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Jogi gegen Klinsi

Tobias Oelmaier23. Juni 2014

Im Vorrundenspiel gegen die USA reicht der deutschen Mannschaft ein Unentschieden für den Gruppensieg. So würde auch das Klinsmann-Team weiterkommen. Aber an Absprachen denken die Trainer-Freunde nicht.

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Jürgen Klinsmann und Joachim Löw bei der WM-Auslosung
Bild: picture alliance/AP Photo

Fußball-Nostalgikern schoss sofort Gijon durch den Kopf. "Die Schande von Gijon". Damals, bei der WM 1982, war vor dem abschließenden Gruppenspiel klar: Gewänne Deutschland gegen Österreich 1:0, kämen beide Mannschaften weiter. Und tatsächlich erzielte Horst Hrubesch schon nach neun Minuten ein Tor für Deutschland. In der Folge einigten sich beide Teams auf einen Nichtangriffspakt, schoben sich nur noch den Ball zu und Algerien, das bereits tags zuvor gespielt hatte, musste machtlos zusehen, wie es aus dem Turnier taktiert wurde.

"Unser Team ist nicht für Unentschieden gemacht", nimmt US-Coach Jürgen Klinsmann allen Skeptikern gleich den Wind aus den Segeln. Denn nach dem 2:2 der USA im zweiten Gruppenspiel gegen Portugal ist klar: Wenn zum Vorrundenabschluss Deutschland und Klinsmanns Team aufeinander treffen, reicht beiden ein Unentschieden, um das Achtelfinale zu erreichen. Und wie zur Beruhigung schiebt Klinsmann noch hinterher, dass es zurzeit keine "friendship calls", keine Freundschaftstelefonate zwischen ihm und seinem deutschen Kollegen Joachim Jogi Löw gebe. Und das schon seit Längerem, bestätigt Löw: "Dass wir zuletzt keinen Kontakt hatten, ist aber auch klar. Das ist vor einem solchen Turnier, in dem man dann auch noch aufeinander trifft, normal." Dabei verbindet beide, das ist bekannt, mehr als nur der gleiche Beruf.

Die "Schande von Gijon". Horst Hrubesch (l.) überwindet Öterreichs Friedel Koncilia. Ein deutscher Sieg, der beiden half
Die "Schande von Gijon". Horst Hrubesch (l.) überwindet Öterreichs Friedel Koncilia. Ein deutscher Sieg, der beiden halfBild: picture-alliance/dpa

Kein Kontakt, nicht mal auf Schwäbisch

2006 waren sie im Duett am "Sommermärchen" beteiligt, führten - Klinsmann als Bundestrainer, Löw als Assistent und Taktiker dahinter - Deutschland bei der Heim-WM auf den dritten Platz. Der neue deutsche Fußball war geboren: spaßorientiert, technisch, leidenschaftlich, kreativ. Gemeinsam hatten sie es geschafft, mit den "deutschen Tugenden" aufzuräumen, die da über Jahrzehnte hießen: Kampf, Kraft, Einsatz. Und Klinsmann, so kritisch sein Wirken im Nachhinein auch von vielen analysiert wurde, hat es geschafft, zumindest seine Fähigkeiten als Motivator, vielleicht auch als Taktiker, auf das Team seiner Wahlheimat USA zu übertragen.

Nun treffen die beiden Freunde also am Donnerstag (26.06.2014, 18 Uhr MESZ, live im DW-Ticker) in Recife aufeinander. Da wäre es doch ein Leichtes, ein Arrangement per SMS zu treffen: Ich tu´ dir nix, du tust mir nix. Um abhörsicher zu sein, könnten die beiden sogar schwäbeln oder sich auf Badenerisch austauschen. Aber nein, wirft Klinsmann gleich nach der Partie gegen Portugal ein: "Wir wollen Spiele gewinnen, Gruppenerster werden. Wir sind voller Selbstvertrauen und hungrig." Den Hunger beziehen einige seiner Leistungsträger aus der eigenen Geschichte. Jermaine Jones etwa, in Deutschland aufgewachsener Halb-Amerikaner, war sogar einige Jahre für den DFB aktiv. Aus Frust über die Nichtberücksichtigung für die Europameisterschaft 2008 aber schloss sich Jones fortan der USA an und ist heiß darauf, es Löw und Co. zu zeigen.

Trikottausch als Motivation

Ähnlich Fabian Johnson, Julian Green, John Brooks und Timothy Chandler. Alle Deutsch-Amerikaner, alle bei Bundesliga-Vereinen unter Vertrag, alle inzwischen international unter Klinsmanns Obhut. Nicht zu vergessen Berti Vogts, der 1998 nach der WM in Frankreich als Bundestrainer vom Hof gejagt wurde und inzwischen im Nebenjob Klinsmann und sein US-Team berät.

WM 2014 Gruppe G 2. Spieltag USA - Portugal
Drei Länderspiele für den DFB, 43 für die USA - Jermaine Jones ist topmotiviert gegen DeutschlandBild: picture-alliance/AP Photo

Philipp Lahm, der Kapitän der deutschen Mannschaft, betont indes, dass das Wiedersehen mit Klinsmann keine Sentimentalitäten bei der deutschen Mannschaft auslöst: "Das ist ein Thema der Medien, nicht der Spieler. Wir hatten eine super Zeit, aber das ist ein paar Jahre her. Jetzt geht es für uns ums Achtelfinale". Übrigens: Klinsmann, der betont, wie sehr er nur sein "business", seine Arbeit mache, will ungeachtet der Brisanz am Donnerstag die deutsche Hymne mitsingen. "Natürlich", beantwortete er eine entsprechende Journalistenfrage kurz und bestimmt. Bleibt nur zu hoffen, dass ihm die Mikrofone nicht allzu nahe kommen, denn im Gegensatz zu seinen Fähigkeiten als Trainer ist seine stimmliche Virtuosität durchaus limitiert.