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Erhard Busek: "Es ist Zeit, dass die Länder Südosteuropas Verantwortung übernehmen"

20. Juli 2006

Im Interview mit DW-RADIO spricht Erhard Busek, EU-Koordinator für den Stabilitätspakt Südosteuropa, über Erfolge und Versäumnisse der Hilfsbemühungen sowie die Umwandlung in den "Rat für regionale Entwicklung".

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Erhard Busek:"Ausgezeichnete Demokratieentwicklung in SOE."Bild: dw-tv

DW-RADIO/Bulgarisch: Dr. Busek, warum hat man beschlossen, die Tätigkeit des Südosteuropa-Stabilitätspaktes einzustellen und ihn durch eine neue Organisation zu ersetzen?

Der Stabilitätspakt ist immer ein Instrument für eine gewisse Zeit gewesen, und ist ja im Wesentlichen geleitet von der Europäischen Union, von den USA und einigen Nicht-EU-Ländern. Es ist eine Unterscheidung zwischen Geber-Ländern und solchen, die empfangen. Wir sind der Überzeugung, dass diese Phase eigentlich vorüber ist und, dass es Zeit ist, dass die Länder der Region Verantwortung selbständig übernehmen. Daher ist das Format des Stabilitätspaktes nicht mehr geeignet, das zu tun. Der Gedanke nun war der, dass der Stabilitätspakt übergeführt werden soll in ein Instrument, das von der Region getragen ist.

Was war Ihrer Meinung nach die bedeutendste Leistung des Südosteuropa-Stabilitätspakts während der sieben Jahre seiner Existenz?

Eigentlich, dass die Länder der Region zusammen sitzen. Man vergisst leicht, dass es vier Kriege gegeben hat. Es war möglich, in verhältnismäßig kurzer Zeit alle an einen Tisch zu bringen. Das heißt nicht, dass alle Probleme gelöst sind - aber die Bereitschaft, miteinander zu reden und etwas miteinander zu tun, ist hier vorhanden. Und das zweite, dass ich gerne sagen möchte, ist: Die Demokratieentwicklung ist ausgezeichnet, und es entwickeln sich hier mit der Zeit durchaus gute Standards. Die dritte positive Seite ist eigentlich die sehr gute wirtschaftliche Entwicklung.

Gibt es auch Bereiche, für die Sie heute im Rückblick sagen: "Das konnte besser gemacht werden können" oder "Das hätten wir anders tun sollen"?

Es gibt Bereiche, die man vom Stabilitätspakt ausgeschlossen hat, was ich für einen Fehler gehalten habe. Es ist mir gelungen, etwas zu korrigieren: Erziehung, Wissenschaft und Forschung sind jetzt ab Ende Mai Verantwortungsgebiete des Stabilitätspaktes. Das hätte man viel früher machen sollen. Auch bedauere ich, dass weder das Gesundheits- noch das Sozialsystem dieser Länder Themen sind, die in der Tiefe von uns behandelt werden. Und der dritte Bereich, wo ich aber auch leider keine Antwort weiß, ist der der Landwirtschaft. Wir haben eine sehr starke Entvölkerung in den Ländern der Region. Verbunden mit der niedrigen Geburtenrate, fürchte ich, dass das sehr schwierige Situationen erzeugen wird. Vor allem der ländliche Raum wird ein leerer Raum werden, und das ist nicht gut.

Das Interview führte Julia Damianova
DW-RADIO/Bulgarisch,17.7.2006, Fokus Ost-Südost