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Enttäuschte Gesichter an der Wall Street

Miriam Braun, New York7. November 2012

Die Freude über den klaren Wahlsieg Obamas ist an den internationalen Finanzmärkten schnell verpufft. Auch die Wall Street verbuchte Kursverluste. Viele Händler hätten sich ein anderes Wahlergebnis gewünscht.

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A trader on the floor of the New York Stock Exchange looks at the front page of a newspaper the day after Pres. Barack Obama was re-elected, Wednesday, Nov. 7, 2012 in New York. With President Barack Obama elected to another term, U.S. investors dumped stocks Wednesday and turned their focus to a world of problems, including a "fiscal cliff" of tax increases and spending cuts at home and a deepening recession in Europe. (Foto:Henny Ray Abrams/AP/dapd)
USA Obamas Wiederwahl und Wall StreetBild: AP

Schon vor Marktstart herrschte am Mittwoch gedämpfte Stimmung an der Wall Street in New York. Den Händlern war die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, sie machen keinen Hehl daraus, welcher Kandidat ihnen lieber gewesen wäre. "Hier haben die meisten auf Mitt Romney gesetzt", sagt Trader Louis Sulsenti, der selbst seine Stimme dem Republikaner gegeben hat. Trotzdem habe er schon am Vortag ein ungutes Gefühl gehabt, dass der es vielleicht doch nicht schaffen könnte.

Der Dow Jones reagierte entsprechend und musste am Tag nach der Wahl schon in den ersten Handelsstunden mehr als 300 Punkte abgeben. Auch Händler Alan Valdes ist unzufrieden mit dem neuen, alten Präsidenten. "Das wird ein hartes nächstes Jahr für die Märkte. Die fiskalische Klippe (Anm. d. Red.: Mix aus Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen zum 1. Januar) wird durch ihn noch schlimmer wirken", meint Valdes. Alan Valdes hält den alten und neuen Präsidenten für einen Ideologen, der einfach nicht mit den Republikanern zusammen arbeiten könne. Valdes macht Obama für den Stillstand in Washington verantwortlich.

Sinkende Kurse enttäuschten Wall Street Händler
Wall Street Händler nach der Wahl: Sinkende Kurse, schlechte StimmungBild: Getty Images

Weiterer Stillstand in Washington

Denn neben der Person des Präsidenten bleiben auch andere Konstellationen unverändert: Die Republikaner behalten die Mehrheit im Repräsentantenhaus und die Demokraten im Senat. Was sich ausgewogen anhört hat, in den vergangenen Monaten zu einer nahezu handlungsunfähigen Regierung in Washington geführt. Egal, um welche Entscheidung oder welche Belange es ging, beide Parteien schienen sich unaufhörlich zu blockieren - so die Kritik.

Dieser "Gridlock in DC", auf deutsch: Stillstand in der Hauptstadt, sei Gift für die Märkte, meint auch Wall Street-Veteran Teddy Weisberg. "Viele Menschen, aber eben nicht genug, wollten dem endlich ein Ende setzen - der Handlungsunfähigkeit der Regierung", so der Händler. "Niemandem ist damit geholfen, was dort abläuft, es schafft nur immer weitere Unsicherheiten." Und die Märkte könnten mit nahezu allem umgehen, außer mit Unsicherheit.

Teddy Weisberg geht davon aus, dass es mit dem unveränderten Status Quo in Washington vorerst keine Lösung gegen das drohende fiskalische Kliff geben wird. Ende des Jahres laufen unter Präsident Bush beschlossene Steuervergünstigungen aus, bei gleichzeitigem Einsetzen von ernormen Sparmaßnahmen. Er geht davon aus, dass es - wie bei den Verhandlungen zur Schuldengrenze im vergangenen Jahr - ein Gezerre bis zur letzten Minute werden könnte: eine Gefahr für die Märkte und die Weltwirtschaft.

Aufschwung nur dank Notenbank

Im Wahlkampf hatten die jüngsten Konjunkturdaten Barack Obama in die Hände gespielt. Die Rallye an den Märkten sei jedoch nicht auf das Konto des wiedergewählten Präsidenten oder der Regierung zu verbuchen, meint Alan Valdes. Seiner Meinung nach, sei es die Notenbank gewesen, die für den Aufschwung an den Märkten gesorgt habe. "Die Notenbank pumpt 40 Milliarden Dollar monatlich in die Märkte und die Leitzinsen stehen bei nahezu null Prozent", sagt Valdes. Jetzt werde es Zeit, dass aus Washington Ideen kämen, die Jobs schaffen, so der Händler.

Der alte und nun neue Präsident Barack Obama wird sich zügig nach einem neuen Finanzminister umsehen müssen. Timothy Geithner hatte bereits signalisiert, nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Auf dem Parkett hat man vorerst noch keinen Favoriten für das Amt. "Keine Ahnung", sagt Teddy Weisberg resigniert. "Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, werde ich auch erstmal nicht. Der Markt wird jetzt mit allem klar kommen müssen, egal was da kommt."