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Politik

EU legt sich zum Iran nicht fest

17. Juni 2019

Die EU-Außenminister wollen noch nicht beurteilen, ob der Iran für Angriffe auf Öltanker verantwortlich ist. Die USA kritisieren das und der Iran droht mit den Ende des Atomabkommens. Aus Luxemburg Bernd Riegert.

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EU Außenministertreffen in Luxemburg Maas und Zahrieva
Heiko Maas in Luxemburg: Mit Sorgfalt auswertenBild: Imago Images/photothek/F. Gärtner

Die Nachricht aus Teheran, dass der Iran in zehn Tagen das Atomabkommen verletzten wird, erreichte die Außenminister der EU bei ihrer Tagung in Luxemburg etwas unerwartet. Der Sprecher der iranischen Atombehörde kündigte an, dass die Anreicherung von Uran so weit voran geschritten sei, dass das internationale Abkommen zur Begrenzung der iranischen Atomrüstung nicht mehr eingehalten werden könnte. Die Außenminister der EU wollen das Abkommen, dass die USA einseitig verlassen hatten, zusammen mit Russland und China eigentlich doch noch irgendwie retten. Doch die Spannungen in der Region nehmen nach den Angriffen auf zwei Öltanker in der Straße von Hormuz zu und die EU hat keine rechten Mittel, um auf iranische Forderungen nach mehr wirtschaftlicher Unterstützung einzugehen.

Kamalwandi, Iran Atom Behörde Sprecher
Behrus Kamalwandi: Uran-Anreicherung erreicht die SchallgrenzeBild: Irna

Der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte nach der Sitzung in Luxemburg, bisher sei man davon ausgegangen, dass sich der Iran an seine Verpflichtungen aus dem Atomabkommen halten werde. "Eine einseitige Reduzierung der Verpflichtungen werden wir sicherlich nicht akzeptieren", sagte Maas. "Ich habe den Eindruck, dass im Moment viel gedroht wird, auf beiden Seiten. Das halte ich nicht für besonders konstruktiv." Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini will sich nicht auf die Ankündigung eines Behördensprechers in Teheran verlassen. "Wir verlassen uns nicht auf Ankündigungen, sondern auf Fakten und die Prüfberichte der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEO)." Sie hoffe und erwarte, dass sich der Iran an den Atom-Deal halte, trotz des Drucks aus den USA. "Der Kollaps des Abkommens kann noch kommen", sagte Mogherini. Genau das wolle man verhindern.

Iran wartet auf wirtschaftliche Erleichterung

Der Iran hatte den Europäern eine Frist bis zum 9. Juli gesetzt. Bis dahin sollten die europäischen Vertragsparteien Großbritannien, Deutschland, und Frankreich zusammen mit der EU klären, wie die wirtschaftlichen Auswirkungen der jüngsten US-Sanktionen gegen den Iran abgefangen werden könnten. Bislang arbeitet die EU immer noch daran, ein "Zahlungsvehikel" arbeitsfähig zu machen. Diese Firma soll es iranischen und europäischen Firmen erlauben, Geschäfte zu machen, ohne dass diese von amerikanischen Sanktionen bedroht werden. Die Angst vieler großer Unternehmen in Europa, die auch Geschäfte in den USA machen wollen, wiegt aber schwerer, als die Möglichkeit mit dem Iran Waren auszutauschen. Es sieht so aus, als würde die US-Regierung ihr Ziel erreichen, den Iran wirtschaftlich in die Knie zu zwingen.

EU Außenministertreffen in Luxemburg Christodoulides und Mogherini
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini (li.): Das Abkommen retten (hier mit dem zyprischen Außenminister Nikos Christodoulides)Bild: Getty Images/AFP/C. Avraamides

Keine Festlegung zu Tanker-Attacken

Wer für die Angriffe auf einen norwegischen und einen japanischen Öltanker vor der Küste Irans in der vergangenen Woche verantwortlich ist, kann aus Sicht der allermeisten EU-Außenminister noch nicht eindeutig beantwortetet werden. "Wir brauchen mehr Informationen. Man muss da sehr vorsichtig mit Schlussfolgerungen sein", hieß es vom deutschen Außenminister Heiko Maas. Andere Minister, wie die aus Luxemburg, aus Österreich oder den Niederlanden schlossen sich dieser Haltung an. Nur die britische Regierung stellte sich öffentlich auf die Seite der USA. Es gäbe keine andere "plausible" Erklärung, als iranische Milizen für die Taten verantwortlich zu machen, meinte die britische Staatssekretärin Harriett Baldwin in Luxemburg erneut. Der Außenminister von Luxemburg, Jean Asselborn, erinnerte daran, was vor 13 Jahren vor dem Krieg gegen den Irak geschehen war. Damals hatten US-Geheimdienste und das amerikanische Außenministerium dem Weltsicherheitsrat bewusst oder unbewusst gefälschte Beweise für angebliche Massenvernichtungswaffen des Irak vorgelegt.

Asselborn ließ wenig Zweifel daran, dass er der derzeitigen Administration in Washington und John Bolton, dem Sicherheitsberater im Weißen Haus, nicht unbedingt traut. "Die Aufgabe von Außenministern ist vor allem, einen Krieg zu verhindern", mahnte Asselborn. "Das müssen wir heute tun." Die Rolle der EU müsse sein, dafür zu sorgen, dass miteinander gesprochen wird, sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas. Es reiche nicht zu sagen, man wolle keinen Krieg, man müsse auch aktiv zur Deeskalation beitragen. "Eine militärische Konfrontation am Golf würde bedeuten, dass die ganze Region in Flammen steht. Daran kann niemand ein Interesse haben." Die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, wird am Dienstag nach Washington fliegen, um über die Iran-Krise zu beraten.

Golf von Oman Öltanker Front Altair
Brennender Tanker Altair am 13. Juni: Wer steckt hinter dem AnschlagBild: picture-alliance/AP Photo/ISNA

Pompeo kritisiert Maas

Heiko Maas, der deutsche Außenminister, sagte, er sammele noch Erkenntnisse und in diesem Fall sei "höchste Sorgfalt" geboten. Der amerikanische Außenminister Mike Pompeo hatte in einem CBS-Interview am Sonntag bereits die Haltung des deutschen und anderer europäischer Minister scharf kritisiert. Maas seien wesentlich mehr Erkenntnisse vorgelegt worden als nur das veröffentlichte Video von mutmaßlichen Angreifern in Schnellbooten, sagte Pompeo. "Es gibt einige Länder, die glauben, dass geht irgendwie von alleine wieder vorbei." Trotzdem wollte sich Maas nicht festlegen, ob denn der Iran hinter der Eskalation steckt oder nicht. "Ich habe viele Informationen, die wir jetzt auswerten und auch mit anderen teilen."

EU-Diplomaten bestritten zudem, dass die USA wirkliche Beweise präsentiert hätten. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte eine unabhängige internationale Untersuchung der Vorfälle am Persischen Golf gefordert. Zumindest der luxemburgische Außenminister Asselborn, oft ein harscher Kritiker der USA, schloss sich dem Vorschlag von Guterres an.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union