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Erster offen schwuler Bürgermeister in Polen

1. Dezember 2014

Es ist im katholisch dominierten Polen schon eine Sensation: In Slupsk an der Ostsee wird künftig ein schwuler Politiker Rathauschef sein. Doch er redet viel lieber von neuen Jobs, vom Energiesparen und Fahrradfahren.

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Der künftige - schwule - Bürgermeister von Slupsk, Robert Biedron (Foto: picture-alliance/EPA/Dumitru Doru)
Bild: picture-alliance/EPA/Dumitru Doru

Erstmals ist in Polen ein Homosexueller zum Bürgermeister gewählt worden. Robert Biedron (Artikelbild) von der linksliberalen Partei "Deine Bewegung" gewann am Sonntag die Stichwahl in der nordpolnischen Stadt Slupsk (Deutsch: Stolp). Der 38-Jährige setzte sich mit rund 57 Prozent der Stimmen gegen seinen Konkurrenten der liberal-konservativen Bürgerplattform PO, Zbigniew Konwinski, durch.

Keine Hilfe von Parteien oder Gewerkschaften

Unterstützung durch Parteien oder Gewerkschaften hatte Biedron nicht erhalten. Hilfe wurde dem Kandidaten weitgehend von Homosexuellenverbänden zuteil. "So kann man, wenn man es will, Berge bewegen", sagte Biedron nach seinem Wahlsieg.

Der Politologe und Atheist Biedron hatte 2001 mit der "Kampagne gegen Homophobie" eine breite gesellschaftliche Kontroverse ausgelöst. 2011 zog er als erster offen schwuler Abgeordneter in das nationale Parlament des stark katholisch geprägten Polens ein. Damals wurde für die Partei auch eine Transsexuelle als Abgeordnete gewählt. Als Mitglied des Justizausschusses erwarb sich Biedron Ansehen durch seine Ernsthaftigkeit und seinen Fleiß.

Noch keine allgemeine Akzeptanz

Doch mehrfach wurde Biedrons Abgeordnetenbüro mit Schmäh-Graffiti beschmiert. Beschimpfungen, Feindseligkeit und persönlichen Angriffen war Biedron in seinem Kampf für die Rechte von Schwulen und Lesben ohnehin immer wieder ausgesetzt. Doch einiges hat sich in den vergangenen Jahren auch im katholisch-konservativ geprägten Polen verändert. Die "Parada Rownosci", die polnische Variante des Christopher Street Day, braucht zwar nach wie vor Polizeischutz, doch die Organisatoren müssen nicht mehr vor Gericht ziehen, um sich ihr Demonstrationsrecht zu erkämpfen. Von allgemeiner Akzeptanz in der polnischen Gesellschaft kann indes noch keine Rede sein. Das wurde erst wieder im vergangenen Monat deutlich, als die Ausstrahlung eines Fernsehspots zugunsten eines Partnerschaftsgesetzes Beschwerden beim Fernsehrat nach sich zog. Katholische Medien sprachen von "Abartigkeit im öffentlichen Fernsehen" - in dem Spot werden Alltagsszenen eines lesbischen Paares gezeigt.

Kostenloses Internet

Dass er in Kürze der erste offen homosexuelle Rathauschef in Polen sein wird, dürfte Biedrons politische Alltagsarbeit in Slupsk übrigens nicht übermäßig beeinflussen. Er hat vielmehr andere Dinge im Kopf: Biedron kündigte etwa an, auf seinen Dienstwagen zu verzichten und sich stattdessen per Fahrrad in Slupsk zu bewegen. Die 93.000 Einwohner der Stadt an der Ostseeküste rief er auf, ebenfalls aufs Fahrrad umzusteigen. Zudem will sich der Politiker, der mit dem Slogan "Endlich Wandel" antrat, in der Stadt kostenloses Internet bereitstellen und sich für die Einsparung von Energie sowie neue Arbeitsplätze einsetzen.

sti/rb (afp, dpa, epd)