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Sind die Staatsdiener in der Europäischen Union überversorgt?

10. Januar 2011

Die rund 30.000 EU-Beamten in Brüssel haben umfangreiche Sonderregelungen, viel Urlaub und massig Geld. Die CSU kritisiert diese Privilegien und will sie kräftig zusammenstreichen. Wie sieht es damit tatsächlich aus?

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Europaflagge in Brüssel (Foto: picture alliance)
Mythos oder Wahrheit – das schlechte Image der BeamtenBild: picture-alliance/dpa

"Wir wollen das gesamte Privilegiensystem in der Europäischen Union auf den Prüfstand stellen und auf ein Niveau zurückführen, das man als sachlich angemessen beschreiben kann", ließ der Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn von der CSU-Landesgruppe verlauten. Betroffen wären davon die insgesamt rund 30.000 EU-Beamten in Brüssel. Sie arbeiten für die Europäische Kommission, den Rat der Europäischen Union, das Europäische Parlament, den Europäischen Gerichtshof, die Europäische Zentralbank und verschiedene Ausschüsse.

Vergünstigungen bis zum Abwinken?!

Doch worum geht es eigentlich? Ein paar Beispiele für Privilegien der EU-Beamten:

Der sogenannte Sonderurlaub. Der wird nämlich für innereuropäische Reisen in das Heimatland des Beamten gewährt und schlägt mit bis zu sechs Tagen zu Buche. In Zeiten schneller Flugverbindungen ein Anachronismus. Die Berechnungsgrundlage für den Sonderurlaub sei aber nach wie vor die Entfernung in Eisenbahnkilometern, sagt Silberhorn.

Beamter hinter Ordnerstapel (Foto: Fotolia)
Sind die Staatsdiener in der Europäischen Union überversorgt?Bild: fotolia

Ein weiterer Bonus ist, dass selbst ein Beamter in leitender Position nur 37,5 Stunden wöchentlich arbeitet. Für die Überstunden gibt es bis zu 24 freie Tage. Die werden kräftig nachgefragt: knapp die Hälfte der Brüsseler Spitzenverdiener nehmen den Freizeitausgleich in Anspruch. Darüber hat sich unlängst auch eine CDU-Haushaltexpertin negativ geäußert.

Außerdem wird das Beamtensalär praktisch nach einer festen Formel errechnet und automatisch erhöht. Im vergangenen Jahr sorgte die Debatte um die 3,7-prozentige Gehaltserhöhung der EU-Beamten für Aufregung. Mitten in der weltweiten Wirtschaftskrise ging das den Mitgliedsländern dann doch zu weit. Sie beschlossen, ihren Beamten nur halb soviel mehr zu zahlen. Darauf klagte die Kommission beim Europäischen Gerichtshof und bekam Recht.

Weitere EU-Beamten-Extras sind ein 16 prozentiger Auslandszuschlag, Steuervergünstigungen, Schul- und Kinderzulage sowie Einrichtungsbeihilfen. Übrigens verdient ein Beamter in Brüssel etwa doppelt so viel wie sein deutscher Kollege. Dazu passt, dass er auch doppelt so viele Feiertage bezahlt bekommt, nämlich 18, der deutsche nur neun.

Besser als alle anderen?

Die Europäische Kommission begründet die umfangreichen Vergünstigungen und die üppige Bezahlung für ihre EU-Beamten mit der besonderen Qualifikation ihrer Verwaltungsfachleute. Von ihnen werde viel verlangt, etwa "perfekte Kenntnisse von mindestens zwei Amtssprachen, häufige Ortswechsel und lange Auslandsaufenthalte".

Ein Eiswürfel schmilzt mit einem 50-Eruo-Schein im Inneren (Foto: Fotolia/Okea)
Werden die Privilegien eingeschmolzen?Bild: Fotolia/Okea

Diese Privilegien hätten sich über Jahre hin angesammelt, urteilt Silberhorn, der auch Mitglied im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union ist. Der CSU liege daran, dass der Öffentliche Dienst in der Europäischen Union nicht fundamental besser gestellt werde als der Öffentliche Dienst in den Mitgliedsstaaten. Die kleine Schwesterpartei der CDU, möchte den europäischen Staatsdienern die zahlreichen Sonderrechte zusammenstreichen. Ob sie damit Erfolg haben wird, ist fraglich.

Doch der Zeitpunkt ist günstig: In diesem Jahr muss die Europäische Kommission einen Neuentwurf des Beamtenstatuts vorlegen. Das ist zumindest ein Anlass um die Privilegien der EU-Bediensteten zu überprüfen. Dass eine Reform Jahre dauern wird, darüber sind sich jetzt schon alle einig.

Autorin: Petra Nicklis (mit dapd)
Redaktion: Pia Gram