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"Es fehlt an nichts!" - Luxusforschen in den USA

27. Oktober 2010

Heimat oder Luxuslabor? Vor dieser Wahl stand der Deutsche Alexander Schmidt vor fünf Jahren. Er entschied sich für die "National Institutes of Health", die größte biomedizinische Forschungseinrichtung der Welt.

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Alexander Schmidt, Wissenschaftler am 'National Institute of Health' bei Washington (Foto: Alexander Schmidt/ NIH)
Bild: Alexander Schmidt

"Wir versuchen hier, Impfstoffe gegen die virale Lungenentzündung bei Kleinkindern zu entwickeln", erklärt Alexander Schmidt im achten Stock eines Backseinbaus der "National Institutes of Health", kurz NIH genannt. Er sitzt auf einem Hocker, umgeben von zahllosen Reagenzgläsern und zimmerhohen Regalen. In den NIH in der Kleinstadt Bethesda, wenige Kilometer von Washington entfernt, mangelt es den Forschern aus aller Welt an nichts: weder an Geld noch an Personal.

National Institute of Health bei Washington (Foto: NIH)
Der gigantische Campus der National Institutes of HealthBild: NIH

Die Einrichtung, die 75 Gebäude auf einem riesigen Campus umfasst, wird mit amerikanischen Bundesmitteln gefördert, so wie die Max-Planck-Institute in Deutschland mit Bundesmitteln gefördert werden."Man muss hier keine Forschungsanträge schreiben, die dann eine Laufzeit von zwei oder drei oder fünf Jahren haben", sagt Schmidt.

Unterschwellig klingt hier Kritik am Forschungsstandort Deutschland durch. Denn an den Universitäten in Berlin, Hamburg oder Düsseldorf müssen Forschungsgelder immer wieder aufs Neue beantragt werden. Oft werden sie nicht genehmigt. Diese Sorgen hat Alexander Schmidt an den NIH nicht.

Geduld gefragt

Wegen dieser guten Rahmenbedingungen siedelte der 43-jährige Arzt samt Frau und zwei Kindern in die USA über. Dafür gab er 2005 seine Stelle als Juniorprofessor an der größten Universitätsklinik Europas, an der Charité in Berlin, auf. Das Gehalt an der Charité sei mager gewesen, erinnert er sich. In den USA verdient er mehr als das Doppelte.

Forscher Alexander Schmidt vom NIH bei Washington (Foto: Alexander Schmidt/ NIH)
Forscht lieber im Ausland: Alexander SchmidtBild: Alexander Schmidt

Außerdem habe er an den NIH das Privileg, sich allein auf die Forschung konzentrieren zu dürfen. An der Charite, so Schmidt, musste er beides leisten: die Arbeit im Labor und die Behandlung der Patienten: "Wer den halben Tag forscht und den halben Tag Patienten sieht, sieht weniger von beiden Welten."

Und dennoch fehle ihm zumindest gelegentlich der Kontakt zu den Patienten. In Berlin sei er in der Intensivmedizin mit Kindern beschäftigt gewesen. Meist habe er "nach einer halben Stunde ein Erfolgserlebnis" gehabt. In der Forschung müsse man dagegen viel mehr Geduld haben. Erfolgserlebnisse stellten sich manchmal erst nach Jahren ein.

Legerer Umgangston

Forscher Alexander Schmidt vom NIH bei Washington im Labor mit einem Mitarbeiter (Foto: Alexander Schmidt/ NIH)
In Ruhe konzentriert Forschen - am NIH besser als in DeutschlandBild: Alexander Schmidt

Schon während seiner Ausbildung zog es Alexander Schmidt ins Ausland. Er studierte in den USA, in Großbritannien und auch in Japan. In Amerika schätzt er vor allem den lockeren Umgangston unter den Kollegen. "Alle begrüßen sich mit dem Vornamen und selbst Persönlichkeiten, die in Deutschland sehr eminent und reserviert sind, sind in den USA sehr leger und kollegial", sagt er. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Leistung stimmen muss.

Doch auch wenn Alexander Schmidt gerne in den USA lebt und arbeitet, denkt er oft an die alte Heimat. "Es fehlen die alten Freunde, Leute, die man seit 20 Jahren kennt, Freunde aus Studienzeiten." Inzwischen hat sich die Familie von Alexander Schmidt in den USA gut eingelebt. Während der Woche besuchen die beiden Kinder eine amerikanische Schule, samstags haben sie Deutschunterricht an der deutschen Schule in Washington. Auch Ehefrau Anjali Patel, die aus Großbritannien stammt, fühlt sich wohl in den USA. Sie ist berufstätig und freut sich, dass ihr Mann immer zu einer festen Zeit von der Arbeit kommt. Dann könne er mit den Kindern spielen. "Für das Familienleben ist das Leben in den USA besser", sagt sie und ihr Mann nickt.

Autor: Miodrag Soric
Redaktion: Nicole Scherschun