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Bankenunion macht noch viel Arbeit

Bernd Riegert12. Dezember 2012

Kurz vor dem EU-Gipfel beraten die EU-Finanzminister erneut über die neue Bankenaufsicht. Viele Probleme sind ungelöst. Die Aufsicht ist der erste Schritt zur angestrebten Bankenunion.

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ARCHIV - Eine Hand entnimmt dem Geldschlitz eines Bankautomaten die gewünschten Banknoten
Bild: picture-alliance/dpa

Eine Erkenntnis aus der Schuldenkrise in der Euro-Zone lautet: Eine Währungsunion braucht auch eine Bankenunion. Beschlossen wurde eine solche Union beim EU-Gipfel im Juni 2012 in Brüssel. Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, und der erste Schritt wäre eine gemeinsame zentrale Aufsicht über die Banken. Dann braucht man Mittel, um marode Banken im Notfall mit frischem Kapital auszustatten. Zusätzlich wird ein Verfahren benötig, um Banken geordnet pleite gehen zu lassen und abzuwickeln. Für diesen Fall ist auch ein gemeinsamer Fonds der Banken nötig, mit dem sie gegenseitig für die Einlagen der Sparer haften. Diese Methoden zur Steuerung der Banken gibt es in einigen Mitgliedsstaaten der Euro-Zone, aber noch nicht in allen. Die EU möchte das zentral organisieren, weil 27 unterschiedliche Behörden angeblich weniger schlagkräftig und unabhängig seien als eine europäische Superaufsicht.

"Noch nicht über den Berg"

Der im Oktober 2012 beschlossene Fahrplan für ein Bankenaufsicht Ende 2013 ist nur der erste Schritt auf einem noch langen Weg zur vollständigen Bankenunion, glaubt der politische Analyst Janis Emmanouilidis von der Denkfabrik "European Policy Centre" in Brüssel. "Das heißt noch lange nicht, dass man über den Berg ist. Es wird vor allem darum gehen, die fundamentalen Defizite in der Wirtschafts- und Währungsunion, das Ungleichgewicht zwischen einer Währungsunion und einer unfertigen Wirtschaftsunion zu beseitigen", sagte Emmanouilidis der Deutschen Welle. "Da hat man sich an die Arbeit gemacht, aber das wird sicher noch länger dauern. Und die Umsetzung umso mehr."

Bundeskanzlerin Angela Merkel räumte nach dem Gipfeltreffen Mitte Oktober in Brüssel ein, dass die Bankenunion noch lange nicht fertig ist: "Wenn wir die Bankenaufsicht haben und wenn wir die direkte Rekapitalisierung wollen, dann muss man natürlich auch einen Abwicklungsfonds für Banken haben, der auch aus Elementen der Banken gespeist werden muss. Also auch hier ist noch Arbeit zu leisten." In den Abwicklungsfonds und in einen Garantiefonds für Spareinlagen sollen die Banken selbst einzahlen. Der Aufbau dieser Einlagensicherung würde aber Jahre dauern. Denkbar wäre auch eine Kombination von bereits existierenden Feuerwehr-Fonds in einigen Nationalstaaten. Die Bundesregierung ist aber bislang dagegen, dass mit den Geldern bayrischer Sparkassen zum Beispiel die Einlagen andalusischer Pleitebanken abgesichert werden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (re.) im Gespräch mit dem französischen Finanzminister Pierre Moscovici.
Finanzminister Schäuble (re.) und sein französischer Kollege Moscovici ringen um die BankenaufsichtBild: Reuters

Bankenunion nur für gesunde Geldhäuser

In der Bankenunion sollen alle 6000 Banken der Europäischen Union nach 2014 zusammengefasst werden. Allerdings gibt es Streit darüber, welche Banken überhaupt unter die Aufsicht der Bankenunion gestellt werden sollen: Nur die gesunden liquiden Geldhäuser oder auch die maroden Banken, die sich in Spanien, Irland, Slowenien oder Griechenland verspekuliert haben. Janis Emmanouilidis, Politik-Experte in Brüssel, sieht da noch erhebliches Konfliktpotential. "Zentrale Spieler wie Deutschland, Finnland und die Niederlande haben angekündigt, dass Unterstützung direkt an Banken nur für die Banken gewährleistet wird, die nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft in Schwierigkeiten geraten. Man hat versucht, die Altlasten von künftigen Problemen zu entkoppeln. Da findet eine erhebliche Diskussion statt zwischen den so genannten Geberländern Deutschland, Finnland, Niederlande auf der einen Seite und potenziellen Nehmerländern wie Spanien", sagte Emmanouilidis.

Dunkle Wolken über dem Bankenviertel in Frankfurt am Main
Dunkle Wolken über Main-hattan: Die Banken in Frankfurt am Main warten auf klare Ansagen aus BrüsselBild: picture-alliance /dpa

"Das braucht Zeit"

Spanien und Italien hatten darauf gedrungen, dass ihre Banken schnell durch den gemeinsamen Rettungsfonds ESM rekapitalisiert werden können, sobald die Bankenaufsicht eingerichtet wird. Das soll jetzt erst in einem Jahr geschehen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Erst einmal müsse man bei der Europäischen Zentralbank eine neue Behörde mit Hunderten Mitarbeitern aufbauen: "Schon allein vom praktischen Ablauf ist doch vollkommen klar, dass das nicht innerhalb von eineinhalb Monaten zu regeln ist. Und deshalb haben wir einfach gesagt, das muss qualitativ gut sein, das muss funktionieren. Es muss ein Mehrwert erkennbar sein gegenüber dem, was wir heute schon haben", sagte Merkel nach dem EU-Gipfel im Oktober in Brüssel. Seither wird verhandelt, doch konkrete Ergebnisse können die EU-Finanzminister noch nicht vorweisen.

Rechtliche Hürden

Vor dem Inkrafttreten der Bankenaufsicht und den nächsten Stufen der Bankenunion müssen immer noch eine Reihe von rechtlichen Fragen ausgeräumt werden. Wie kann sichergestellt werden, dass es zwischen den bisherigen Aufgaben der Europäischen Zentralbank und der neuen Aufsicht eine klare Trennung gibt. Wie werden Staaten, die den Euro nicht als Währung haben, an den Entscheidungen der Bankenaufsicht beteiligt? Welches Gericht soll die Entscheidungen der Bankenaufsicht prüfen? Welches Parlament ist für die Kontrolle zuständig? Darüber beraten die Finanzminister und wahrscheinlich auch die Staats- und Regierungschefs der EU in dieser Woche (13.12.2012).

Hauptquartier der Bankia-Bank in Madrid, Spanien. Das Gebäude ist schräg gebaut.
In Schieflage: Spaniens Bankia erhält Geldspritzen aus dem RettungsfondsBild: REUTERS

Und dann sind da noch die Sonderfälle Großbritannien und Dänemark. Diese beiden EU-Staaten wollen den Euro auf keinen Fall einführen, aber trotzdem an der Bankenunion teilnehmen. Großbritannien möchte vor allem die Aufsicht über seine Banken national behalten und den Finanzplatz London nicht geschwächt wissen. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, steht der Bankenunion skeptisch gegenüber. Er befürchtet zu viel zentrale Gängelung für seine Sparkassen durch eine "nicht ausreichend arbeitsfähige Mammutbehörde". Die in öffentlichem Besitz befindlichen Sparkassen sollen anders als private Banken allerdings nicht so stark beaufsichtigt werden, weil von ihnen weniger Risiken ausgehen.