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EU-chinesischer Handel

Gui Hao24. April 2008

Europa wirft China Preisdumping, Produktpiraterie und mangelnde Produktsicherheit vor. Die EU-Kommission diskutiert diese Probleme jetzt in Peking. Aber auch Menschenrechte und Tibet sollen "offen" angesprochen werden.

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Chinesische Arbeiter in einer Schuhfabrik in Chengdu (Quelle. AP)
Lederschuhe aus China werden durch Subventionen künstlich verbilligt, klagt die EUBild: AP

Kompliziert und komplex sind die europäisch-chinesischen Beziehungen. Für neun EU-Kommissare und deren Präsident José Manuel Barroso beginnen die Arbeitstage derzeit an einem außergewöhnlichen Ort, nämlich in der chinesischen Hauptstadt Peking. Dort werden sie mit Präsident Hu Jintao sowie Ministerpräsident Wen Jiabao zusammentreffen. Auf der Tagesordnung stehen am Donnerstag und Freitag (24./25.04.2008) Klimaschutz und Handelsbeziehungen. Vor seiner Abreise hatte Barroso angekündigt, er werde die Menschenrechte und die Tibet-Politik offen ansprechen. Bei diesen Themen ist die chinesische Seite bekanntermaßen extrem empfindlich, dennoch wollen beide ihre Beziehungen und den Handelsaustausch ausbauen – eine schwierige Gratwanderung.

Zündstoff Tibet

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso (Quelle: AP)
José Manuel Barroso will in Peking Tibet und die Menschenrechte ansprechenBild: AP

Aufhebung des Waffenembargos, uneingeschränkte Anerkennung als Marktwirtschaft: Dies sind zwei seit langem bestehende Forderungen der chinesischen Seite an die EU, aber die wollen die EU-Funktionäre diesmal gar nicht ansprechen. Stattdessen verleihen die jüngsten Ereignisse in Tibet dem Themenkomplex Menschenrechte neue Dringlichkeit.

Dennoch lassen sich die Themen nicht sauber trennen, wie beispielsweise die jüngsten Proteste und Blockaden gegen die französische Supermarktkette Carrefour, die angeblich den Dalai Lama unterstützt, in chinesischen Großstädten gezeigt haben. "Es ist im Moment schwer zu sagen, ob die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Seiten substanziell gelitten haben", sagt Duncan Freeman von der Freien Universität Brüssel. "Der Handel entwickelt sich im Moment sehr gut, genau so wie die Investitionen, trotz anhaltender Proteste. Beide Seiten sind der Ansicht, dass die guten Handelsbeziehungen fortgesetzt werden müssen." Freeman hält es aber für möglich, dass die Tibet-Frage den Umfang der Zusammenarbeit langfristig beeinträchtigen könnte. "Die Tibet-Frage hat jedenfalls das Potenzial, Vertrauen und Kommunikation zwischen beiden Seiten zu zerstören."

Europäische Beschwerden

Aber auch abgesehen von Tibet und Menschenrechten gibt es genügend Beschwerden der EU an die Adresse Chinas. Die EU wirft China vor, zahlreiche Exportprodukte mit staatlichen Subventionen künstlich zu verbilligen. In mehr als 40 Fällen hat Europa Anti-Dumping-Maßnahmen gegen chinesische Produkte in Kraft gesetzt, zum Beispiel bei Lederschuhen und Energiesparlampen. Den riesigen Exportüberschuss beflügelt die unterbewertete chinesische Währung zusätzlich. Hinzu kommt das massive Problem mit der Produktpiraterie. Und die mangelnde Produktsicherheit "Made in China" macht den Verbraucherschützern viel zu schaffen, sagt die EU-Kommissarin Meglena Kuneva: "Die Zahl gefährlicher Produkte, die vom Markt genommen wurden, stieg um 53 Prozent, die meisten davon waren Spielsachen. Und die größte Quelle gefährlicher Produkte war einmal mehr China."

Um genau all diese Probleme zu lösen, setzt sich die chinesische Regierung für eine hochrangige bilaterale Arbeitsgruppe ein, deren Details in den kommenden Tagen vorgestellt werden sollen. Dennoch sei es jetzt nicht klar, wozu dieses Gremium befugt sein wird, sagt Freeman: "Diese hochrangige Arbeitsgruppe soll China einbinden, um Problemthemen in den Handelsbeziehungen zwischen China und der EU anzugehen und gemeinsam Lösung zu finden. Im Moment ist noch nicht vorhersehbar, wie diese Arbeitsgruppe konkret aussehen wird. Soll sie nur ein Forum sein, bei dem die Probleme auf hoher Ebene besprochen und gegenseitiges Verständnis erzeugt wird, oder soll das Ganze zu konkrete Maßnahmen führen und konkrete Probleme lösen?"

Wandel durch Handel?

Ein Radfahrer vor Werbung der chinesischen Kommunistischen Partei (Quelle: AP)
China hat sich dem Kapitalismus längst geöffnet. Trotzdem regiert die Kommunistische Partei das LandBild: AP

Der Handels- und Wirtschaftsaustausch mit China soll also möglichst fair, sicher und reibungslos ablaufen, gleichzeitig sollen Menschenrechte und politische Reformen in den Beziehungen zwischen EU und China nicht ausgeblendet werden. Wie ist der Zusammenhang zwischen Handel und Demokratisierung zu sehen, gibt es einen "Wandel durch Handel"? "Grundsätzlich muss man natürlich feststellen, dass der Handel mit China dort nicht die Demokratie etabliert hat", sagt Duncan Freeman. "Aber andererseits hat Chinas Öffnung zur Außenwelt durch den Handel gewaltige positive Änderungen nach sich gezogen. Das sind nicht unbedingt politische Veränderungen im engeren Sinne, aber das Leben der Chinesen hat sich in vielen Aspekten positiv verändert."

Immerhin: Auch über das höchst heikle Thema Menschenrechte lässt sich die Pekinger Führung auf einen Dialog mit der EU ein. Das ist besser als nichts, auch wenn die Ansichten beider Seiten noch weit von einander entfernt sind.

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