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Freihandel zwischen EU und Vietnam

30. Juni 2019

Nach dem Abkommen mit der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur hat die EU auch einen Freihandelsvertrag mit Vietnam geschlossen. Beide Seiten vereinbarten unter anderem die Abschaffung nahezu aller Zölle.

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Vietnam Hanoi Unterzeichnung Handelsabkommen mit der EU | Cecilia Malmstrom und Tran Tuan Anh
Die EU-Handelskommissarin Malmström und Vietnams Handelsminister Tran Tuan Anh (rechts) bei der Unterschrift in Hanoi Bild: picture-alliance/AP Photo

Nach mehr als dreijährigen Verhandlungen gelang endlich der Durchbruch: Vietnam und die Europäische Union haben ihr Freihandelsabkommen unter Dach und Fach gebracht. Im Beisein von Vietnams Ministerpräsident Nguyen Xuan Phuc setzten EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, Stefan-Radu Oprea als Vorsitzender des EU-Handelsministerrates sowie dessen vietnamesischer Kollege Tran Tuan Anh in Hanoi ihre Unterschriften unter den Vertrag. Malmström sprach von einem "Meilenstein" und betonte: "Dies ist das ambitionierteste Freihandelsabkommen, das die EU je mit einem Entwicklungsland geschlossen hat."

Der Vertrag, der ein Investitionsschutzabkommen enthält, sieht den Abbau von 99 Prozent der Zölle innerhalb der kommenden Jahre vor. Allerdings werden einige erst über einen zehnjährigen Zeitraum fallen. Zudem wird es Quoten für die Einfuhr eine Reihe landwirtschaftlicher Produkte geben. Einigungen gibt es auch zum Umgang mit geistigem Eigentum sowie die Zusage, wesentliche Standards der Internationalen Arbeitsorganisation einzuhalten, etwa das Verbot von Kinderarbeit. Enthalten ist auch eine Zusage zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens. Das EU-Parlament und das Parlament in Hanoi müssen noch zustimmen.

Wachstumsschub erhofft

Vietnam erhofft sich von dem Abkommen einen wirtschaftlichen Auftrieb - die EU schätzt das langfristige Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 15 Prozent. Vietnam zählt zwar zu den ärmsten Ländern der Welt, ist aber auch eine rasant wachsende Volkswirtschaft. 2018 stieg das BIP um 7,08 Prozent. Nach Singapur ist das Land für die EU der zweitgrößte Handelspartner in Südostasien.

Im vergangenen Jahr exportierte Vietnam Waren und Dienstleistungen im Wert von über 35 Milliarden Euro in die EU, darunter vor allem Kleidung, Mobiltelefone und Ersatzteile. Umgekehrt betrug der Wert der Importe aus der EU über zehn Milliarden Euro. Deutschland allein importierte für etwa zehn Milliarden Euro und exportierte für gut vier Milliarden Euro nach Vietnam.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sprach von einer großen Chance für europäische und deutsche Unternehmen und sagte: "Die Unterzeichnung des Abkommens zwischen der EU und Vietnam ist nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen zu Mercosur ein weiteres starkes Zeichen für einen regelbasierten Handel und gegen wachsenden Protektionismus." Es sichere den Zugang deutscher Produkte zu dem wichtiger werdenden Markt sowie dortige Investitionen deutscher Unternehmer, teilte sein Ministerium mit. "Entscheidend ist auch, dass sich die EU und Vietnam auf sehr ehrgeizige Regeln und hohe Standards geeinigt haben, gerade bei der Nachhaltigkeit."

Altmaier stellt Industriestrategie vor
Zeichen gegen Protektionismus: Bundeswirtschaftsminister Peter AltmaierBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Auch deutsche Wirtschaft will profitieren

Für die deutsche Wirtschaft sei die Übereinkunft ein "bedeutender Impuls", betonte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. Beim deutsch-vietnamesischen Handelsvolumen - derzeit bei knapp 13 Milliarden Euro - sei ein "deutlicher Anstieg" auf rund 20 Milliarden Euro in den nächsten zu erwarten, hieß es in einer DIHK-Mitteilung.

Kritik zum Abkommen kam dagegen von Menschenrechtsaktivisten aus Vietnam. In einem offenen Brief an EU-Ratschef Donald Tusk und Handelsausschussvorsitzenden Bernd Lange appellierten Aktivisten an die EU, vor einem Abschluss größere politische Reformen von Vietnam zu verlangen. Als eines der wenigen Länder hat Vietnam eine Einparteienregierung. Die Menschenrechtsgruppe "88 Project" mit Sitz in den USA listet zudem 264 politische Häftlinge auf, während Vietnams Regierung bestreitet, politische Gefangene zu haben.

Erst am Freitag hatten sich die Europäische Union und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur auf ein umfassendes Abkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Die politischen Verhandlungen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay liefen mit Unterbrechungen bereit seit dem Jahr 2000. Über das Abkommen sollen Zölle und andere Handelshemmnissen abgebaut werden, um den Warenaustausch zu stärken und Unternehmen Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe zu bringen. Der Staatenbund Mercosur ist mit einer Bevölkerung von mehr als 260 Millionen Menschen einer der großen Wirtschaftsräume der Welt. Die EU kommt sogar auf mehr als 512 Millionen Einwohner.

kle/as (dpa, rtr, ape)