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EU droht Schlappe im Rechtsstreit mit Janukowitsch

Eugen Theise14. September 2016

Der ukrainische Ex-Präsident Viktor Janukowitsch hat vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Sanktionen geklagt. Auch wenn die Richter ihm recht geben sollten, blieben seine Konten wohl zunächst gesperrt.

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Portrait des ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch mit EU-Fahne (Foto: EPA/OLIVIER HOSLET)
Bild: picture-alliance/dpa

Seit seiner Flucht nach Russland vor zwei Jahren ist der ukrainische Ex-Präsident untergetaucht. Viktor Janukowitschs einzige Verbindung zur Außenwelt sind seine Anwälte. Sie sollen europäische Konten ihres Mandanten entsperren. Dafür ist Janukowitsch kein Geld zu schade. Vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, der am Donnerstag sein Urteil zu Janukowitschs Klage verkünden will, vertritt ihn der britische Star-Anwalt Thomas Beazley. In Moskau gilt er als der beste Mann gegen EU-Sanktionen. Auch Staatskonzerne wie das Mineralölunternehmen Rosneft vertritt er vor dem EU-Gericht.

Teure Anwälte kann sich Janukowitsch auch deswegen leisten, weil er nach europäischem Recht das Geld auf seinen gesperrten Konten dafür verwenden darf. Nach Angaben der ukrainischen Financial Intelligence Unit, der Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldwäsche, sind in sechs EU-Ländern sowie in der Schweiz und Liechtenstein, die sich den EU-Sanktionen angeschlossen haben, mehrere hundert Millionen US-Dollar und Schweizer Franken von Personen der "Janukowitsch-Liste" eingefroren. .

Auf dieser Liste stehen 16 Namen - neben dem Ex-Präsidenten auch sein Sohn Olexandr, Ex-Premier Mykola Asarow, Ex-Präsidialamtschef Andrij Kljujew, ehemalige Minister und andere einflussreiche Figuren aus Janukowitschs Umfeld, die mehrheitlich nach Russland geflohen sind.

Ein Brief diente als Grundlage für Sanktionen

Neben Janukowitsch klagten auch fast alle anderen Personen auf jener Liste bereits im Frühjahr 2014 gegen die Sanktionen. Inzwischen haben sieben von ihnen recht bekommen. Brüssel hatte es nach dem Umsturz in Kiew eilig mit der Liste, um zu verhindern, dass die ukrainischen Ex-Machthaber ihre europäischen Konten leeren.

Für offizielle Rechtshilfe blieb keine Zeit. Daher begnügten sich die europäischen Staats- und Regierungschefs mit einem Brief des neuen ukrainischen Generalstaatsanwalts. Dieser schrieb lediglich, Janukowitsch und sein Umfeld würden der Korruption in großem Stil verdächtigt.

Dass es damals keine ordentlichen Strafverfahren gab, nutzen nun die Anwälte von Janukowitsch und Co. aus, um Brüssel vor Gericht eine schallende Ohrfeige zu verpassen. Beobachter gehen davon aus, dass Janukowitsch - wie zuvor schon andere Kläger - vor Gericht obsiegen wird. Denn die Richter haben in allen bisherigen Fällen die gleiche Begründung angeführt: Ein Brief ist als Grundlage für Sanktionen einfach zu wenig.

Ehemalige Residenz von Viktor Janukowitsch in der Nähe von Kiew (Foto: GENYA SAVILOV/AFP/Getty Images)
Das riesige Gelände rund um Janukowitschs ehemalige Luxus-Residenz wurde vom ukrainischen Staat beschlagnahmtBild: GENYA SAVILOV/AFP/Getty Images

Ein Sieg vor Gericht ohne praktische Auswirkungen

Doch viel werden die ukrainischen Ex-Machthaber vor dem EU-Gericht nicht erreichen: Die Gelder auf ihren europäischen Konten bleiben gesperrt. Denn der EU-Rat hat inzwischen die Sanktionen mehrmals jeweils um ein Jahr verlängert. Die formale Aufhebung der Sanktionen von 2014 ändert somit nichts, da bereits neue Rechtsakte erlassen wurden, denen zufolge die Sanktionen bis März 2017 gelten.

Janukowitsch und seine Vertrauten klagen bereits gegen diese neuen Rechtsakte. Bis das Gericht darüber entschieden hat, werden wahrscheinlich wieder neue Verlängerungen in Kraft sein.

Auswirkungen werden die juristischen Niederlagen gegen den Janukowitsch-Klan allenfalls für den europäischen Steuerzahler haben. Denn als unterlegene Seite muss Brüssel die Prozesskosten und die teuren Star-Anwälte bezahlen - insgesamt wohl Hunderttausende Euro.

EU-Gericht hält sich an rechtsstaatliche Prinzipien

Dass sich das EU-Gericht auch auf die Seite von Personen mit Kleptokraten-Ruf stellen kann, könnte bei dem einen oder anderen für Unmut sorgen. Dennoch entspricht gerade dieses Vorgehen der Justiz rechtsstaatlichen Prinzipien, meint Andrew Wilson vom European Council of Foreign Relations. "Es ist sehr wichtig, dass in diesem Fall eine gründliche juristische Überprüfung stattfand. Das zeugt davon, dass im Westen die Rechtstaatlichkeit gilt, die es in Russland nicht gibt und in der Ukraine nur sehr bedingt", erläutert der Experte im Gespräch mit der DW.

Juristische Auseinandersetzungen mit Janukowitsch und seinem Umfeld könnten sich über Jahre hinziehen. Doch um die EU-Sanktionen aufrechthalten zu können, müsste die ukrainische Justiz endlich liefern, sagte Jaroslaw Jurtschyschyn vom Kiewer Büro von Transparency International der DW. "Wenn diese Leute in der Ukraine nicht verurteilt werden, wird die EU die Konten eines Tages entsperren müssen", befürchtet der Antikorruptions-Experte.

Nach seiner Auffassung hat die ukrainische Staatsanwaltschaft fast zwei Jahre so gut wie nichts unternommen. Nun komme in die Ermittlungen endlich Bewegung. Mehrere ehemalige hochrangige Beamte wurden in den vergangenen Monaten festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen, Beihilfe zur illegalen Bereicherung des Ex-Präsidenten und seiner Vertrauten geleistet zu haben.