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EU bittet um mehr medizinisches Personal

Barbara Wesel19. November 2014

Erst als die Seuche in Westafrika voll ausgebrochen war, ernannte die EU einen Ebola-Koordinator. Nach seiner ersten Reise nach Westafrika fordert er mehr Einsatz von den Europäern. Barbara Wesel berichtet aus Brüssel.

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Die EU-Kommissare Christos Stylianides und Vytenis Andriukaitis mit Mundschutz und Handschuhen
Bild: European Union

EU-Diplomaten räumen es längst ein – die Antwort der Europäischen Union auf die Ebola-Epidemie in Westafrika kam zu spät und begann viel zu zaghaft. Weltbank-Chef Jim Yong Kim beklagt jetzt im Interview mit der Zeitung "Handelsblatt" einmal mehr die unzureichende Reaktion der internationalen Gemeinschaft. Wäre Ebola nach dem ersten Auftreten im Dezember 2013 sofort energisch bekämpft worden, "müssten wir heute nicht Milliarden von Dollar im Kampf gegen die Seuche ausgeben". Seine Institution schätzt, dass Ebola nicht nur abertausende menschliche Opfer fordert, sondern für die betroffenen Länder auch enormen wirtschaftlichen Schaden in Höhe von mehr als 30 Milliarden Dollar verursacht. Ursachen dafür sind der Zusammenbruch der Gesundheitsinfrastruktur, des Tourismus und des Grenzverkehrs - und die Tatsache, dass viele Farmer ihre Felder nicht mehr bestellen. Auch infektionsfreie Nachbarländer seien inzwischen von solchen Konsequenzen betroffen, so die Weltbank.

Erste Reise des neuen EU-Ebola-Beauftragten

Erst im Oktober wurde Christos Stylianides als Ebola-Beauftragter der EU ernannt, um die Hilfsmaßnahmen der Mitgliedsländer zu koordinieren. Nach spärlichen Anfängen wurden die Mittel auf inzwischen auf über eine Milliarde Euro aufgestockt, und die Kommission in Brüssel stellte jetzt noch einmal 29 Millionen zusätzlich zur Verfügung. Damit sollen der Transport von Hilfsgütern finanziert werden, die Evakuierung infizierter internationaler Helfer und die weitere Ausbildung von medizinischem Personal. Außerdem will man die Nachbarländer von Sierra Leone, Guinea und Liberia dabei unterstützen, ein Übergreifen der Seuche an den Grenzen zu verhindern. Nach seiner Reise in das Krisengebiet sagte Stylianides, er sei beeindruckt von der entbehrungsreichen Arbeit der medizinischen Helfer, die unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten. "Sie sind die Helden im Kampf gegen Ebola. Nach unserer Mission vor Ort fordere ich jetzt die EU-Mitgliedsländer und unsere internationalen Partner auf, dringend mehr medizinisches Personal und Seuchenspezialisten zu entsenden. Das muss heute geschehen, nicht morgen - das ist entscheidend", sagte der Kommissar.

Isolierstation in Conakry (Foto: DW)
Viel mehr europäische Helfer werden in Isolierstationen wie hier in Conakry gebrauchtBild: European Union/Kenzo Tribouillard

Es werden schnell mehr Helfer gebraucht

Schweden hat inzwischen angekündigt, dass es weitere 42 Ärzte, Krankenschwestern und Hilfspersonal nach Westafrika entsenden will. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen berichtete von 25 Freiwilligen aus dem Sanitätsdienst der Bundeswehr, die inzwischen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz ein Behandlungszentrum in Monrovia betreiben. Auch die angekündigten deutschen Flugzeuge zur Evakuierung von Hilfspersonal sollen unmittelbar bereit stehen. Großbritannien hat einen beispiellosen Einsatz von Sanitätspersonal seiner Armee angekündigt – aber die Angebote der Europäer reichten immer noch nicht aus. "Wir brauchen mehr mobile Labore; mehr Leute, die Kontaktpersonen von Infizierten aufspüren und Helfer, die mit den lokalen Gemeinden arbeiten. Ich bitte um weitere Seuchenexperten und medizinische Teams. Ich will auch mit meinen Kollegen in der EU-Kommission für eine hochrangige Konferenz mit den betroffenen Ländern der Region werben", sagt der Ebola-Beauftragte.

Sein Kollege Vytenis Adriukaitis spricht von einer nach wie vor kritischen Lage vor Ort. Der EU-Gesundheitskommissar benennt die massiv unhygienischen Lebensbedingungen als Hindernis bei der Ebolabekämpfung: Die gesamte Hygienekultur müsse geändert werden, die Länder bräuchten Sanitärausrüstung mit Tausenden mobiler Toiletten und Anlagen zur Wasserversorgung. Die Europäer sollten auch besondere Programme zur Unterstützung und Aufklärung von Frauen einführen, die schließlich für die Versorgung von Kranken und die Bestattung der Toten zuständig seien. Und Adriukaitis erinnert an das harte Los der Ebolawaisen: Die Kinder werden stigmatisiert, keiner will sie aufnehmen. Das gilt auch für Überlebende der Krankheit, die massiv ausgegrenzt werden.

Ein Ebola-Helfer wird desinfiziert (Foto: EU)
Ein Helfer in Guinea wird nach dem Einsatz desinfiziertBild: European Union/Kenzo Tribouillard

Mehr Kooperation auch in Westafrika

Nicht nur die europäischen Länder müssten besser zusammenarbeiten, sondern auch die betroffenen westafrikanischen Staaten selbst, fügt der Ebola-Koordinator Stylianides hinzu - schließlich teilten sie gemeinsame Grenzen, die gefährliche Einfallstore für die Weiterverbreitung der Seuche sind. Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehörten dabei auch verbesserte Ausreisekontrollen an westafrikanischen Flughäfen.
Beim medizinischen Kampf gegen Ebola unterstützt die EU übrigens eines der internationalen Projekte zur Erforschung von Impfstoff en in der Testphase. Erste Ergebnisse werden für Dezember erwartet; sind sie erfolgreich, soll die zweite Phase bereits im Januar beginnen. Ebola auszurotten, so glauben Seuchenexperten, werde letztlich nur gelingen, wenn es einen massenhaft einsetzbaren Impfstoff gegen die tödliche Krankheit gibt.

Zwei Politiker begrüßen sich ohne Handschlag (Foto: EU)
Die Begrüßung mit den afrikanischen Partnern ist inzwischen Ebola-konformBild: European Union