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EU und IWF schnüren Milliarden-Hilfspaket

5. Mai 2011

78 Milliarden Euro - diesen Betrag soll das hoch verschuldete Portugal als Hilfspaket bekommen. Darauf haben sich die EU und der Internationale Währungsfonds verständigt. Die EU-Finanzminister müssen noch zustimmen.

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Symbolbild Euros für Portugal
Finanzhilfe für Portugal stehtBild: picture-alliance/dpa

Das 78 Milliarden Euro schwere Programm sei unter Dach und Fach, teilten Vertreter der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Donnerstag (05.05.2011) in Lissabon mit. Man sei davon überzeugt, dass das Programm die Grundlagen für eine Stärkung der portugiesischen Wirtschaft legen werde, hieß es. Allerdings müssen die EU-Finanzminister Mitte Mai noch zustimmen. Nach Griechenland und Irland kommt damit Portugal als drittes Euro-Land an den Finanztropf von EU und IWF.

Regierung und Opposition stimmten zu

Das Land ist auf die Unterstützung dringend angewiesen. Denn schon Mitte Juni wird die nächste große Staatsanleihe des Landes in Höhe von sieben Milliarden Euro fällig. Und so wurde das Hilfspaket am Donnerstag auch rasch von der geschäftsführenden sozialistischen Minderheitsregierung von Ministerpräsident José Sócrates sowie von den beiden größten Oppositionsparteien abgesegnet. Sócrates war Ende März zurückgetreten, nachdem seine von der Sozialistischen Partei (PS) gestellte Regierung im Parlament keine Mehrheit für das neueste Sparpaket gefunden hatte. Anfang April stellte dann die Übergangsregierung den Hilfsantrag an Brüssel.

Portugals Regierungschef Sócrates (Foto: AP)
Portugals geschäftsführender Regierungschef SócratesBild: dapd

Der Schlüssel für eine Sanierung der portugiesischen Wirtschaft sei eine striktere Kontrolle der öffentlichen Unternehmen und der sogenannten Öffentlich-Privaten Partnerschaften, sagte IWF-Delegationschef Poul Thomsen. Das Privatisierungsprogramm müsse beschleunigt, die Wettbewerbsfähigkeit des besonders strukturschwachen ärmsten Landes Westeuropas verbessert werden, forderte der Däne, der von Zinsen von zunächst 3,25 Prozent für die Portugal-Hilfskredite sprach.

In einer gemeinsamen Erklärung von EU-Währungskommissar Olli Rehn und IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn wurde ausdrücklich die starke Unterstützung des Programms durch die Regierung und die größten politischen Parteien in Portugal hervorgehoben. Vor den Neuwahlen am 5. Juni sei diese besonders wichtig, betonte auch Delegationschef Thomson. Sowohl die liberale Partei der Sozialdemokraten als auch das konservative Demokratische und Soziale Zentrum (CDS) verlangten aber, das Hilfsprogramm müsse der künftigen Regierung "Spielraum" lassen.

IWF-Chef Strauss-Kahn (Foto. AP)
IWF-Chef Strauss-KahnBild: AP

Widerstand von Gewerkschaften und Linken

In Lissabon formiert sich derweil bei Gewerkschaften und der linken Opposition heftiger Widerstand gegen die strengen Auflagen, die Portugal wird erfüllen müssen. Dazu zählen umfangreiche Steuererhöhungen und das Einfrieren von Renten und Gehältern. Nach einem von Medien veröffentlichten Abkommensentwurf ist eine Kürzung des Arbeitslosengeldes auf höchstens 1048 Euro pro Monat sowie eine Reduzierung der Zahlungsdauer auf maximal 18 Monate vorgesehen. Bezieher von Arbeitslosengeld sowie jene Rentner und Pensionäre, die mehr als 1500 Euro pro Monat erhalten, sollen zudem erstmals Einkommenssteuer zahlen. Die Fahrzeug-, Tabak-, und Immobiliensteuern sollen erhöht und die Listen jener Produkte, für die günstigere Mehrwertsteuersätze gelten, überprüft werden.

Portugals Hauptstadt Lissabon
Portugals Hauptstadt LissabonBild: DW

Außerdem soll das Privatisierungsprogramms Portugals in den nächsten beiden Jahren in den Bereichen Telekommunikationen, Verkehr, Energie und Versicherungen beschleunigt werden. Die Airline TAP soll schon Ende dieses Jahres privatisiert werden. Der Arbeitsmarkt wird flexibilisiert und die meisten Renten und Gehälter werden bis 2013 eingefroren. Auch ist das Personal der öffentlichen Verwaltung bis 2014 um ein Prozent jährlich zu reduzieren.

Portugal verpflichtet sich gegenüber EU und IWF, das Haushaltsdefizit von zuletzt 9,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2013 auf höchstens drei Prozent zu drücken. Mehr ist nach den EU-Spielregeln ohnehin nicht erlaubt. Für das laufende Jahr ist eine Senkung des Defizits auf 5,9, für das nächste Jahr auf 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung vorgesehen. Zwölf Milliarden Euro sollen zur Stärkung des Bankensystems benutzt werden.

Stimmverhalten Finnlands noch unklar

Irland nimmt bereits 85 Milliarden Euro Finanzhilfe von EU und IWF in Anspruch, Griechenland hatte schon vor der Bildung des EU-Rettungsfonds von einem Extra-Paket von 110 Milliarden Euro profitiert. In beiden Ländern wurden harte Sparauflagen akzeptiert, um die Staatsfinanzen zu sanieren. Ob im Falle des neuen "Patienten" Portugal das Euro-Land Finnland nach den jüngsten Wahlen dort mitzieht, ist noch unsicher. Mit 52 Milliarden Euro soll die EU nach bewährtem Muster den Löwenanteil der Hilfe tragen. Zur erwarteten "Zitterpartie" mit Finnland sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel: "Wir sind zuversichtlich, dass Finnland Solidarität demonstrieren wird."

Autor: Marko Langer (mit dpa, afp)
Redaktion: Susanne Eickenfonder