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Politik

EU: Konflikt um Tigray "außer Kontrolle"

23. Februar 2021

Finnlands Außenminister Pekka Haavisto hatte im Auftrag der EU Gespräche in Äthiopien über den Konflikt um die Krisenregion Tigray geführt. Sein Fazit ist ernüchternd.

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Flüchtlinge aus Tigray im SudanBild: Hussein Ery/AFP

"Wir sind in einer Situation, die militärisch, mit Blick auf Menschenrechte und humanitär völlig außer Kontrolle ist", sagte Finnlands Außenminister Pekka Haavisto vor Journalisten in Brüssel. Er warnte davor, dass fehlender Zugang für Hilfsorganisationen nach Tigray viele Menschen als Flüchtlinge nach Europa treiben könnte.

Mehr als drei Monate, nachdem der äthiopische Regierungschef Abiy Ahmed einen Militäreinsatz gegen die in Tigray regierende Volksbefreiungsfront TPLF gestartet hat, sei "kein Ende in Sicht", sagte Haavisto. Der finnische Außenminister war diesen Februar im Auftrag des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell nach Addis Abeba gereist und hatte dort auch Regierungschef Abiy getroffen. Die äthiopische Regierung habe bei den Gesprächen kein "klares Bild" von der Lage in Tigray vermitteln können. Auch zur Frage, inwieweit Truppen aus dem benachbarten Eritrea in den Konflikt verwickelt sind, habe es keine klare Antwort gegeben.

EU Pekka Haavisto
Pekka Haavisto hatte am Montag die EU-Außenminister über seine Reise informiert Bild: Russian Foreign Ministry/dpa/picture alliance

Die Regierungen in Addis Abeba und Asmara haben beide dementiert, dass eritreische Truppen an dem Konflikt beteiligt sind. Dies widerspricht allerdings Berichten von zahlreichen Augenzeugen. Die EU hat wie die USA den Rückzug der Truppen aus Eritrea gefordert.

Zehntausende Menschen aus Tigray in den Sudan geflohen

Haavisto betonte, er habe die Forderung der EU an die äthiopische Regierung bekräftigt, vollständigen Zugang für humanitäre Hilfe in der Krisenregion zu gewähren. Die EU hält seit Dezember 90 Millionen Euro an Hilfsgeldern zurück, weil sie unter anderem ihre Forderung nach freiem Zugang für Hilfsorganisationen als nicht erfüllt ansieht.

Laut verschiedenen Hilfsorganisationen ist ein großer Teil der Bevölkerung in Tigray von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfwerks dauert die Fluchtbewegung aus Tigray in den benachbarten Sudan an. In den vergangenen Tagen hätten 7000 weitere Menschen auf der Flucht vor den Kämpfen die Grenze überquert. Damit liege die Zahl der Geflüchteten aus Tigray deutlich über 60.000.

Der finnische Außenminister warnte, der Sudan habe Probleme mit der Versorgung der vielen Flüchtlinge. Dies könne Menschen dazu treiben, sich auf den Weg Richtung Europa zu machen. "Wir sehen den Beginn einer weiteren potenziell großen Flüchtlingskrise in der Welt."

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Flüchtlinge aus Tigray in einem provisorischen Lager im SudanBild: Omer Erdem/AA/picture alliance

Der Konflikt um Tigray hatte Anfang November begonnen, als der äthiopische Regierungschef Abiy einen Militäreinsatz gegen die dort regierende TPLF startete. Vorausgegangen waren Vorwürfe, die TPLF habe Stellungen der Armee angegriffen. Aus Sicht der Regierung in Addis Abeba handelt es sich bei der Militäroffensive um einen Einsatz gegen eine Gruppe, die sich der Zentralregierung widersetzt. Die Volksbefreiungsfront TPLF dominierte 28 Jahre lang die Politik Äthiopiens, fühlt sich seit der Amtsübernahme von Abiy aber zunehmend an den Rand gedrängt.

Tigray mit geschätzten sechs Millionen Einwohnern ist seit der Regierungsoffensive praktisch vom Rest der Welt abgeschnitten. Insgesamt leben in Äthiopien rund 109 Millionen Menschen.

qu/ehl (afp, ape)