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Künstliches Leben

25. Januar 2008

Ganz so weit wie Frankenstein sind sie noch nicht, aber immerhin haben US-Wissenschaftler schon das komplette Gen-Material eines Bakteriums nachgebaut. Es könnte bald zum Leben erwachen und soll dann viel Gutes tun.

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Szene aus dem Film "Frankenstein" von 1931, Quelle: AP
Szene aus dem Film "Frankenstein" von 1931Bild: AP
DNA-Modell, Quelle: DW
Das nachgebaute Genom besteht aus 580.076 solcher KombinationenBild: DW-TV

US-Forschern ist ein wichtiger Schritt in Richtung der Schaffung künstlichen Lebens gelungen: Sie stellten eigenen Angaben zufolge zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit das synthetische Genom eines Bakteriums her. Es sei die größte DNA-Struktur, die jemals von Menschen hergestellt wurde, hieß es in einer Studie von Forschern des Venter-Instituts, die am Donnerstag (25.1.2008) im US-Wissenschaftsmagazin "Science" veröffentlicht wurde. Das eigentliche Ziel sei die Schaffung eines künstlichen Organismus, sagte der maßgebliche Autor der Studie, Dan Gibson.

Das Venter-Institut wurde von dem umstrittenen Biotechnologie-Pionier Craig Venter gegründet. Er sieht in künstlichem Leben ein mögliches Heilmittel für Krankheiten und Klimaprobleme.

Vorletzte Etappe

"Das ist ein begeisternder Fortschritt für unsere Wissenschaftler und unsere Disziplin", sagte Gibson. Mit der Herstellung eines Bakteriumgenoms sei die vorletzte Etappe auf dem Weg zur Schaffung künstlichen Lebens erreicht. "Gleichwohl arbeiten wir weiter auf das letztendliche Ziel hin, ein synthetisches Chromosom in eine Zelle einzusetzen und so die Schaffung des ersten künstlichen Organismus in Gang zu setzen", betonte Gibson in "Science".

Die erste der drei Etappen auf dem Weg zu künstlichem Leben war dem Bericht zufolge erst im vergangenen Jahr erreicht worden, als das Einsetzen eines Genoms von einem Bakterium in ein anderes gelungen war.

Soll gegen Klimawandel helfen

Verschmutztes Gewässer in China, Quelle: AP
Alles für den guten Zweck: Die neuen Bakterien sollen giftige Abfälle beseitigen helfenBild: AP

Künstlich geschaffene Bakterien könnten für wichtige Aufgaben wie die Herstellung von Bio-Treibstoff eingesetzt werden, führte der ebenfalls an der Studie beteiligte Wissenschaftler Hamilton Smith in dem Wissenschaftsmagazin aus.

Außerdem könnten derartige Organismen gezielt eingesetzt werden, um das klimaschädliche Gas Kohlendioxid abzubauen oder giftige Abfälle unschädlich zu machen. Ein Erfolg der Forscher könnte nach ihrer Einschätzung also ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Klimawandels sein.

Nur 580 Gene

Während ihrer fünf Jahre langen Forschung hatten die Wissenschaftler des Venter-Instituts das Bakterium Mycoplasma genitalium verwendet, das mit rund 580 Genen eines der kleinsten Zellgenome auf der Erde hat. Im Vergleich zum menschlichen Genom ist dies winzig: Dieses besteht aus etwa 36.000 Genen. Die US-Forscher stellten in einem chemischen Verfahren DNA-Bruchstücke von Mycoplasma genitalium her. Mithilfe einer neuen Methode gelang es ihnen, diese Einzelteile zusammenzusetzen und zu vervielfältigen.

In der Wissenschaftswelt stieß die Studie auch auf Skepsis. So sagte der Molekularbiologe Eckard Wimmer von der New York University, nach der Herstellung eines künstlichen Genoms hätten die Wissenschaftler eigentlich auch gleich künstliches Leben schaffen können. Dass dieser letzte Schritt nicht erfolgt sei, spreche dafür, dass das hergestellte Genom nicht lebensfähig sei. Diese Möglichkeit hätten die Forscher am Ende ihrer Studie selbst eingeräumt mit dem Hinweis, dass das Genom "vielleicht nicht lebensfähig im Fall experimenteller Transplantationen" sei, unterstrich Wimmer. Helen Wallace von der Organisation GeneWatch in Großbritannien sagte AFP: "Venter ist nicht Gott. Er ist weit davon entfernt, Leben zu erschaffen." (kas)