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EU-Gericht kippt Sanktionen gegen zwei russische Oligarchen

10. April 2024

Es ist nicht das erste Mal, dass EU-Sanktionen durch das Gericht für nichtig erklärt werden. Im Fall der beiden russischen Geschäftsmänner sollte durch die Strafmaßnahmen indirekt der Kreml in Moskau getroffen werden.

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Michail Fridman und Pjotr Aven sitzen lachend nebeneinander
Michail Fridman (l.) und Pjotr Aven (Archivbild aus 2017) Bild: Mikhail Metzel/TASS/imago

Das Gericht der EU hat Sanktionsbeschlüsse der Europäischen Union gegen die russischen Oligarchen Michail Fridman und Pjotr Awen aufgehoben. Der Rat der EU habe bei den Entscheidungen zwischen Februar 2022 und März 2023 keine hinreichenden Belege für die Aufnahme der Männer in die Sanktionsliste geliefert, entschieden die Richter in Luxemburg. Die beiden Geschäftsleute sind Gründer und wichtige Anteilseigner des großen Finanzkonzerns Alfa Group, zu dem auch die russische Alfa Bank - eine der führenden Geldinstitute des Landes - gehört.

Kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs sanktioniert

Die Strafmaßnahmen gegen die beiden Milliardäre waren kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vom Februar 2022 verhängt worden. Die EU fror ihr Vermögen ein und erließ ein Einreiseverbot. Auch die US-Regierung sanktionierte die Männer.

Die jetzige Gerichtsentscheidung bedeutet allerdings nicht, dass Fridman und Awen sofort von der EU-Sanktionsliste gestrichen werden müssen. Zum einen kann gegen das Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, vorgegangen werden. Zum anderen geht es in diesem Fall nur um den genannten Zeitraum. Auch nach März 2023 ließ die EU die Namen der beiden auf der Sanktionsliste stehen. Dagegen gingen die Oligarchen ebenfalls gerichtlich vor, entschieden wurde aber noch nicht. 

Im vergangenen Jahr hatten sich mehrere russische Oppositionelle dafür ausgesprochen, Fridman und andere von der Sanktionsliste zu entfernen. Fridman soll den Krieg in der Ukraine als Tragödie bezeichnet und "ein Ende des Blutvergießens" gefordert haben.

Wladimir Putin mit geballter rechter Faust
Eine gewisse "Nähe" zum russischen Präsidenten Wladimir Putin reicht als Begründung nicht aus Bild: Maxim Shemetov/REUTERS

Die EU begründete die Sanktionen unter anderem damit, Fridman, der auch die israelische Staatsbürgerschaft hat, und Awen, der auch einen lettischen Pass hat, stünden mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin in Verbindung. Sie hätten russische Entscheidungsträger und Handlungen sowie politische Maßnahmen unterstützt, welche die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine bedrohten.

Die Richter entschieden nun aber, diese Vorwürfe seien nicht hinreichend belegt. Die Aufnahme in die Sanktionsliste sei daher ungerechtfertigt. Auch wenn sich möglicherweise eine gewisse Nähe der beiden Männer zu Putin bejahen lasse, beweise dies nicht, dass damit Maßnahmen unterstützt würden, die die Ukraine bedrohten. 

Anwälte begrüßen die Entscheidung der EU-Richter

Die in Frankreich ansässigen Anwälte der beiden russischen Oligarchen begrüßten das Luxemburger Urteil als "von größter Bedeutung". Fridman und Awen "zu sanktionieren, war ein kontraproduktiver Fehler", heißt es in einer Erklärung. "Wir hoffen, dass das heutige starke Signal innerhalb und außerhalb der EU gehört wird", so die Anwälte weiter.

Vor knapp drei Wochen hatte das EU-Gericht bereits die Sanktionen gegen den Ex-Formel-1-Rennfahrer Nikita Masepin gekippt. Die familiäre Beziehung zu seinem Vater - einem Geschäftsmann mit angeblich enger Freundschaft zu Putin - genüge nicht, um anzunehmen, dass er durch gemeinsame Interessen mit ihm verbunden sei, begründeten die Richter ihre Entscheidung.

Nikita Masepin mit Sonnenbrille und einem Rucksack auf dem Formel-1-Gelände in Katar
Haas-Formel-1-Pilot Nikita Masepin im November 2021 auf dem Renngelände in Katar Bild: Darko Bandic/AP/dpa/picture alliance

Ein weiteres prominentes Urteil fiel im vergangenen Jahr. Die Mutter des später verstorbenen Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Violetta Prigoschina, hätte nicht sanktioniert werden dürfen, entschieden die Richter damals. Sie argumentierten ähnlich wie im Fall Masepin. Ein Verwandtschaftsverhältnis reiche nicht aus, um Strafmaßnahmen zu verhängen.

Viele andere Sanktionierte sind dagegen mit ihren Klagen vorläufig gescheitert. Unter ihnen ist beispielsweise der ehemalige Besitzer des englischen Fußballclubs FC Chelsea, der russische Milliardär Roman Abramowitsch.

Derzeit stehen mehr als 1700 Personen und 400 Unternehmen auf der Russland-Sanktionsliste der Europäischen Union. Mehrere Dutzend Klagen gegen die Strafmaßnahmen sind vor Gerichten anhängig.

se/pg (dpa, ap, afp, rtr)