1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Energiespar-Aktionstag mit Tücken

Marvin Oppong8. Dezember 2007

Wenn am Samstag für fünf Minuten die Lichter ausgehen, besteht die Gefahr, dass das Leitungsnetz wegen Überlastung zusammenbricht.

https://p.dw.com/p/CYhK
Stecker und Steckdose, 21.8.2006, Quelle: AP Photo/Michael Probst
Der Stromverbrauch ist seit 1990 um elf Prozent gestiegenBild: AP

Mit Protesten, Demonstrationen und einer internationalen "Licht-aus-Aktion" wollen zehntausende Menschen in vielen Ländern den Weltklimaschutztag begehen. Um 20 Uhr soll für fünf Minuten in Deutschland, Österreich und der Schweiz das Licht ausgehen in Privatwohnungen, Firmenzentralen und an weltberühmten Bauwerken wie dem Kölner Dom oder dem Brandenburger Tor. Greenpeace, Naturschutzbund (NABU) und World Wide Fund For Nature (WWF) hatten, unterstützt von "Bild"-Zeitung, Google und ProSieben zu dem Aktionstag in Deutschland aufgerufen. Zentrale Kundgebungen sind in Berlin und Neurath bei Düsseldorf geplant. In Großbritannien, Norwegen, Kanada und weiteren Ländern sollen größere Aktionen stattfinden.

Gutes Zeichen, aber nicht ausreichend

CN Tower in Toronto, 28.6.2007, Quelle: AP PHOTO/Nathan Denette/CP
Der CN Tower in Toronto mit LED-LichtBild: AP

Kritiker aus der Umwelt- und Anti-Atom-Bewegung halten der Aktion deshalb entgegen, sie sei zwar ein gutes Zeichen, reiche aber nicht aus. Um das Weltklima wirklich noch zu retten, müsse der Ausstoß an Treibhausgasen dauerhaft gesenkt werden. Sie fordern Druck auf die Verantwortlichen in der Politik. "Die Befürchtung ist, dass morgen die Bildzeitung mit ihrer Aktion mehr Schlagzeilen macht als alles andere was zum Klimaschutz beiträgt", so Dietmar Oeliger vom Naturschutzbund (NABU). Zusammen mit "attac", Robin Wood, der Grünen Liga und weiteren Organisationen hat seine Organisation daher eine Gegenkampagne unter dem Motto: "Licht an, aber richtig!" gestartet.

Autokonzerne unterstützen Kampagne

Oeliger rät zudem: "Jeder kann viel mehr machen, indem er in diesen fünf Minuten etwas tut, das er schon immer vorhatte, zum Beispiel zu einem Ökostrom-Anbieter zu wechseln, die alten Stromfressbirnen heraus- und Energiesparlampen hineinzuschrauben oder Angela Merkel einen Brief zu schreiben." Allein der Einsatz von Energiesparlampen spare bei zehn ersetzten 100-Watt-Birnen jedes Jahr 335 Kilogramm Kohlendioxid-Emissionen und senke die Stromrechnung um mehr als 50 Euro. Kritisch sieht das Bündnis zudem einige Unterstützer der "Licht aus"-Kampagne. Dazu gehören auch BMW, Mercedes-Benz und Porsche. Autokonzernen sei ein wirklicher Einsatz für die Umwelt nur schwer zu glauben.

Stand-by-Schaltungen vermeiden

Besucher laufen auf der Hannover Messe in Hannover auf dem illuminierten Messestand des Energiekonzerns EnBWs, 17.4.2007, Quelle: AP Photo/Jens Meyer
Illuminierter Stand der EnBW auf der Hannover MesseBild: AP

Es gibt noch zahlreiche andere Wege zum Einsparen von Strom: Vermeidung von Stand-by-Schaltungen bei Elektrogeräten, moderne Heizungspumpen oder hocheffiziente Elektromotoren in der Industrie. Marian Rappl, Sprecher der RWE Transportnetz Strom, warnt vor einem riesigen Stromausfall durch ein Überangebot an Strom: "Wir können nur darauf hinweisen, dass, wenn eine bestimmte Anzahl Menschen mitmacht und die vorhandene Strommenge zu groß wird und wir diese nicht ausgleichen können, es zu einer kritischen Situation im Netz kommen kann".

Stromausfall möglich

Für Fälle eines Ungleichgewichts im Netz halten die Netzbetreiber 3000 Megawatt so genannte Regelenergie bereit, was etwa vier Prozent der maximal in Deutschland bestehenden Stromnachfrage entspricht. Die 3000 Megawatt wären jedoch schnell erschöpft, wenn 10 Millionen Haushalte nach fünf Minuten zur gleichen Zeit jeweils 300 Watt wieder einschalten, geht es nach der Rechnung von Professor Dr. Hans-Jürgen Haubrich vom Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft in Aachen.

Wegen des Stromüberschusses könnten sich sogar größere Kraftwerke abschalten. Steigt der Strombedarf wieder, lassen sich die Generatoren nicht so schnell starten. Hinzu kommt, dass Kernkraftwerke nicht für eine Dauer von fünf Minuten heruntergefahren werden können, wodurch Überkapazitäten entstehen. So könnte die Aktion "Licht aus" am Ende mehr Schaden anrichten, als sie dem Klimaschutz dient.