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'Kommunen sind hoch kreative Systeme'

12. März 2012

Griechenland braucht Hilfe - auch auf kommunaler Ebene. Hans-Joachim Fuchtel koordiniert die Zusammenarbeit zwischen griechischen und deutschen Gemeinden.

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Hans-Joachim Fuchtel (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium (Foto: DW/Panagiotis Kouparanis)
Hans-Joachim FuchtelBild: DW

Hans-Joachim Fuchtel, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wurde von Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang Dezember zum Beauftragten für die Deutsch-Griechische Versammlung ernannt, ein Zusammenschluss von rund 200 deutschen und griechischen Bürgermeistern. Sein Pendant auf griechischer Seite ist der Bürgermeister von Thessaloniki, Giannis Boutaris. Die wichtigste Aufgabe der Versammlung ist, Know-how für die deutsch-griechische Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene zur Verfügung zu stellen, um zum Beispiel die Chancen kommunaler Kooperationsprojekte zur Verbesserung von Rahmenbedingungen für Investitionen zu erhöhen. Die nächste Sitzung der Deutsch-Griechischen Versammlung soll noch in diesem Jahr in Thessaloniki stattfinden.

Fuchtel hat Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen studiert. Seit 1987 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags, im November 2009 wurde er zum Parlamentarischen Staatssekretär ins Bundesministerium für Arbeit und Soziales berufen.

Deutsche Welle:Herr Fuchtel, das zweite Hilfspaket für Griechenland ist verabschiedet und es ist nicht ausgeschlossen, dass es auch ein drittes geben wird. Damit werden akute finanzielle Engpässe des verschuldeten Landes überbrückt. Sehr wichtig ist aber auch, Griechenland mittel- und langfristig zu helfen. Sie beschäftigen sich schon seit Monaten mit der Koordination der Zusammenarbeit und des Transfers von Wissen und Erfahrungen vom Westen nach Griechenland. Was ist bisher erreicht worden und was steht noch an?

Hans-Joachim Fuchtel: Wir haben uns in den letzten Monaten Gedanken gemacht, was wir überhaupt anbieten können. So haben wir initiiert, dass sich die politischen Stiftungen wieder stärker in Griechenland engagieren, wo sie viele Jahre nicht aktiv waren. Sie können viel tun für den Dialog zwischen beiden Ländern, zwischen Bevölkerungsgruppen, zwischen Jung und Alt. Wir wollen auf sehr vielfältige Weise wieder das Gespräch aufbauen und suchen nach gemeinsamen Stärken und gegenseitigem Verständnis. Und es geht auch um die innovative Zusammenarbeit auf der Kommunalebene sowie auf der Verbandsebene, vor allem darum, Know-how auszutauschen.

Abstimmung über Hilfspaket für Griechenland im Bundestag (Foto: REUTERS/Thomas Peter)
Der Bundestag hat dem Hilfspaket für Griechenland zugestimmtBild: Reuters

Diese Ebene kann man gar nicht hoch genug einschätzen. Es ist sozusagen der Weg von unten. Die Erfahrungen, die wir in Deutschland bei der Wiedervereinigung gemacht haben mit solchen Know-how-Prozessen, kann man jetzt einfacher auf europäischer Ebene nutzen. Hier insbesondere in Richtung eines Angebots an Griechenland, wobei ich unterstreiche, dass alles, was hier geschehen soll und geschieht, immer auf Anfrage aus Griechenland passiert. Wir wollen passgenau unsere Hilfe anbieten und das heißt, dass natürlich auch entsprechende Anfragen recht konkret sein müssen.

Ein praktisches Beispiel: Wenn wir den Praktikantenaustausch voranbringen wollen, dann doch am besten zwischen den Städten, die auch ansonsten eine Know-how-Partnerschaft eingegangen sind oder eingehen werden. Damit können wir dann auch die ganze Aktivität auf den Jugendbereich ausdehnen. Und auch der Bürgermeister von Thessaloniki hat bei einem Besuch in Deutschland ausdrücklich gesagt: Wir wollen von euch Deutschen kein Geld. Wir wollen euer Know-how, eure Erfahrung. Wir wollen einfach, dass wir nicht so lange brauchen, um jetzt zu starten.

Und wie können die Kommunen aus Deutschland helfen?

Die Kommunen sind hochkreative Systeme in Deutschland, die recht viele Zuständigkeiten haben und damit auch sehr viel sagen können und die eben von Mensch zu Mensch agieren können. Das griechische Volk muss jetzt sehr, sehr viele Probleme bewältigen, es gibt viele soziale Einschnitte, und in dieser Phase auch mit menschlicher Zuwendung, mit etwas Nächstenliebe hier einen Beitrag zu leisten, das ist schon die Motivation von sehr vielen Menschen in Deutschland.

Erfahrungen weitergeben

Das sind sehr honorige Motive, aber das Land braucht darüber hinaus natürlich Privatinvestoren, die sich in Griechenland engagieren. Es wird außerdem Kapital für Infrastrukturobjekte benötigt. Wie können Sie in dieser Richtung aktiv werden?

Wir können von unten, durch die Beratungsfunktionen, auf Problemlösungen zusammen mit den griechischen Partnern hinarbeiten. Und wenn die Problemlösung da ist, dann gibt es ein Spektrum von Möglichkeiten, wie daraus auch eine lokale Investition werden kann.

Es gibt in Griechenland durchaus auch Gemeinden, die diesen Weg schon ein Stückchen gegangen sind und andere, die ihn eben noch nicht so weit gehen konnten - aus welchen Gründen auch immer. Und wir können unterstützen, dass durch eine Kooperation Projekte zu lokalen Investitionen werden können.

Wie kann das konkret aussehen?

Ein ganz konkretes kleines Beispiel: In Griechenland gibt es viele Wellness- und Heilbäder. Wir können dahin gehen und uns die Wasserqualität anschauen. Und in manchen Fällen wird die Erneuerung von Wasserpumpen nötig. Die Hilfe bei der Auswahl versetzt dann den Partner in die Lage zu wissen, was er eigentlich braucht. Nur wenn er das weiß, wird er auch einen Weg suchen können, wie man das finanziert. Es gibt verschiedenste Programme der Europäischen Union, die für diese Wirtschaftsförderung verfügbar sind. Es geht darum, dass man die Wege kennt, wie man solche Programme nutzbar macht. Auch da haben wir festgestellt, dass in der Vergangenheit viele Möglichkeiten nicht genutzt wurden. Und wenn man da die Erfahrungen aus Deutschland mit einbringen kann in solche Förderanträge und ähnliches, kann man solche Prozesse gewaltig beschleunigen.

Oder das Thema Wandern: Darüber wurde in Deutschland lange Zeit diskutiert, bis man das jetzige Know-how entwickelt hat. Weite Gebiete Griechenlands haben hier noch ihre Potenziale, aber sie haben bisher einfach zu wenig Zeit darauf verwendet, sich darüber Gedanken zu machen, wie man so etwas inszeniert. In Deutschland hat man das gemacht und warum soll man da nicht diese Erfahrung nach Griechenland weitergeben?

Das Gespräch führte Panagiotis Kouparanis
Redaktion: Zoran Arbutina