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Deutsche Unternehmerinnen tauschen sich aus

17. Mai 2019

Vorurteile gegen weibliche Führungskräfte - nur eines von vielen Themen beim Jahrestreffen des Verbands deutscher Unternehmerinnen in Berlin. Der feierte sein 65-jähriges Jubiläum, Bundeskanzlerin Merkel gratulierte.

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Die Präsidentin des VdU Jasmin Arbabian-Vogel,  im Gespräch mit Manuela Kasper-Claridge , DW Wirtschaft
Bild: DW/M. Kasper-Claridge

Mit stehenden Ovationen wurde Angela Merkel von rund 300 Unternehmerinnen empfangen. "Wenn Sie sich nach dem Ende Ihrer Kanzlerschaft selbständig machen wollen, können Sie gerne bei uns Mitglied werden", scherzte die Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen (VdU), Jasmin Arbabian-Vogel.

Im Verband sind 1800 Unternehmerinnen organisiert, die zusammen 500.000 Beschäftigte haben. "Ohne Frauen ist keine Wirtschaft zu machen, jedenfalls keine erfolgreiche", sagte Merkel und freute sich darüber, dass die Zahl der Unternehmensgründungen durch Frauen in Deutschland zunimmt. Trotzdem sind Gründerinnen nach wie vor in der Minderheit, nur rund ein Drittel der Selbständigen in Deutschland sind Frauen. "Wir brauchen mehr Ehrgeiz für Chancengerechtigkeit", appellierte die Bundeskanzlerin - vielleicht auch an ihre eigene Regierung.

Der Blick nach Skandinavien

"Frauen bekommen schwerer Zugang zu Kapital. Das Steuersystem ist nicht zeitgemäß und in den Vorständen deutscher Großunternehmen sind Frauen nach wie vor eine Minderheit", so Verbandschefin Arbabian-Vogel im Gespräch mit der DW. "Wir haben immer noch genug zu tun, auf dem Weg in die Gleichstellung."

Die Präsidentin ist natürlich selbst Unternehmerin und führt einen Betrieb mit 150 Mitarbeitern in der Pflegebranche. "Wenn ich etwas verändern will, muss ich mich beteiligen", betont sie. Deshalb engagiert sie sich im Verband.

VdU-Präsidentin Jasmin Arbabian-Vogel im Gespräch mit Manuela Kasper-Claridge
VdU-Präsidentin Jasmin Arbabian-Vogel im Gespräch mit Manuela Kasper-ClaridgeBild: DW/M. Kasper-Claridge

Der VdU wird in diesem Jahr 65 Jahre alt, ein Jubiläum, auf das die Unternehmerinnen sehr stolz sind. Mit den Rahmenbedingungen in Deutschland sind die Frauen aber nicht zufrieden. Sehnsüchtig schauen einige nach Skandinavien, wo die Kinderbetreuung besser organisiert ist und sich Kinder und Unternehmensführung besser vereinbaren lassen.

Vorbilder sind gefragt

Larissa Zeichhardt führt mit ihrer Schwester einen mittelständischen Betrieb in der Verkehrswirtschaft. Ihre Töchter sind drei und fünf Jahre alt. "Gestern war wieder so ein Tag — eine Sitzung, die noch um 19:15 Uhr andauerte und dann mein Mann, der mir die Kinder übergeben wollte, weil auch er einen dienstlichen Termin hatte", erzählt sie. "Wie setzt man da Prioritäten? Schließlich ist die Arbeit von uns beiden gleichwertig!"

Larissa Zeichhardt, Geschäftsführerin LAT-Gruppe
"Vorbilder motivieren" - Larissa Zeichhardt, Geschäftsführerin LAT-GruppeBild: DW/M. Kasper-Claridge

Zeichhardt erzählt, dass Sitzungstermine traditionell eher spät stattfinden und wünscht sich, dass das anders wird. Die junge Unternehmerin ist Ingenieurin und hat zusätzlich einen Wirtschaftsabschluss. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters übernahm sie gemeinsam mit ihrer Schwester 2015 die LAT-Gruppe, die Kommunikations- und Satellitentechnik unter anderem für die Deutsche Bahn liefert.

Fachliche Expertise und Erfahrungsaustausch, das schätzt sie am Unternehmerinnen-Verband, außerdem Treffen, bei denen sie zur Mehrheit gehört. "In meiner Branche dominieren Männer, aber ich brauche auch Vorbilder", sagt sie. "Vorbilder motivieren."

Allein unter Männern

Ganz allein fühlte sich oft auch Susanne Gräfin Kesselstatt. Vor 25 Jahren wurde sie Mitgesellschafterin des Familienunternehmens. "Straßenbau ist etwas Wunderbares", erzählt sie. Aber es ist eben eine Branche, in der fast ausschließlich Männer arbeiten. "An Frauen werden nach wie vor viel höhere Anforderungen gestellt", sagt sie. "Man braucht Durchhaltevermögen."

Gräfin Susann Kesselstatt,Geschäftsführerin J.Friedrich Storz Verkehrswegebau
"Frauen brauchen Durchhaltevermögen", sagt Susanne Gräfin KesselstattBild: DW/M. Kasper-Claridge

Ihr Unternehmen, "J. Friedrich Storz Verkehrswegebau" mit Sitz im süddeutschen Baden-Württemberg, wurde in diesem Jahr als Arbeitgeber ausgezeichnet. Darauf ist sie besonders stolz. "Wir haben ein gutes Betriebsklima und 60 Auszubildende."

Das Treffen in Berlin nutzt Kesselstatt zum Erfahrungsaustausch. "Innovation und Kreativität" ist das Motto des VdU-Jahrestreffens. Es geht um Digitalisierung und Kreativwirtschaft und um frauengeführte Start-ups. Reichlich Diskussionsstoff für die nächsten Tage.

Viele Frauen nutzen die Veranstaltung aber auch zu kurzen Gesprächen abseits der offiziellen Diskussionsrunden. Das Netzwerken ist für die Unternehmerinnen besonders wichtig. Larissa Zeichhardt hat als Unternehmerin ihren Traumberuf gefunden. "Wenn man vor Verantwortung nicht zurückschreckt, hat man sehr viele Freiheiten", freut sie sich und eilt zum nächsten Gespräch.