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Entwicklungsminister Niebel auf Afrika-Tour

7. Januar 2010

Der neue Bundesentwicklungsminister Niebel ist für eine Woche nach Afrika gereist. Seine Stationen: Ruanda, Kongo und Mosambik. Länder, die aus entwicklungspolitischer Sicht unterschiedlich gut abschneiden.

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Dirk Niebel (Foto: dpa)
Auf dem 'schwarzen Kontinent' unterwegs: Dirk NiebelBild: picture-alliance/ dpa

Ruanda gilt als Musterland - zumindest was den entwicklungspolitischen Willen der Regierung angeht. Kaum Ressourcen - aber eine rasante Bevölkerungsexplosion: der kleine Neun-Millionen-Einwohner-Staat im Osten Afrikas setzt deshalb auf technischen Fortschritt. Das Singapur Afrikas wolle man werden, Dienstleistungszentrum in Südostafrika. Kritiker sprechen aber auch davon, dass Ruanda inzwischen eine Entwicklungsdiktatur sei - Bürgerrechte, freie Medien gelten wenig. Rücksichtslos wird weggeschoben, was nicht zur Zukunftsvision des boomenden Wirtschaftswunders passt.

Andererseits: welches afrikanische Land sonst kann so klare Fortschritte im Bereich der Bildung oder der Kindersterblichkeit vorweisen? Kaum eines. Auf Ruanda trifft wohl am ehesten zu, dass es auf dem Weg ist, sich wirtschaftlich auf eigene Beine zu stellen und Entwicklungspolitik auf lange Sicht überflüssig zu machen.

Fehlender politischer Wille

Wahlen im Kongo 2006 (Foto: AP)
Kongo: 2006 fanden die ersten demokratischen Wahlen stattBild: AP

Die Demokratische Republik Kongo hingegen hätte zwar alle Voraussetzungen, aber es fehlt der politische Wille. Von Ruandas Hauptstadt Kigali aus wird der Entwicklungsminister in den Osten des benachbarten Ressourcenstaats fahren. Der Kongo zeigt, dass demokratische Wahlen allein noch keine Garantie dafür sind, dass der demokratische Aufbau anschließend gelingt. Für die Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit ist die Demokratische Republik Kongo deshalb ein schwieriges Kapitel.

Gewalt im Ostkongo

Kindersoldaten (Foto: AP)
Alltag im Ostkongo: KindersoldatenBild: AP

Noch 2006 hatte die Bundeswehr im Rahmen einer Eufor-Mission die ersten demokratischen Wahlen in dem 60-Millionen-Menschen-Staat abgesichert. Doch immer noch kommt der Wiederaufbau nur schwer voran. Und immer noch wird im Osten des Landes Krieg geführt. Es hat sich nicht viel geändert, seitdem 2007 die damalige Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczoreck-Zeul angekündigt hat, Deutschland werde die Demokratische Republik Kongo auch weiterhin bei der Überwindung von Gewalt und beim Wiederaufbau unterstützen. Der Kongo - ein Fass ohne Boden?

Nicht nur den UN, mit deren Vertretern sich der Entwicklungsminister treffen wird, stellt sich die Frage, mit wem man im Kongo überhaupt zusammenarbeiten kann. Ein Bericht der Vereinten Nationen bestätigte noch im November, dass die kongolesische Armee am Waffenhandel beteiligt sei, zudem hätten Armee-Angehörige ein Massaker an rund 62 Menschen im Ort Lukweti verübt. Human Rights Watch berichtet über die Tötung von Zivilisten in den Gebieten um Nyabiondo und Pinya in Nord-Kivu. Mehr als 270 Zivilisten habe die kongolesische Armee dort getötet.

Längst verlaufen die Grenzen der Konfliktparteien nicht mehr entlang fester politischer oder ideologischer Grenzen. Allianzen und Bündnisse auf Zeit werden im Ostkongo täglich neu geschlossen. Dennoch hat Präsident Joseph Kabila die UN gebeten, einen Abzugsplan vorzubereiten.

Die Zivilgesellschaft als Opfer

Frauen im Kongo (Foto: dpa)
Viele Frauen im Kongo wurden Opfer von VergewaltigungenBild: picture-alliance/dpa

Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wendet sich deshalb auch gezielt der Zivilgesellschaft und den Opfern dieser Gewalt zu. Er wird ein Krankenhaus besuchen, in dem Frauen versorgt werden, die vergewaltigt wurden und sich ein Bild machen von der Lage der Flüchtlinge, welche seit Jahren in der Region umherirren - auf der Flucht vor Rebellen und Armee.

Neben diesen humanitären Aspekten ist Dirk Niebel vor allem auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern wichtig - Entwicklung sei die Voraussetzung dafür, miteinander auch wirtschaftlich auf einer Augenhöhe ins Geschäft zu kommen. Für den Minister ist Entwicklungszusammenarbeit weit mehr als das Verteilen von Nothilfe. Niebel stellt klar, dass es im Kern um Hilfe zur Selbsthilfe geht - Entwicklung, die sich selbst trägt. Mit dem Ziel, "dass unsere Entwicklungspartner auch wirklich Partner werden können, um dadurch auch zusätzliche Chancen für die deutsche Wirtschaft zu eröffnen."

Wirtschaftskooperation als Ziel

Mikrokreditnehmer (Foto: DW)
Mikrokredite fördern die ländliche EntwicklungBild: DW

Hilfe zur Selbsthilfe leisten unter anderem günstige Mikrokredite - diese Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit wird Niebel ebenfalls besuchen. Auch in Mosambik, seiner letzten Reisestation. Doch was gut läuft auf der Mikroebene, gelingt auf der Makro-Ebene der Politik nicht so ohne weiteres.

Mosambik hat hier eine gemischte Bilanz: Kritiker befürchten die Rückkehr zum Einparteienstaat, immer noch fehlt eine gerechte Verteilung von Entwicklung und Infrastruktur, eine gelungene Politik der ländlichen Entwicklung - obwohl nicht nur Deutschland, sondern auch viele andere Geber seit Jahren den Staatshaushalt zu mehr als der Hälfte finanzieren. Das wird der neue Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kritisch sehen - denn, das hat er erst kürzlich deutlich erklärt, sein Ressort sei kein "Weltsozialamt", sondern es gehe darum, mit hoher Effizienz das Geld der Steuerzahler zielgenau für die entwicklungspolitischen Ziele auszugeben. Da wird der Bundesminister sicher in allen drei Staaten neben viel Licht auch Schatten sehen.

Autorin: Ute Schaeffer
Redaktion: Katrin Ogunsade