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Sexy EU

Bernd Riegert4. Juli 2007

Sex sells! Diese alte Weisheit aus der Werbebranche trifft auch auf die Europäische Union zu. Völlig unbeabsichtigt, wenn man dem Sprecher der EU-Kommission glaubt.

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Bild: DW

Rund 1,3 Millionen Mal ist ein 44 Sekunden langer Videofilm der EU angeschaut worden, seit er am vergangenen Wochenende auf dem neuen Internet-Video-Kanal "EU-tube" verfügbar wurde. Das Filmchen zeigt Sex-Szenen aus erfolgreichen anspruchsvollen Spielfilmen, die von der Europäischen Kommission mit Zuschüssen bedacht wurden. Bei Moralaposteln in Europa gab es einen Aufschrei: Wie man denn mit schlüpfrigen Szenen für die gute alte Tante Europa werben könne! Obendrein noch mit dem zweideutigen Werbespruch: Kommen wir zusammen! Die EU-Kommission musste sogar in einer Pressekonferenz verklemmte Fragen beantworten. Zwar ist in dem jugendfreien Material kein primäres Geschlechtsmerkmal (ja so heißt das) zu sehen, aber es wird gestöhnt und geschrieen - im Halbdunkel.

Erfolgreiche Nummer


Die Kommission entschied richtig und beließ den Film im Internet. Der Werbeeffekt ist nämlich gigantisch. Die Sex-Nummer ist der mit größtem Abstand am meisten angeschaute Film auf der Seite, auf der es ansonsten um europäische Satelliten, Fahnen und Korruptionsbekämpfer geht. Warum sollte die EU nicht nutzen, was in der Werbung und beim Marketing von Produkten längst gang und gebe ist. Da wird mit nackter Haut nun wahrlich nicht gegeizt. Die Zahl der Abrufe sagt auch etwas über das Publikum, das hauptsächlich an Lust interessiert scheint. Denn einen ähnlichen Clip, im dem romantische Szenen aus europäischen Kinohits gezeigt wurden, haben nur 66.000 Nutzer angeklickt.

Über eine Million Abrufe

Übrigens wurde der jetzt kritisierte Film bereits für die Berlinale im Februar produziert und lief in Kinos. Damals regte sich kein Mensch auf, weil nur wenige den Clip überhaupt gesehen haben. Dass ihn jetzt in wenigen Tagen 1,3 Millionen Abrufe ereilten, zeigt wie einflussreich und wichtig das Medium Internet mit seinen Videoplattformen geworden ist.

Europa kann begeistern, aber die Verpackung muss stimmen. Vielleicht hätte die EU darauf drängen sollen, dass ihr Video vom Plattformbetreiber YouTube nicht automatisch mit den Filmchen "Nacht des Orgasmus" und "Titten-Schnappschüsse" verlinkt wird.