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Ethikrat gibt keine klare Empfehlung zur PID

8. März 2011

Es hatte sich abgezeichnet und ist dennoch unbefriedigend: Die 26 Mitglieder des Deutschen Ethikrates haben keine gemeinsame Haltung zum Embryonen-Test PID gefunden. Jetzt legten sie in Berlin ein gespaltenes Votum vor.

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Mikroskopische Aufnahme einer menschliche Eizelle (Foto: dpa)
Ethisch heikel: Gendiagnostik an EmbryonenBild: picture-alliance/dpa

Rund eine Woche vor der Bundestagsdebatte zur Präimplantationsdiagnostik (PID) hat der Deutsche Ethikrat ein gespaltenes Votum zu dem umstrittenen Verfahren abgegeben. Eine knappe Mehrheit von 13 Mitgliedern empfiehlt in der am Dienstag (08.03.2011) in Berlin veröffentlichten Stellungnahme eine begrenzte Zulassung von Gentests an Embryonen bei künstlichen Befruchtungen. Elf Ethikratsmitglieder befürworten ein Verbot. Darüber hinaus gibt es ein Sondervotum und eine Enthaltung. Das unabhängige Gremium, das den Bundestag und die Regierung berät, hat 26 Mitglieder, darunter Naturwissenschaftler, Mediziner, Juristen, Philosophen und Theologen.

Gerichts-Entscheidung zwingt zu Gesetz

Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe (Foto: dpa)
Steht für ein PID-Verbot: Kanzlerin und CDU-Chefin MerkelBild: dpa

Das Vorgängergremium des Deutschen Ethikrats, der Nationale Ethikrat, hatte sich in einer ersten Stellungnahme 2003 mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für die begrenzte Einführung der PID ausgesprochen. Nachdem der Bundesgerichtshof vergangenes Jahr entschieden hatte, dass die PID in Deutschland nach geltendem Recht nicht grundsätzlich verboten ist, will der Bundestag in den kommenden Monaten eine klare Regelung finden. In dieser ethisch heiklen Frage liegen dem Parlament drei Gesetzentwürfe zur Diskussion, die jeweils von Politikern aller Fraktionen getragen werden. Eine Gruppe von Abgeordneten fordert ein umfassendes Verbot der PID, eine weitere ist für eine begrenzte Zulassung. Ein dritter Antrag sieht vor, die Methode in Einzelfällen zuzulassen, die Grenzen aber noch enger zu ziehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich gegen die PID ausgesprochen und wollte bereits im Herbst ein Verbot gesetzlich festschreiben lassen. Das scheiterte aber zunächst am Widerspruch in der Koalition. Auch innerhalb ihrer CDU konnte sich die Parteichefin nur denkbar knapp durchsetzen. Auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe entschieden die christdemokratischen Delegierten im vergangenen November mit 51 Prozent der Stimmen für ein PID-Verbot.

Ein äußerst umstrittenes Verfahren

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist nur bei künstlicher Befruchtung möglich. Die Embryonen werden im Reagenzglas auf genetische Defekte untersucht, nur gesunde werden in die Gebärmutter eingesetzt. Embryonen mit vermuteten Erbkrankheiten werden aussortiert und sterben ab. Mit der äußerst umstrittenen Methode sollen Fehl- und Totgeburten sowie Geburten kranker oder behinderter Kinder vermieden werden.

Aus Sicht der Befürworter im Ethikrat soll die PID möglich sein, wenn ein "hohes medizinisches Risiko" vorliegt. Das sei beispielsweise dann der Fall, wenn nachweislich die Vererbung einer schweren Krankheit oder Behinderung drohe. Als weitere Voraussetzung nennen die Befürworter, dass es nach einer vorgeburtlichen Untersuchung in diesem Fall zu einem Schwangerschaftsabbruch käme, wenn die Gesundheit der Frau gefährdet sei.

PID nur "ganz oder gar nicht"?

Die Gegner der PID im Ethikrat argumentieren, mit deren Zulassung könne menschliches Leben aufgrund unerwünschter Eigenschaften verworfen werden. Dies schließe die Schwangerschaftskonfliktregelung aber aus. Zudem würde eine hohe Zahl "überzähliger" Embryonen entstehen, mit denen niemand umzugehen wisse. Eine Begrenzung auf bestimmte Erkrankungen sei nicht einzuhalten und eine Ausweitung zu befürchten. "Die PID ist offensichtlich nur ganz oder gar nicht zu haben", heißt es in der Stellungnahme.

In einem Sondervotum empfiehlt der Medizinethiker Eckhard Nagel unter anderem eine verbindliche Liste, in welchen Fällen eine PID erlaubt sein soll.

"Stoffsammlung statt Richtschnur"

Angesichts der uneinheitlichen Stellungnahme des Ethikrates zweifelte der FDP-Gesundheitsexperte Erwin Lotter am Sinn des Gremiums. Es sei "enttäuschend", dass der Rat auf eine klare Empfehlung verzichte und nur die sattsam bekannten Argumente aufliste, sagte Lotter in Berlin. Wer auf eine ethische Richtschnur gehofft habe, müsse nun mit einer Stoffsammlung zufrieden sein. Der FDP-Politiker stellte auch den Sinn eines jährlichen Aufwandes von 1,7 Millionen Euro in Frage, "wenn 26 höchst renommierte Persönlichkeiten in wochenlanger Diskussion nicht mehr zustande bringen."

Autor: Rolf Breuch (dapd, dpa, epd, kna)
Redaktion: Martin Muno