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EU stellt Hilfsplan für Libyen auf

8. März 2011

Die EU-Kommission hat den Ländern Nordafrikas mehr Hilfe angeboten. Der Hilfsplan ist eine erste Antwort auf die Frage, wie die EU mit den Umbrüchen in der arabischen Welt umgehen soll - doch das reicht noch lange nicht.

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Flüchtlinge auf einem Boot vor Lampedusa (Foto: AP)
Sie brauchen Hilfe: Flüchtlinge vor ItalienBild: AP

Massive Hilfe hat die Europäische Union den nordafrikanischen Ländern versprochen. "Unser Platz ist an der Seite jener, die politische Freiheit und Menschenwürde verlangen", sagte der EU-Kommissionspräsident Jose Barroso am Dienstag (08.03.2011). Vor dem EU-Parlament in Straßburg stellte Barroso die neue "Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand" mit den afrikanischen Mittelmeerländern vor.

Bangladeschische Flüchtlinge im Flüchtlingslager in Tunesien (Foto: AP)
Anstehen für Essen - und es werden immer mehrBild: AP

Auf dem EU-Sondergipfel an diesem Freitag soll das Konzept offiziell beschlossen werden. Die EU will bis 2013 vier Milliarden Euro für spezielle Förderprogramme in diesen Ländern ausgeben. Im Fokus stehen dabei der demokratische Wandel, die Stärkung der Zivilgesellschaft und mehr Arbeitsplätze für junge Leute.

Es sei die Entscheidung des libyschen Volkes, wie es regiert werden möchte. Die EU wolle keine Lösungen "aufzwingen", sondern dabei lediglich behilflich sein, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton.

Versagt Europa?

Der ehemalige Bundesaussenminister Joschka Fischer spricht (Foto: AP)
Harte Kritik an der EU: Joschka FischerBild: AP

Solche Konzepte und die langsamen Reaktionen aus Brüssel auf die Umbrüche in der arabischen Welt stoßen bei vielen Experten und Hilfsorganisationen auf Kritik. Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) warf Europa nun Versagen "in der Stunde größter Herausforderung" vor. "Es ist atemberaubend, wie wir uns nicht um die strategischen Herausforderungen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft kümmern", sagte Fischer der "Stuttgarter Zeitung".

Er forderte den Westen auf, den libyschen Machthaber Gaddafi zu stürzen. Er dürfe nicht an der Macht bleiben, denn dies würde die libysche Jugend radikalisieren. Ob der Westen dafür auch militärisch eingreifen sollte, ließ Fischer jedoch unbeantwortet. Stattdessen plädierte er für mehr Wirtschafts- und Finanzhilfen, eine Öffnung der Märkte der EU und USA, Reisefreiheit, Hilfe beim Aufbau demokratischer Institutionen und eine verstärkte Zusammenarbeit der Universitäten. "Wenn die Demokratie nicht in den Kochtöpfen ankommt, wird sie scheitern", sagte Fischer.

Keine entsprechende Flüchtlingspolitik

Hilfslieferungen aus Italien werden von einem Schiff geladen (Foto: AP)
Hilfslieferungen aus ItalienBild: AP

Auch viele Hilfsorganisationen kritisieren die EU-Hilfen als ungenügend. Da sich die Situation der Flüchtlinge in den Lagern in Tunesien, an der ägyptisch-libyschen Grenze und auf der italienischen Insel Lampedusa zusehends verschlechtern, hat die evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die EU nochmals aufgefordert, schneller Flüchtlinge aufzunehmen. Offiziellen Angaben zufolge sind nun bis zu 200.000 Menschen auf der Flucht vor den Kämpfen in Libyen.

Die EU betreibe eine inhumane Blockadepolitik, warf ihr der EKD-Ratsvorsitzende, Nikolaus Schneider am Dienstag vor. "Alle Länder der Europäischen Union stehen gemeinsam in der Pflicht, die Aufnahme von Schutzsuchenden zu gewährleisten", sagte Schneider. Man könne dieses Problem nicht nur auf die Länder an den EU-Außengrenzen abwälzen. Man brauche nun ein neues solidarisches Denken.

Die Trinkwasservorräte neigen sich dem Ende und auch sanitäre Einrichtungen seien nur ungenügend vorhanden, kritisierten die kirchlichen Hilfswerke Diakonie Katastrophenhilfe und Caritas International am Dienstag. Gemeinsam mit dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst appelierten sie an die EU und verlangten eine konzertierte Antwort auf die Krise. Auch die etwa 11.000 Flüchtlinge in Libyen, so genannte Binnenflüchtlinge, dürften nicht vergessen werden, mahnte der Jesuiten-Flüchtlingsdienst an.

Militärische Intervention?

Gaddafi-Gegner gestalten Plakate (Foto: AP)
Die Gaddafi-Gegner machen weiterhin mobilBild: AP

Neben dem Hilfsplan hat die EU auch ihre Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime verschärft. Die Vertreter der 27 EU-Regierungen einigten sich am Dienstag in Brüssel darauf, das Vermögen einer Reihe von libyschen Finanzunternehmen einzufrieren. Dazu gehöre auch die Libysche Investment Behörde (LIA), die in mehreren EU-Staaten und in den USA an Firmen beteiligt ist, sagten EU-Diplomaten. Mit diesem Schritt werden die bisherigen EU-Sanktionen erweitert.

Einige EU-Mitliedsstaaten gehen bereits einen Schritt weiter: Großbritannien und Frankreich fordern vehement eine Flugverbotszone. Diese wollen sie mit einer Resolution im Weltsicherheitsrat durchsetzen. Noch in dieser Woche soll ein entsprechender Entwurf in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingebracht werden. Das berichtete die französische Zeitung "Le Figaro" am Dienstag. Man wolle nicht einfach dabei zusehen, wie die Bevölkerung massakriert werde, sagte ein UN-Diplomat der Zeitung.

Allerdings betrachten viele Staaten eine solche Flugverbotszone kritisch - allen voran die USA, aber auch die UN-Sicherheitsratsmitglieder China und Russland.

CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder forderte am Dienstag eine deutsche Beteiligung an einer Flugverbotszone. Deutschland müsse im Sicherheitsrat einer solchen Zone zustimmen. Der außenpolitische Sprecher der Union ließ offen, in welcher Form sich die Bundeswehr beteiligen könnte.

Autor: Nicole Scherschun (afp, dpa, kna, dapd)
Redaktion: Sabine Faber