Erst Profi, dann pleite?
14. April 2011Ein Ortsteil am Kölner Stadtrand. Ein großes denkmalgeschütztes Bürohaus, viele Schreibtische, Kaffeeduft und klingelnde Telefone – Die Booker GmbH, Dienstleister für Ticketing und Veranstaltungsvermarktung. Hinter einem der Schreibtische sitzt ein bekanntes Gesicht, Carsten Ramelow. Der ehemalige Profi von Bayer 04 Leverkusen berät Kunden und ist Ansprechpartner für Logen und Business-Seats in nahezu allen Stadien und Arenen in Deutschland.
Altervorsorge keine Thema
Ramelow ist jedoch kein Paradebeispiel für einen ehemaligen Fußballprofi. Denn viele seiner Ex-Kollegen sind nach ihrer Karriere arbeitslos geworden und auf die Hilfe des Staates oder der eigenen Familie angewiesen. Die Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV) schlägt Alarm. Denn laut der Spielergewerkschaft haben lediglich zehn Prozent der deutschen Profis nach ihrem Karriere-Ende ausgesorgt und müssen nicht mehr arbeiten.
Doch warum ist das so? Gerade junge Spieler lassen sich oft vom großen Geld blenden. Sie fahren teuere Autos und tragen Designer-Kleidung, weiß der ehemalige Nationalspieler Carsten Ramelow: "Der eigene Lebensstandard ändert sich auf einmal, weil man sich andere Dinge leisten kann als vorher." Doch man dürfe nie vergessen, wo man her kommt, denn "irgendwann ist der Film abgelaufen", sagt Ramelow weiter. Für viele Fußballer ist 'Altersvorsorge' kein Thema. "Viele Spieler leben auf zu großem Fuß. Sie bilden keine Rücklagen oder werden schlecht beraten und viele sind auch nicht ausreichend versichert", sagt Ulf Baranowsky, VdV-Geschäftsführer.
Der Tag X kommt meist unerwartet
Knapp 25 Prozent der Fußball-Profis scheinen genau das nicht zu berücksichtigen und stehen nach dem Ende ihrer Karriere vor dem Nichts. Denn der Tag X, der Tag an dem der Erfolg schlagartig vorbei ist, genau dieser Tag kommt meist früher als erwartet. "Man muss wissen, dass die Karriere bei jedem Training vorbei sein kann", warnt Ramelow. Der gebürtige Berliner weiß, wovon er redet; auch er verletzte sich im September 2007 schwer am Knie. Nach vier Operationen war klar: Für den damals 33-Jährigen war die sportliche Karriere beendet.
Die Firma wartet nicht auf dich
Die Ausbildung während der Fußballer-Laufbahn gehört heute in den meisten Vereinen dazu. Schulen arbeiten eng mit den Fußballvereinen zusammen und ermöglichen den Jungprofis ihren Schulabschluss, trotz Trainingsalltags. Das Münchener Theodolinden-Gymnasium beispielsweise liegt direkt neben dem Trainingsgelände des FC Bayern München. Michael Rensing, aktuelle Nummer Eins des FC Köln, hat dort seinerzeit das Abitur erfolgreich bestanden. "Bei uns geht es erst um die Schule, dann um den Sport", sagt Horst Schmidbauer, der die Münchener Leistungsklassen des Fußballs koordiniert.
Doch weder eine abgeschlossene Ausbildung noch ein guter Schulabschluss sind eine Garantie für einen Job nach der Fußball-Karriere. "Die Firma wartet nicht 15 oder 20 Jahre auf dich", sagt Ramelow. "Mit Disziplin und Leidenschaft, den Tugenden aus dem Fußballalltag, und vor allem mit Interesse an anderen Dingen abseits vom Fußball, schafft man den Übergang in ein 'normales' Berufsleben", beschreibt Carsten Ramelow seinen Lebenslauf.
"Man ist bequem geworden"
Der Wechsel in einen alltäglichen Job ist dennoch für viele nicht leicht. Geregelte, längere Arbeitszeiten und ein oftmals geringeres Einkommen schrecken viele Spieler ab. Und das, obwohl die meisten dann noch nicht ausgesorgt haben. "Manche müssen arbeiten gehen, wollen es aber nicht, weil man in den Jahren auch bequem geworden ist". Diese Einstellung führt in den meisten Fällen in die Arbeitslosigkeit; die ehemals gefeierten Stars sind auf die Hilfe des Staates angewiesen. "Wer allein auf die Karte Fußball setzt, steht irgendwann vor dem Nichts", sagt Ulf Baranowsky. Die Spieler seien immer gut beraten einen Plan B in der Tasche zu haben.
Familie im Mittelpunkt
Der Plan von Carsten Ramelow ist aufgegangen. Er mag seinen neuen Beruf, es sei eine neue Herausforderung in seinem Leben. Ins Fußballstadion geht der Familienvater nur noch selten. Denn nicht der Fußball, sondern seine Familie steht nun im Mittelpunkt seines Lebens. Und wenn er sich dann doch mal die jungen Wilden von Bayer Leverkusen anschaut, dann nicht vom VIP-Bereich aus. Er trifft sich mit Freunden auf der Gegengeraden. Mit Stadionwurst und einem kühlen Bier wird dann über das aktuelle Spielgeschehen diskutiert.
Autor: Thomas Klein
Redaktion: Wolfgang van Kann