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Erlass gegen homosexuelle Priester

29. November 2005

Schwule dürfen nicht ins römisch-katholische Priesteramt. Einen entsprechenden Erlass hat der Vatikan am Dienstag veröffentlicht. Das kurze Dokument stößt bei Bürgerrechtsgruppen und Parteien auf heftige Kritik.

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Nur heterosexuelle Priester sollen zukünftig ins Amt dürfenBild: Bilderbox

Laut dem Papier dürfen Priester-Anwärter nur dann zu dem Amt zugelassen werden, wenn sie ihre Homosexualität seit mindestens drei Jahren eindeutig überwunden haben. Hintergrund des Erlasses sind die Sex-Skandale rund um katholische Priester vor allem in den USA. Mehrere Amtsträger hatten dort jahrelang Kinder und Jugendliche missbraucht. Viele der Vergehen kamen 2002 ans Licht der Öffentlichkeit und lösten scharfe Kritik an der Kirche aus.

Schwere Sünde

Der Erlass bekräftigt im Prinzip geltende Regeln der Kirche, die allerdings aus Sicht konservativer Kirchenmitglieder in den vergangenen Jahren nicht ausreichend befolgt wurden. Die römisch-katholische Kirche betrachtet homosexuelle Neigungen als eine Störung der natürlichen Sexualität und ein homosexuelles Leben als schwere Sünde. Priester sind in jedem Fall zur Enthaltsamkeit verpflichtet. Handele es sich bei den homosexuellen Neigungen um ein vorübergehendes Problem - etwa bei einer noch nicht abgeschlossenen Adoleszenz -, müssten diese "wenigstens drei Jahre vor der Diakonenweihe eindeutig überwunden sein", so das Papier.

Bischof muss Urteil über Eignung fällen

"Die gegenwärtige Situation" habe den Erlass neuer Normen und Kriterien für die Zulassung von Kandidaten mit homosexuellen Tendenzen zur Priesterweihe erforderlich gemacht, heißt es in der Einführung zu dem neunseitigen Dokument. Verantwortlich für die Zulassung von Personen in die Priesterseminare und zur Weihe sei der jeweilige Bischof. Gemeinsam mit den Seminarleitern müsse er "zu einem moralisch sicheren Urteil über die Eignung" eines Kandidaten gelangen.

Verlust begabter Seelsorger

Papst Benedikt mit Kreuz
Das Papier ist von Benedikt XVI. unterschriebenBild: AP

In den USA wird der Erlass als dringend nötige Grundlage für eine Reform der Priesterseminare verstanden, die sich Kritikern zufolge zum Hort einer vielfältigen Subkultur entwickelt haben. In Europa warnte der ehemalige Leiter des Dominikaner-Ordens, Timothy Radcliffe, aber davor, dass die Kirche durch ihre strikte Haltung begabte Seelsorger abschrecken und verlieren werde. "Wir können davon ausgehen, dass Gott weiterhin Homosexuelle und Heterosexuelle für das Priesteramt beruft, denn die Kirche braucht die Begabungen beider", schrieb er in einem Artikel für ein britisches Katholikenblatt.

Deutsche Homosexuellen-Organisationen haben das Papier des Vatikans zum Thema Schwule und Priesterweihe als "fatales Signal" bezeichnet. "Es ist zu fürchten, dass die Forderungen zu einem Klima der Einschüchterung und des Versteckens führen", teilten die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche und der Lesben- und Schwulenverband am Dienstag (29.11.2005) mit. Weder der Allgemeinheit noch der katholischen Kirche wäre damit gedient. Mit dem Ignorieren heutiger Erkenntnisse der Humanwissenschaften und mit Verboten setze der Vatikan auf die Dominanz einer einseitig auf Fortpflanzung gerichteten Sexualmoral.

Kritik von Parteien

In Deutschland hatten Vertreter der Grünen und der FDP in der vergangenen Woche das bekannt gewordene Dokument heftig kritisiert und den Vatikan vor einer generellen Verdammung der Homosexuellen gewarnt. Sie werteten das Papier als ein Besorgnis erregendes Zeichen für wachsende Intoleranz gegenüber der Minderheit. Schwulen-Gruppen werfen der Kirche vor, die Homosexuellen zum Sündenbock für die Sex-Skandale in den USA zu machen und sie damit weiter zu diskriminieren. (chr)