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Zerstrittene EU

Bernd Riegert, zur Zeit in Brdo28. März 2008

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner droht mit einem Olympia-Boykott, während große Mitgliedstaaten wie Deutschland davon wenig halten. Das wurde auf dem EU-Außenministertreffen in Slowenien deutlich.

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Kämpferisch: EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner: AP
Kämpferisch: EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-WaldnerBild: picture-alliance/ dpa

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner hat China mit einem Boykott der Olympischen Spiele gedroht: "Wir sollten uns genau anschauen, wie sich Peking in den nächsten Wochen verhält und dann über Boykottmaßnahmen entscheiden", sagte sie der "Bild am Sonntag". "Die Olympischen Spiele können nach meiner festen Überzeugung nur in einem Umfeld stattfinden, das den olympischen Geist widerspiegelt. Dazu gehört die Respektierung der Menschenrechte, ebenso die uneingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit", wurde sie weiter zitiert. Ferrero-Waldner rief zu weltweiten Tibet-Demonstrationen auf.

Ihre Haltung wird nicht überall geteilt, wie auf dem EU-Außenministertreffen in Slowenien am Freitag (28.3.08) deutlich wurde. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte im slowenischen Brdo, ein Boykott würde niemandem in China oder Tibet helfen. Er sprach sich grundsätzlich gegen den Boykott von Sportveranstaltungen in undemokratischen Staaten aus. Man könne nicht die Spiele in ein Land vergeben und kurz vor der Eröffnung über Boykott reden. 1980 und 1984 waren die Olympischen Spiele in Moskau und Los Angeles aus politischen Gründen von zahlreichen Sportverbänden boykottiert worden. Damals beteiligte sich auch China am Boykott gegen die Spiele in der Sowjetunion.

Außenminister Frank-Walter in Brdo: AP
Außenminister Frank-Walter in Brdo: Er ist dagegen, Sportveranstaltungen zu boykottierenBild: AP

Deutsche Spitzenpolitiker werden trotz der Ablehnung eines Boykotts nicht bei der Eröffnungsfeier vertreten sein. Ebenso wie Bundespräsident Horst Köhler erklärten Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel am Freitag, an der Zeremonie nicht teilzunehmen. Dies sei nie geplant gewesen, hieß es.

Gordon Brown fährt nach Peking

Andere EU-Regierungschefs werden aber nach Peking reisen, allen voran der britische Premierminister Gordon Brown. London richtet schließlich die übernächsten Spiele im Jahr 2012 aus. Wie Deutschland spricht sich auch Großbritannien gegen einen politischen oder sportlichen Boykott aus.

Sein britischer Kollege David Miliband forderte die kommunistische Führung in Peking auf, mit dem Dalai Lama zu sprechen: "Die chinesische Führung hat gesagt, wenn der Dalai Lama nicht die Unabhängigkeit Tibets fordert und keine gewalttätigen Demonstranten unterstützt, würde sie mit ihm verhandeln. Genau das tut der Dalai Lama sehr deutlich", sagte er. Der geistlichen Führer der Tibeter habe auch erklärt, er sei gegen einen Boykott der Olympischen Spiele. Auf dieser Basis sollten doch Gespräche möglich sein, erklärte Miliband.

Die EU ist unentschieden

27 Flaggen und fast so viele verschiedene Meinungen , AP
Die EU-Außenminister tagen: 27 Flaggen und fast so viele verschiedene MeinungenBild: AP

Der tschechische Präsident, der lettische Präsident und der polnische Premierminister erklärten, sie würden nicht nach Peking reisen. Die drei Politiker aus ehemals kommunistischen Staaten erklären, das sei in der jetzigen Situation unpassend.

Die Europäer wollen den diplomatischen Druck auf China aufrecht erhalten, wirtschaftliche Sanktionen wird es aber nicht geben. China ist einer wichtigsten Handelspartner Europas weltweit. Die deutsche Wirtschaft hat vor unabsehbaren Folgen gewarnt.

Das Verhalten Chinas in Tibet soll genau beobachtet werden. Sollte die gewalttätigen Auseinandersetzungen weitergehen, könnte die EU unter französischer Präsidentschaft im Juli einen gemeinsamen Boykottbeschluss fassen. Der französische Außenminister Bernard Kouchner sagte, er wolle eine gemeinsame Linie der EU. Man müsse den Chinesen klar machen, dass es in ihrem eigenen Interesse sei, die Menschenrechte zu achten. "Es ist klar, dass ein Boykott niemandem nutzen würde. Im Gegenteil: Wir wollen einen Dialog, damit die Chinesen erkennen, dass wir nicht gegen China sind", sagte Kouchner."