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EU-Kommission macht Druck auf Deutschland

20. März 2010

In der griechischen Finanzmisere hat die EU-Kommission die Mitgliedsländer erstmals ausdrücklich zu bilateralen Finanzhilfen aufgefordert. Damit droht ein massiver Konflikt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

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EU-Kommissionspräsident Barroso und Bundeskanzlerin Merkel (Fotomontage: DW)
Streit programmiert: Kommissionspräsident Barroso und Kanzlerin MerkelBild: DW/AP

Die Entscheidung über Finanzhilfen für die Griechen soll nach dem Willen des Kommissionspräsidenten in der kommenden Woche beim EU-Gipfel fallen. "Wir können so nicht weitermachen", erklärte Jose Manuel Barroso am Freitagabend (19.03.2010) in Brüssel. Abhilfe könnten seiner Ansicht nach bilaterale Kredite der Euro-Staaten schaffen - geregelt in einem neuartigen Hilfssystem.

"Instrument" soll nicht nur Griechen helfen

Finanzminister der Euroländer bei ihrem Treffen in Brüssel (Foto: AP)
Waren im Grundsatz einig: Die Finanzminister der EuroländerBild: AP

"Unser Ziel ist ein in der Eurozone entworfenes Instrument, mit Bedingungen und einer Führung, die von der Eurozone und ihren Institutionen geschaffen sind" - so umriss der Kommissionspräsident seine Idee. Konkretere Angaben, wie er sich das neue Hilfssystem vorstellt, machte Barroso nicht. Klar ist für ihn nur, dass ein solches "Instrument" nicht im Widerspruch zu den EU-Verträgen steht - und auch nicht zu der Klausel, die die Übernahme von Schulden anderer Staaten verbietet.

Der neue Mechanismus müsse so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden, verlangte er weiter - ergänzte aber: "Die Schaffung des Instruments heißt nicht, dass es sofort eingesetzt werden muss." Selbst wenn die Krise in Griechenland der Anlass für die Pläne des Kommissionpräsidenten ist: Dem Vernehmen nach könnte das neue Hilfssystem im Ernstfall auch für andere klamme Staaten eingesetzt werden.

Streit in der EU programmiert

Mit ihrem Vorstoß geht die EU-Kommission auf Konfrontationskurs zur deutschen Bundesregierung: Kanzlerin Merkel lehnt finanzielle Hilfen europäischer Staaten für Griechenland weiterhin ab und bringt stattdessen den Internationalen Währungsfonds als möglichen Retter in der Not ins Spiel. Grund zur Eile gebe es ohnehin nicht: "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Konsolidierungsbemühungen Griechenlands erfolgreich sind", sagte ein Regierungssprecher am Freitagabend in Berlin. Die Kanzlerin will eine Entscheidung beim Gipfel Ende nächster Woche verhindern - auch wegen der großen Bedenken in Deutschland gegen Finanzhilfen für Griechenland. Anstatt den Griechen Geld zu geben, will sie die Regeln des Euro-Stabilitätspaktes verschärfen - bis hin zu einem möglichen Rauswurf von Ländern aus der Eurozone.

Ohnehin ist aber fraglich, wie die anderen europäischen Staaten zum Vorstoß der EU-Kommission stehen. Zwar hatten sich die Euro-Finanzminister Anfang der Woche im Grundsatz auf bilaterale Kredite für Griechenland verständigt, falls dies nötig sein sollte. Nach dem Treffen gab es allerdings unterschiedliche Interpretationen der Vereinbarung. Bisher ist daher völlig offen, ob die "Chefs" der Euroländer dem Barroso-Plan zustimmen.

Papandreou: "Sind im Kriegszustand!"

Griechenlands Ministerpräsident Papandreou auf einem Gewerkschaftskongress (Foto: AP)
Warnt vor Staatsbankrott: Giorgos PapandreouBild: AP

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou warnte derweil mit dramatischen Worten vor der nahenden Zahlungsunfähigkeit seines Landes. "Wir sind im Kriegszustand - sowohl zu Hause, als auch außerhalb Griechenlands", sagte er auf einem Gewerkschaftskongress. Es sei eine Schlacht gegen Spekulanten und für Transparenz im eigenen Land im Gange.

Gegen den massiven Widerstand der Gewerkschaften muss die Regierung in Athen eine Rosskur mit Lohnsenkungen für Staatsdiener und Steuererhöhungen durchsetzen, um den nach jahrelanger Nachlässigkeit gewachsenen Schuldenberg abzubauen. Schon in diesem Jahr soll das Staatsdefizit auf 8,7 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken - zuletzt lag es bei 12,7 Prozent. Dreiviertel der Griechen glauben, dass ihr Land dazu die Hilfe der Europäischen Union braucht.

Autor: Frank Wörner (rtr, dpa, apn)
Redaktion: Siegfried Scheithauer