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Alternativen zur Kernkraft

31. März 2011

Der österreichische Energieexperte Gerhard Mangott sieht im Erdgas eine Alternative zur Atomenergie in Europa. Um den Bedarf zu decken, sollte eine neue Pipeline gebaut, aber auch Schiefergas gewonnen werden.

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Gerhard Mangott, österreichischer Energieexperte, im Protrait vor hellblauem Hintergrund (Foto: Gerhard Mangott)
Gerhard Mangott setzt auf Erdgas und Russlands VernunftBild: Gerhard Mangott

DW-WORLD: Gibt es Alternativen zur Atomkraft in Europa?

Gerhard Mangott: Die Frage ist, wie versucht man dadurch ausfallende Energieproduktionen wett zu machen. In einigen Staaten wird der Ausfall substanzieller Mengen an Energie aus der Atomproduktion nicht mit erneuerbaren Energien wett zu machen sein. Man würde natürlich dann auf jene Energieträger zugreifen, die es gleichzeitig auch erlauben die CO2-Emissionsgrenzen, die sich die Europäer gesetzt haben, zu erreichen. Und das wäre sicherlich im Bereich der fossilen Brennstoffe das Erdgas. Das heißt, Grundsätzlich gibt es doch eine substanzielle Erwartung, dass sich die Rolle des Gases als Primärenergieträger verstärken wird.

Ist dies ein weiteres Argument für den geplanten Bau des Erdgaspipeline-Projekts Nabucco?

Ein Argument, dass manche Kritiker der Nabucco-Pipeline gegen diese Leitung vorgebracht haben, ist ja, dass der Gasbedarf in den nächsten Jahren sich nicht essenziell verstärken wird - sowohl was das Volumen betrifft als auch den Anteil des Erdgases an der Primärenergieversorgung der Europäischen Union. Dieses Argument trifft jetzt nicht mehr zu.

Mehr Erdgas für Europa - woher soll es denn kommen?

Die Frage ist nur, durch welche Versorger und über welche Leitungswege die Europäische Union oder einzelne Staaten der Europäischen Union mehr Gas beziehen wollen. Zwar wurde in den letzten Monaten auch in der Europäischen Union sehr intensiv über den Zugriff auf Schiefergas debattiert. Dennoch wird man noch stärker auf mehr pipelinegebundenes Gas zurückgreifen müssen.

Was sind die Vorteile bei Lieferungen von Flüssiggas LNG mit Schiffen im Vergleich zu Lieferungen über Pipelines?

Man kann sich sehr viel leichter dem Bedarf anpassen. Also wenn der Bedarf steigt, beispielsweise auf Grund eines sehr kalten Winters, kann man sich mehr Gas kaufen. Wenn man weniger braucht, kauft man weniger. Die Problematik mit der Gasversorgung aus Russland ist ja nicht so sehr, dass Russland unter Umständen die Gaslieferung an die Ukraine oder an Weißrussland aus politischen Gründen unterbricht. Viel stärker fällt ins Gewicht, dass in diesen langfristigen Lieferverträgen von der russischen Gazprom mit den europäischen Konsumenten festgelegt ist, dass es ein fixes Abnahmevolumen von Erdgas gibt. Egal ob die Europäischen Staaten so viel Gas brauchen oder nicht.

Wird Russland weiterhin eine wichtige Rolle bei den Energielieferungen für Europa spielen? Besteht dann nicht auch eine Abhängigkeit von Russland?

Die Abhängigkeit zwischen Russland und der Europäischen Union und auch des westlichen Balkans und der Türkei von der Gasversorgung durch Russland bedeutet umgekehrt ja auch eine Abhängigkeit Russlands vom jetzigen Abnehmermarkt Europäische Union, Türkei und Westbalkan. Und das ist ein Zustand, der für Russland auch nicht vernünftig ist - im Sinne der eigenen Energiesicherheit und im Sinne der eigenen Handels- und Exportinteressen. Also Russland wird vernünftigerweise seine Handelspartner diversifizieren.

Das Interview führte Yulia Damjanova
Redaktion: Mirjana Dikic / Fabian Schmidt