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Kriminalität

Eritreer in Hessen niedergeschossen

23. Juli 2019

Hinter dem schweren Angriff eines Deutschen auf den jungen Afrikaner in Wächtersbach sehen die Ermittler klar ein fremdenfeindliches Motiv. Erkenntnisse zu einem Kontakt in die rechtsextreme Szene gebe es derzeit nicht.

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Rätselhafte Schüsse in Wächtersbach
Ermittlungsarbeit am Tatort im hessischen WächtersbachBild: picture-alliance/dpa/M. Pappert

Der Bauchschuss auf einen 26-jährigen Eritreer im hessischen Wächtersbach war nach Erkenntnissen der Ermittler rassistisch motiviert. Der mutmaßliche Täter habe "ganz klar aus fremdenfeindlichen Motiven" gehandelt, erklärte Oberstaatsanwalt Alexander Badle in Frankfurt am Main. Allerdings gebe es bislang keine "belastbaren Erkenntnisse darüber, dass Kontakte in die rechtsnationale oder rechtsextreme Szene bestanden", erläuterte er weiter. Der mutmaßliche Schütze, ein 55 Jahre alter Deutscher, habe wohl gezielt nach einem Opfer mit anderer Hautfarbe gesucht. Der 26-jährige sei dann offenbar ein Zufallsopfer gewesen.

Opfer musste notoperiert werden 

Der Täter hatte am Montagmittag aus einem Auto heraus auf den Eritreer geschossen und diesen schwer verletzt. Durch eine Notoperation konnte der Zustand des jungen Manns stabilisiert werden. Das Opfer ist nach Angaben der Polizei mittlerweile außer Lebensgefahr.

Nach dem Angriff floh der Schütze. Er wurde etwas später leblos in seinem Wagen entdeckt. Laut bisherigem Ermittlungsstand tötete er sich selbst durch einen Schuss in den Kopf.

Wie der Oberstaatsanwalt weiter bekannt gab, wurden bei der Durchsuchung des Autos und der Wohnung des bis zur Tat polizeilich nicht bekannten Mannes fünf Waffen sichergestellt. Er soll Mitglied eines Schützenvereins gewesen sein. Die Waffen waren demnach alle legal angemeldet. Eine sechste Waffe habe er kurz vor dem Angriff legal verkauft. Auch diese sei beschlagnahmt worden.

Nach Schüssen in Wächtersbach - Pk Staatsanwaltschaft
Zum Inhalt eines gefundenen Abschiedsbriefs machte Staatsanwalt Badle vor der Presse keine AngabenBild: picture-alliance/dpa/L. Stock

Politik reagiert alarmiert

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), forderte auf Twitter ein konsequentes Vorgehen gegen Rassismus und Rechtsextremismus. "Aus Hetze wird Gewalt, aus Hass irgendwann Mord. Das können und dürfen wir nicht hinnehmen!", schrieb sie.

Landrat und Bürgermeister der Kommunen des Main-Kinzig-Kreises, zu dem Wächtersbach gehört, sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von einer Attacke "nicht nur gegen einen Einzelnen, sondern willkürlich gegen alles Fremde". Sollte der Täter aus rechtsradikaler Weltanschauung heraus und aus Fremdenhass gehandelt haben, müsse auch beleuchtet werden, ob es "einen Kreis Gleichgesinnter" gegeben habe, der die Tat beförderte, forderten die Politiker. "Hier muss die Gesellschaft als Ganzes mit ihrem Rechtsstaat klare Kante zeigen."

Der Vorsitzende des Landesausländerbeirats Hessen, Enis Gülegen, sagte, nach dem Anschlag sei das friedliche Zusammenleben aller Menschen in Deutschland und Hessen in Gefahr. Der von Rechtspopulisten gegenüber Migranten betriebene Hass schlage nun offenbar in Mordanschläge auf offener Straße um. 

Mahnwache am Tatort

Die Stadt Wächtersbach rief für Dienstagabend am Tatort zu einer Mahnwache auf. Seit sich im Ort herumspreche, dass das Opfer wohl aufgrund seiner Hautfarbe gewählt worden sei, mache sich im Betroffenheit bei den Bürgern bemerkbar, sagte Bürgermeister Andreas Weiher. Rund 400 Menschen folgten dem Aufruf und protestierten gegen Rassismus. Während der Mahnwache hielten Teilnehmer Transparente hoch mit den Aufschriften "Geschlossen gegen Ausgrenzung" und "Kein Platz für Rassismus". "Hier wurde ein weiteres Mal, sieben Wochen nach dem Mord an Walter Lübcke, aus Gedanken eine Tat, die uns erschüttert», sagte Bürgermeister Weiher. Das Motiv müsse man sehr ernst nehmen. Die Gewalt sei eine "neue Qualität von gelebtem Rassismus".

se/qu/kle (dpa, afp, epd)  

 

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