1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Erneut Massaker an Sektenmitgliedern in Angola

Cristiane Vieira-Teixeira, Johannes Beck2. September 2016

Angolanische Sicherheitskräfte haben nach DW-Informationen eine Dorfgemeinschaft der Sekte "Das Licht der Welt" massakriert. Es ist nicht das erste Verbrechen an Anhängern des Religionsführers Kalupeteka.

https://p.dw.com/p/1Jv0r
Stausee Cambambe am Rio Kwanza (Foto: Voith)
Bild: Voith

Nur wenige Personen sollen den Angriff der angolanischen Sicherheitskräfte auf ein Dorf der Kalupeteka-Sekte "A Luz do Mundo" ("Das Licht der Welt") in Kassongue in der Provinz Kwanza-Sul im Zentrum Angolas überlebt haben. Die DW erfuhr aus mehreren Quellen von dem Massaker, das sich schon Mitte August ereignete.

Ângelo Kapuacha, der Vorsitzende der angolanischen Nichtregierungsorganisation "Regionalforum für die universitäre Entwicklung" (FORDU), berichtete der DW, er sei von Nachbarn des Dorfes und Angehörigen der Getöteten über die Kämpfe informiert worden: "Die Menschen haben mir von Schüssen und Bomben-Explosionen berichtet." Laut Kapuacha wurde das Dorf der Gemeinschaft zweimal von der Polizei angegriffen. "Die erste Attacke fand am 9. August statt, dabei sind fünf Gläubige gestorben. Anschließend haben Soldaten und die Polizei das Dorf belagert. Am Samstag, den 13. August, fand ein weiterer, massiver Angriff statt."

Auch Elias Kalupeteka, der Sohn des inhaftierten Führers der Sekte, José Julino Kalupeteka, bestätigte die Kämpfe gegenüber der DW: "Beim abschließenden Angriff gab es keine Chance. Abgesehen von den Personen, die während des Angriffs verhaftet wurden, haben wir nichts von Überlebenden gehört."

Sektenführer Jose Kalupeteka in Polizeigewahrsam (Foto: REUTERS/Herculano Coroado)
In Haft: Sektenführer José KalupetekaBild: Reuters/Coroado

Ângelo Kapuacha von FORDU schätzt, dass zum Zeitpunkt der Attacke etwa 43 Mitglieder der Sekte in dem Dorf gelebt hätten. Er geht davon aus, dass sieben überlebt haben: "Sechs Frauen sind nach den Angriffen ins Gefängnis gebracht worden. Zwei hat man später aus dem Gefängnis transferiert, sie sind seitdem verschwunden." Ein Mädchen habe vor den Angriffen fliehen können, sei aber später von der Polizei gefunden und ebenfalls ins Gefängnis gesteckt worden. Er geht davon aus, dass die anderen, darunter alle Männer des Dorfes und die meisten Kinder, nicht überlebt hätten: "Wir haben nichts von ihnen gehört".

Erstes Massaker im April 2015

Bereits im April 2015 waren bei Kämpfen zwischen der Polizei und isoliert lebenden Anhängern der christlichen Freikirche im Ort Monte Sumi in der Provinz Huambo zahlreiche Gläubige getötet worden.

Die Regierung sprach damals von 13 toten Zivilisten, Menschenrechtsgruppen und die Opposition in Angola hingegen von mehr als 100 Toten. Als relativ sicher bei diesem ersten Massaker gilt nur, dass auch neun Polizisten von Sektenanhängern getötet wurden. Dafür sind der Führer der Freikirche, José Julino Kalupeteka, und mehrere seiner Anhänger im April dieses Jahres zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.

Nur wenige Nachrichten dringen aus der abgeriegelten Gegend

Nur spät und sehr spärlich dringen Informationen über die neuen Geschehnisse an die Öffentlichkeit. "Bisher ist nur die Leiche des Dorfchefs übergeben worden. Wo die anderen Toten sind, wissen nur die Polizei und die Regierung", klagt Kapuacha. Was ganz genau passiert sei, könne derzeit nicht vor Ort verifiziert werden, da Militär und Polizei die Gegend um das Dorf abgeriegelt hätten, berichtet NGO-Aktivist Kapuacha.

Das bestätigt auch Elias Isaac, Direktor der international anerkannten Nichtregierungsorganisation Open Society in Angola: "Um Kassongue ist etwas Außergewöhnliches vorgefallen, bei dem es Tote gegeben hat. Menschen sind ins Gefängnis gesteckt worden und man kann den Ort nicht mehr erreichen. Allein das Verbot, den Ort zu betreten, zeigt schon, dass hier etwas faul ist. Wenn es kein Massaker und keine Toten gegeben hätte, dann würde die Regierung den Menschen ja freien Zugang gewähren." Die Vorfälle müssten unbedingt unabhängig untersucht werden, forderte Isaac im DW-Gespräch.

Menschenrechtler Elias Isaac (Foto: DW/Renate Krieger)
Menschenrechtler Elias IsaacBild: DW/Renate Krieger

Vermutlich wenige Überlebende

Die vom angolanischen Prediger Kalupeteka gegründete Sekte "Das Licht der Welt" ist adventistisch ausgerichtet, das heißt, ihre Mitglieder erwarten ein baldiges Ende der Welt. Viele von ihnen leben abgeschieden in Camps oder Dörfern. Der autoritären Regierung Angolas sind sie ein Dorn im Auge, da sie sich ihrer Kontrolle entziehen. "Solange die Mitglieder der Sekte 'Das Licht der Welt' von ihrem Glauben überzeugt sind, werden diese Verfolgungen kein Ende nehmen", zeigt sich Elias Kalupeteka, der Sohn des Sektenführers überzeugt.

"Mit Gewalt soll hier eine ganze Kirche ausgelöscht werden, die in ganz Angola mehr als 50.000 Mitglieder hat. Die sind in Lebensgefahr”, klagt Ângelo Kapuacha der Organisation FORDU die Regierung an.

Weder die angolanische Polizei noch das Innenministerium oder die nationale Gefängnisverwaltung wollten sich gegenüber der DW zu den Geschehnissen äußern oder auf die Vorwürfe reagieren.