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EU erschwert Steuerhinterziehung

Sabrina Pabst3. September 2013

Die EU-Finanzminister kämpfen gegen Steuerflucht. Helfen soll der automatische EU-weite Datenaustausch. Doch das tatsächliche Aufspüren dauert länger als erwartet. Über eine neue EU-Richtlinie mit überholten Methoden.

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Die Haufen gestapelter Symbolbild: Euro-Münzen mit der Aufschrift "Zinsen" werden immer kleiner (Foto: picture-alliance/Ernst Weingar)
Bild: picture-alliance/Ernst Weingar

Ob Österreich oder Luxemburg: In der Europäischen Union gibt es Länder, in denen Sparbeträge nicht versteuert werden müssen - Gelder, die dem Fiskus entgehen. Diese Steuerschlupflöcher sind den EU-Finanzministern ein Dorn im Auge. Seit acht Jahren gilt eine gemeinsame EU-Zinsrichtlinie, die diese Lücke schließen soll. Hierfür werden Konten aller Unions-Bürger im EU-Raum abgefragt. Ihre Daten werden mit Hilfe einer Software automatisch an die EU-Länder übermittelt. So weit, so gut.

Es gibt allerdings Probleme. "Die Dinge kommen tröpfchenweise in Papierform an", sagt Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Eine Mitteilungsform, die im internationalen Datenaustausch eigentlich völlig veraltet ist. Und das hat Folgen: Es sei für die Finanzbehörde sehr schwierig, Papiere, die aus dem EU-Ausland kommen, auszuwerten und dem richtigen Steuerzahler zuzuordnen. Ein einheitliches Format der aufgelisteten Kapitaleinträge europäischer Steuerzahler fehlt bis heute. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir sehr unterschiedliche Steuerverwaltungen in Europa haben. Und jedes Land hat seine eigene Software", so Eigenthaler, der selbst ein Finanzamt leitete. Darum solle die Übermittlung künftig elektronisch erfolgen, fordert Eigenthaler.

Der Wettlauf gegen die Zeit

Das zum Bundesfinanzministerium gehörende Bundeszentralamt für Steuern bündelt die gewonnen Informationen und verteilt sie bundesweit. "Das ist eine mühevolle Aufgabe, und oft gibt es kaum steuerliche Auswirkungen, weil es sich um Minibeträge handelt", sagt Eigenthaler. So betrifft dieses Verfahren nur 0,5 Prozent der Steuerzahler pro Finanzamt.

Blaues Grenzschild mit der Aufschrift "Luxemburg" eingefasst von Sternen (Foto: imago/Becker&Bredel)
Luxemburg machte eine Zustimmung zu neuen Steuerabkommen mit Drittstaaten, etwa der Schweiz und Liechtenstein, abhängigBild: imago/Becker&Bredel

Mit einer automatisierten und elektronischen Übermittlung würden die Finanzbeamten vor allem eines gewinnen: Zeit. Derzeit werden die Berichte aus den Jahren 2010 und 2011 ausgewertet. Durch den verspäteten Eingang der ausländischen Daten muss jeder Steuerbescheid des betreffenden Bürgers neu kontrolliert werden und das, obwohl das Steuerverfahren schon längst abgeschlossen ist. "Wir versuchen möglichst schnell in diesem Verfahren die vergangenen Jahre aufzuholen", sagt die hessische Finanzstaatssekretärin Luise Hölscher.

"Wir schrammen mit diesen zusätzlichen Informationen immer an der Verjährungsgrenze vorbei. Das liegt daran, dass 2005 ein neues Verfahren etabliert werden musste und es bisher noch keine Handhabung gibt", so Hölscher. Am Anfang waren es wenige Meldungen. Doch durch die umfängliche Berichterstattung wuchs die Datenmenge erheblich an. Bis sie abgearbeitet sind, dauert es.

"Viel Kleinvieh und sehr wenig Mist"

Hölscher sieht Mehraufwand und tatsächlichen Nutzen des aufwendigen Datenaustausches skeptisch. Die Informationen, die die Finanzämter der Länder von den Einkünften in diesen Ländern erhielten, nützten kaum. Die Finanzämter erführen so zwar von bereits versteuerten Zinseinkünften. Doch diese deckten sich mit den Auskünften aus der bereits eingegangenen Steuererklärung. Dies bedeute einen großen und langwierigen Arbeitsaufwand, der aber kein großes Steuermehraufkommen mit sich bringe, so Hölscher. Für das Bundesland Hessen rechne sich das Verfahren aus wirtschaftlicher Sicht kaum: Eine Million Euro habe das Bundesland Hessen in den ersten vier Jahren - von 2005 bis 2008 - als Mehrergebnis zusammengerechnet. Dafür mussten aber Tausende von Kontrollmitteilungen ausgewertet werden.

Thomas Eigenthaler geht die EU-Zinsrichtlinie bisher nicht weit genug. Die EU-Zinsrichtlinie solle mehr Finanzprodukte abdecken als normale Sparbücher. Die Finanzwelt verändert sich. Es gelingt mühelos, neue Finanzprodukte zu kreieren. Aufgabe der Finanzbehörden müsse es sein, diese zu erfassen.

Luise Hölscher ist die hessische Finanzstaatssekretärin. (Foto: imago/Hoffmann)
Hölscher: "Niemand weiß, wie viel Geld in Österreich und Luxemburg liegt und wie viel regulär versteuert wird"Bild: imago

An dem automatischen Austausch in der bisherigen Form nehmen 26 EU-Staaten teil, Luxemburg und Österreich nicht. Dabei sind sie die größten Anlageländer in der EU. Hier vermuten die EU-Finanzminister die meisten unversteuerten Vermögen. Doch wie viel Kapital in Luxemburg und Österreich liegt, weiß bisher niemand. Ginge es nach den Vorstellung der zuständigen Finanzminister, sollten auch die Schweiz und Liechtenstein diesem Abkommen beitreten. Ließen sie sich darauf ein, bedeutete dies aus Sicht der Finanzbehörden noch mehr Mitteilungen und noch weniger Zeit.