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Endstation Wildnis

25. August 2010

Obwohl dies nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen verboten ist, werden viele Primaten als Haustiere gehalten. Wenn die Affen in Chile von Zoll oder Tierschützern beschlagnahmt werden, landen sie oft bei Elba Muñoz.

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Affe im Affenzentrum (Foto: Patricio Luna)
Bild: Patricio Luna

Fütterungszeit im verträumten Weindorf Peñaflor außerhalb von Chiles Sechs-Millionen-Hauptstadt Santiago. Auf dem Menü stehen Mangos, Bananen, Obst und Gemüse.

Vor 15 Jahren hat Elba Muñoz, von Beruf Hebamme, das Primatenrettungszentrum in Peñaflor gegründet und pflegt inzwischen 150 Affen aus zehn verschiedenen Gattungen. "Die Tiere sind hier, um sich zu erholen. Sie bewegen sich über Durchgänge, wohin sie wollen", erklärt die 58-jährige Chilenin. Die geschützte Freiheit im Affenzentrum soll die Tiere auf die Wiederauswilderung vorbereiten.

Bedroht durch Rodung und Schmuggel

Affengehege (Foto: Patricio Luna)
Das Affengehege in Peñaflor, in der Nähe der chilenischen Hauptstadt SantiagoBild: Patricio Luna

Etwa 20 Spezies von "Neuweltaffen" gibt es – Affen, deren Zuhause der amerikanische Kontinent ist. Ihr natürlicher Lebensraum sind die Regenwälder in den tropischen Ländern Südamerikas wie Peru oder Bolivien. Durch Abholzung und Bergbau werden die Affen immer weiter zurückgedrängt. Viele werden gefangen und auf dem illegalen Markt verkauft. Manche gelangen dann unter den abenteuerlichsten Umständen in das 3000 Kilometer weiter südliche Chile, mit einem gemäßigten Klima, wo die Tiere gar nicht hingehören. Die Tiere, die ins Land geschmuggelt und von Grenzern beschlagnahmt wurden, landen dann oft bei Elba Muñoz in ihrem Primatenrettungszentrum.

Auswilderung: Machbar und erfolgreich

Futterausgabe (Foto: Patricio Luna)
Futterausgabe im Affengehege. Elba und Ximena Muñoz stellen das Menü zusammenBild: Patricio Luna

Zu den Gründsätzen des Zentrums zählt, dass die Tiere wieder ausgewildert werden, sobald sie physisch und psychisch wieder gesund sind. Bei kranken oder von Menschen besonders malträtierten Tieren wird die Rehabilitationsstätte zur Dauerbleibe. Gesunde Tiere lassen sich in der Regel auswildern, wobei die Haltung im Primatenzentrum eine entscheidende Rolle spielt, erklärt Elba Muñoz: "Wir halten die Tiere in Herden. Die Gehege müssen miteinander verbunden und die Tiere müssen sich frei bewegen können. Das wird der natürlich aggressiven Haltung von Affen gegenüber seinen Artgenossen gerecht."

Unter den Tieren im Primatenzentrum in Peñaflor sind auch die für Südamerika typischen Kapuzineraffen. Sie gehören zu den beliebtesten Haustieren und zu denen, die am meisten unter Gefangenschaft leiden. Sie vermehren sich gar nicht oder nur sehr schwer in Gefangenschaft. "Sie sind sehr empfindlich bis anspruchsvoll. Obwohl sie sich äußerst selten in Gefangenschaft paaren, haben sich bei uns schon welche vermehrt. Und genau das möchten wir auch: Dass sich die Affen vermehren und Herden bilden."

Schimpanse von Chile nach Afrika ausgewildert

Warnschild (Foto: Patricio Luna)
Vorsicht, Affen! Das Schild dient nicht nur dem Schutz der Menschen, sondern vor allem dem der PrimatenBild: Patricio Luna

Ein ausgewilderter Schimpanse – "Toto", der ein elendes Dasein in einem Zirkus in Chile führte – war der erste Auswilderungserfolg des Zentrums. Er lebt heute in einem Wildpark in Afrika. Mittlerweile kann das private Affenzentrum in Peñaflor gute Erfolge bei der Auswilderung der meisten Arten vorzeigen. Wichtig dafür ist, dass das ausgeprägte Sozialverhalten der Primaten auch im Tierheim gefördert wird, sagt der Primatenexperte Diego Tirira: "Affen – wie auch wir Menschen – sind überall vor allem Gemeinschaftswesen. Das Territorium ist sehr wichtig für sie. Deshalb ist es entscheidend, eine kleine Herde – ein Männchen und ein Weibchen – gemeinsam auszuwildern, so dass sie die Möglichkeit haben, für sich ein Territorium zu definieren. Wichtig ist auch, dass man das neue Gebiet gut kennt, damit eine Gattung nicht eine andere vertreibt."

Vor der Auswilderung jedoch müssen die Tiere erst noch in Quarantäne, damit sie keine Krankheiten auf Artgenossen übertragen, die es in derem natürlichen Umfeld nicht gibt – wie zum Beispiel Hepatitis oder Tuberkulose. Doch auch dafür hat die Affen-Rehabilitationsstätte gesorgt, erklärt Elba Muñoz' Tochter Ximena: "Wir haben einen Container als Quarantänestation eingerichtet. Vor der Auswilderung kommen die Tiere erst eine Zeit lang dorthin."

Arterhaltung durch Auswilderung

Freigehege (Foto: Patricio Luna)
Letzte Station vor der Auswilderung: das Freigehege in PeñaflorBild: Patricio Luna

Die für Lateinamerika typischen Primaten - Kapuziner-, Spinnen- und Brüllaffen - sind die häufigsten Gäste im Zentrum von Elba Muñoz. Ziel bei der Wiederauswilderung ist nicht nur, dass die Tiere in der Natur überlebensfähig sind, sondern auch, dass sie sich vermehren und zur Arterhaltung beitragen. Deswegen, so Primatenexperte Diego Tirira, ist eine schrittweise Auswilderung entscheidend für den Erfolg: "Ideal ist als erster Schritt eine Auswilderung in eine Art 'überwachte Freiheit'. In einem zweiten Schritt nimmt man das Futter zurück, damit die Affen selbst nach Futter suchen müssen. Und im dritten Schritt erfolgt dann die Entlassung in die Freiheit."

Der hohe Aufwand, die hohen Kosten und auch die große Entfernung Chiles vom normalen Lebensraum der Affen setzt der Auswilderung allerdings Grenzen. Für Elba Muñoz jedoch kein Grund aufzugeben: Für jeden Platz in ihrem "Primaten-Heim" gibt es eine Warteliste mit bis zu 40 neuen Affen.

Autor: Patricio Luna
Redaktion: Helle Jeppesen, Oliver Pieper