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Bernd Riegert, zurzeit in Avignon6. September 2008

Die EU-Außenminister haben sich bei ihrem Treffen in Avignon bemüht, Einigkeit gegenüber Russland zu demonstrieren. Doch hinter den Kulissen wurden die Streitpunkte heftig verhandelt.

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Ferrero-Waldner und Kouchner auf Bühne. (AP Photo/Claude Paris)
Gastgeber Kouchner (an seiner Seite Benita Ferrero-Waldner) musste unterschiedliche Meinungen bündelnBild: AP

Nach dem Außenministertreffen der EU im sonnigen Süden Frankreichs ruhen nun alle Hoffnungen auf dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, der am Montag (08.09.2008) als EU-Ratsvorsitzender nach Moskau reisen wird. Dort soll er erneut versuchen, den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zu überzeugen, sich an die Waffenstillstandsvereinbarung mit Georgien zu halten. Die Auslegung dieses so genannten Sechs-Punkte-Plans ist umstritten.

quelle: Photo: DW / Alen Legovic
Der Papstpalast von Avignon war Treffpunkt der AußenministerBild: DW

Offenbar hat sich die EU darauf geeinigt, dass russische Truppen nun doch in den abtrünnigen Provinzen Abchasien und Süd-Ossetien bleiben dürfen. Bislang hatte die EU zusammen mit den USA und Georgien darauf bestanden, dass sich Russland auf die Stellungen zurückzieht, die es vor dem Ausbruch des kurzen Krieges mit Georgien innehatte. Mit dem Zugeständnis will die EU erreichen, dass Russland sich einer politischen Lösung der Kaukasus-Krise nicht weiter verschließt.

Sonderbeauftragter ja, aber keine Sanktionen

Die EU will einen Sonderbeauftragten für Georgien ernennen und eine Geberkonferenz organisieren. Mittelfristig wollen die Türkei und die EU eine Stabilisierungskonferenz für den gesamten Kaukasus organisieren.

Sanktionen gegen Russland lehnte der Gastgeber, der französische Außenminister Bernard Kouchner, ab. Er sagte, Sanktionen seien keine Option, weil sie wirkungslos wären. Die baltischen Staaten, Schweden und Großbritannien hatten zuvor eine härtere Haltung gegenüber Russland und eventuell auch Strafmaßnahmen gefordert.

Uneinigkeit über EU-Beitritt der Ukraine

Estlands Außenminister forderte eine klare Beitrittsperspektive für Georgien und die Ukraine. Man dürfe vor russischer Kritik nicht zurückweichen, sagte Urmas Paet: "Jetzt ist es sehr wichtig, dass die Nato und die EU die Ukraine, Moldawien und andere Staaten voll und ganz unterstützen, die ihre Zukunft als offene Demokratien sehen. Im Moment ist das die beste Versicherung für diese Staaten."

Andere EU-Staaten, darunter Deutschland, bremsen. Ein Beitritt der instabilen Ukraine zur EU sei noch in weiter Ferne. Kommende Woche soll erst einmal ein umfassendes Kooperationsabkommen mit der ehemaligen Sowjetrepublik unterzeichnet werden. Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn hält wenig von einem schnellen Beitritt der Ukraine, deren Krimhalbinsel mehrheitlich von Russen bewohnt wird.

Der britische Außenminister David Miliband forderte Moskau auf, sich drei Wochen nach Unterzeichnung des Waffenstillstandsplans endlich kooperativer zu zeigen. "Mit Blick auf Georgien ist es wichtig, dass Russland die fundamentalen Prinzipien respektiert, von denen es behauptet, es habe sie akzeptiert. Das sind territoriale Eigenständigkeit, demokratische Regierungsform und Respekt vor dem internationalen Recht."

Mehr Beobachter entsenden

Der finnische Außenminister Alexander Stubb, der gleichzeitig Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist, lobte hingegen Russland. Stubb sagte der Deutschen Welle, Russland lasse die Militärbeobachter der OSZE inzwischen in die von Russland gehaltenen Pufferzonen. "Es läuft ganz gut. Wir haben 28 Militärbeobachter in der Region. Gestern konnten sie in die Konfliktzone. Wir bemühen uns, sie auch nach Südossetien zu schicken. Alles in allem war die Zusammenarbeit mit den Russen gut."

Insgesamt, so der finnische Außenminister, seien 200 bis 300 Beobachter notwendig. Russland und Georgien sind beide Mitglieder der OSZE. Die Europäische Union steht bereit, weitere Beobachter auch unter eigener EU-Flagge in die Region zu schicken.

Unabhängige Untersuchung des Konflikts

Franck-Walter Steinmeier in Avignon (AP Photo/Claude Paris)
Franck-Walter Steinmeier in AvignonBild: AP

Auf ein breites Echo stieß die Forderung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach einer internationalen Untersuchung zu den Ursachen des Kaukausus-Konflikts. Neben Frankreich sprachen sich auch Großbritannien, Spanien, Luxemburg und Finnland dafür aus. Asselborn sagte, nicht nur Russland auch Georgien trage eine Verantwortung für den Konflikt.

Die EU-Außenminister bemühten sich, ein geschlossenes Bild abzugeben, obwohl die Meinungsunterschiede laut Regierungskreisen groß waren. Sollte die Reise des französischen Staatspräsidenten nach Moskau nicht das erhoffte Einlenken bringen, werden die Risse innerhalb der EU wieder aufbrechen, glauben EU-Diplomaten.

Die EU-Kommissarin für Außenbeziehungen Benita Ferrero-Waldner sagte Georgien mehr humanitäre Hilfe zu. "Wir müssen zusammen mit den Georgiern und anderen die Wiederaufbauhilfe leisten. Wir haben schon eine erste Mission dort gehabt. Wir wollen natürlich den Georgiern auch zur Seite stehen mit einer makroökonomischen Wirtschaftshilfe, weil im Augenblick durch einen Vertrauensschwund die Investitionen zurückgegangen sind. Das heißt, hier haben sie wichtige Aufgaben." Deutschland wolle 350 Häuser für Flüchtlinge nach Georgien liefern, kündigte Steinmeier an.

Ein konkretes Ergebnis brachte das Treffen der Außenminister im Papstpalast in Avignon: Die Zahl dieser Treffen soll verdoppelt werden, weil sie so gute Diskussionen ermöglichten, sagte Kouchner. Das nächste Treffen ist bereits für Ende Oktober in Paris geplant.