszeit. Da waren's erst 88 ....

Mancher rechnete auch einfach falsch. Die Agentur AP sah Merkel schon am 23. Februar an der Hundertermarke angekommen, eine Woche zu früh. Doch die Politiker hatten Erbarmen mit den Journalisten: Noch vor dem irrtümlich um eine Woche vorverlegten Termin präsentierten die Fraktionschefs von Union und SPD im Bundestag ihre stolze Hunderttage- Bilanz.

Angela Merkel ließ sich vom Hunderttage-Fieber übrigens ziemlich spät anstecken. Sie verkündete erst am 24. Februar, sie sehe den nächsten hundert Tagen freudig entgegen, weil die ersten hundert so schön waren. Da fehlten noch fünf - aber so pingelig sollten wir nicht sein.